Dresden
Merken

Beklemmende Sprachnachricht

Im Missbrauchsprozess gegen Aikido-Trainer Thomas H. wird nun geprüft, ob einem weiteren seiner Opfer eine Vernehmung zuzumuten ist.

Von Alexander Schneider
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Aikido-Trainer Thomas H. soll mehr als zehn Kinder und Jugendliche während und nach dem Training sowie im Trainingslager missbraucht haben.
Aikido-Trainer Thomas H. soll mehr als zehn Kinder und Jugendliche während und nach dem Training sowie im Trainingslager missbraucht haben. © Sven Ellger

Dresden. Erst nachdem sich ein 17-Jähriger seiner Vertrauenslehrerin offenbart hatte, bekamen die Ermittlungen gegen den Dresdner Aikido-Trainer Thomas H. den entscheidenden Schwung. Das war Ende Oktober 2019. Seit zweieinhalb Wochen steht der Mann wegen Dutzender zum Teil schwerer Missbrauchsvorwürfe gegenüber Kindern und Jugendlichen, die er in Schul-AGs oder im Rahmen seiner Aikido-Schule trainiert hatte, vor dem Landgericht Dresden. Der 50-Jährige räumte einen Teil der Taten ein.

Immer wieder, das wurde in der Hauptverhandlung deutlich, war H. angezeigt worden oder Erwachsenen mit seiner Neigung aufgefallen. 2016 und 2018 hatte die Polizei erfolglos gegen ihn ermittelt. Ein Sozialarbeiter des Beratungsprojekts Ausweg berichtete am Donnerstag als Zeuge, dass auch ihm H.s Name mehrfach aufgefallen war, auch schon vor dem Jahr 2016.

Videovernehmung an einem anderen Ort

Eine entscheidende Rolle könnte nun auf den Hauptgeschädigten zukommen. Die Jugendschutzkammer prüft, ob sie den 17-Jährigen vernehmen muss. Der Grund ist die Einlassung des Trainers, der von beiderseits gewollten sexuellen Handlungen gesprochen hat, und dass sein damaliger Schüler mindestens einmal auch „angefangen habe“.

Kein Prozessbeteiligter will dem Jugendlichen eine Vernehmung zumuten, selbst wenn er weit weg vom Täter in einem anderen Gerichtsgebäude ausschließlich vom Vorsitzenden Richter Andreas Ziegel befragt und die Aussage per Video ins Landgericht übertragen würde.

Wie sehr der junge Mann traumatisiert worden sein muss, war an einer knapp 20-minütigen Sprachnachricht zu hören. Die hatte der Geschädigte schon aufgenommen, bevor er sich seiner Lehrerin anvertraut hat. Die bedrückenden Sätze waren offenbar an seine Klassenkameraden gerichtet. Er werde seit sieben Jahren von seinem Trainer missbraucht, sei neun oder zehn Jahre alt gewesen, als der ihm zum ersten Mal „einen runtergeholt“ habe. 

Selbstvertrauen des Jungen zerstört

Der Schüler, ein Zehntklässler, berichtete, wie sehr er das Aikido-Training geliebt und es nicht über das Herz gebracht habe, gegenüber dem Trainer „nein“ zu sagen, dass er auch eine Weile mit den sexuellen Handlungen „einverstanden“ und sie für ihn „normal“ gewesen seien, dass er „so gut wie nie oder gar nicht mehr mit Mädchen“ habe sprechen können – und dass der Missbrauch über die Jahre sein Selbstvertrauen zerstört habe.

Am nächsten Sitzungstag wird die Kammer entscheiden, ob sie die Vernehmung des Zeugen für dringend notwendig hält.

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter "Dresden kompakt" und erhalten Sie alle Nachrichten aus der Stadt jeden Abend direkt in Ihr Postfach.

Mehr Nachrichten aus Dresden lesen Sie hier.