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Dresden ade – und doch nicht ganz

Die Saxonia-Chefs sind nach Berlin und München gezogen. Das Unternehmen soll dennoch in Sachsen wachsen.

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© René Meinig

Von Bettina Klemm

Ein aufeinander eingespieltes Team: Seit Anfang der 1990er-Jahre sind Viola Klein und Andreas Mönch gemeinsam auf dem Gebiet der IT- und Prozessberatung sowie der Entwicklung von maßgeschneiderten Softwarelösungen tätig. Zunächst haben sie Wissen vermittelt und 1994 Saxonia Systeme GmbH gegründet. Sie gelten als ein Beispiel für erfolgreiches Unternehmertum in der Stadt Dresden. Nur der Hauptsitz der Saxonia Systems AG, wie das Unternehmen seit 2000 heißt, befindet sich seit Mitte 2016 in München. In diesem Sommer ist Viola Klein nach Berlin gezogen. Andreas Mönch wohnt in München.

Was bedeutet das für Dresden? „Zunächst erst einmal nichts, der Standort Dresden bleibt erhalten und wird weiter wachsen“, versichert Viola Klein. 163 der insgesamt 235 fest angestellten Mitarbeitern sind am Firmensitz Fritz-Foerster-Platz in Dresden tätig. 25 arbeiten in Görlitz,
19 in Berlin, 13 in München, die restlichen in Leipzig und Hamburg. Saxonia beschäftigt darüber hinaus rund 70 externe Spezialisten. In diesem Jahr wird das Unternehmen einen Umsatz von 29 Millionen Euro erzielen, knapp drei Millionen mehr als im Vorjahr, erwartet Vorstand Andreas Mönch. Kunden sind führende Unternehmen aus den Branchen Handel und Logistik, Energieversorgung, Versorgungswirtschaft, Medizintechnik und der Halbleiterproduktion. Als Beispiele seien die Otto-Gruppe, die Zeiss-Gruppe, Vattenfall, 50 Hertz und Toll Collect genannt. Weil Saxonia Systems kaum Kunden in der Region Dresden hat, waren die beiden Firmenchefs und andere Spitzenmanager des Unternehmens ohnehin viel auf Reisen. Die wichtigen Kunden erwarten, von den Chefs persönlich betreut zu werden.

Auch wenn die Geschäftsführerin der Saxonia Systems Holding nicht mehr in Dresden lebt, ist sie in der Regel wöchentlich dort und genießt nun die Annehmlichkeiten der Dresdner Spitzenhotels. Von ihrem Büro am Hamburger Bahnhof in Berlin wiederum ist sie deutlich schneller in anderen Großstädten. Dresden ist noch immer schlecht verkehrlich angebunden. 39 Prozent des Umsatzes erzielt Saxonia Systems in München/Ingolstadt, 32 Prozent in Hamburg/Hannover und 20 Prozent in Berlin mit stark steigender Tendenz. Die Behäbigkeit einiger Behörden, nicht nachvollziehbare, willkürliche Entscheidungen und vielleicht auch ein gefühltes Desinteresse machten die Entscheidung zum Wechsel sicherlich leichter. Auch Pegida habe die Entscheidung etwas leichter gemacht, räumt Andreas Mönch ein. Viola Klein kann herzlich über alles schimpfen. Aber in anderen Städten wird sie zur Botschafterin für Dresden und den Osten des Landes und nicht müde, über die Vorzüge der Stadt zu reden.

So wie die Unternehmerin einst Netzwerke in Dresden knüpfte, pflegt sie derzeit die Kontakte in der wesentlich agileren Hauptstadt Berlin. Selbst Dresdner Erfolgsgeschichten, wie das Schülerrechenzentrum will sie nun auch in Berlin fördern. Natürlich gelte das ebenso für die enge Zusammenarbeit mit Hochschulen und Universitäten.

Die Software-Spezialisten sind es gewohnt, strategisch zu denken. Nach Firmenkrisen 2005 und 2010 haben sie sich komplett neu aufgestellt. Transparenz gehört zur Firmenphilosophie, so sei jeder Mitarbeiter darüber informiert, an welchen Projekten die einzelnen Teams gerade arbeiten. Höchstes Lob gab es in diesem Jahr: Das IT-Unternehmen nimmt laut einer Marktforschungsstudie der Experton Group eine Spitzenposition ein. 138 Unternehmen in Deutschland wurden untersucht, und die Saxonia Systems AG als „Market Leader“ vor großen bayerischen Firmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern ausgezeichnet. Die Marktforschungsexperten bescheinigten dem Unternehmen eine besonders hohe Innovationskraft. Besonders wurde das selbst entwickelte Tool „Eteo“ hervorgehoben, eine technische und organisatorische Lösung für die Entwicklung von Kundenprojekten in verteilten Teams. Diese befinden sich zwar an verschiedenen Orten, arbeiten aber in einem virtuellen Projektraum zusammen. Die Einschätzung der Analysten belohne das Engagement der gesamten Mannschaft, erklärt Mönch. „Die Mitarbeiter haben unser Unternehmen mit viel Initiative und Kreativität vorangebracht.“ Derzeit sind bei der Saxonia Systems elf Nationen vertreten. Der etwa 20 Zentimeter hohe Preis aus Edelmetall und Kristall wird nun an den Standorten wandern.