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Gundermann als "Corona-Konzert"

Eigentlich wollte der Dresdner Johann Ruthendorf heute ein Clubkonzert mit "Gundi"-Liedern geben - mit Streichern. Stattdessen stellt er es solo ins Netz.

Von Oliver Reinhard
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Zu jung gibt's nicht: Johann Ruthendorf wurde am Tag von Gundermanns Beerdigung 1998 geboren. Jetzt gibt er ein Online-Konzert mit Songs des legendären "singenden Baggerfahrers".
Zu jung gibt's nicht: Johann Ruthendorf wurde am Tag von Gundermanns Beerdigung 1998 geboren. Jetzt gibt er ein Online-Konzert mit Songs des legendären "singenden Baggerfahrers". © Foto: Nicole Urban

Dresden. Die meiste Zeit seines jungen Lebens hatte Johann Ruthendorf nur eine sehr lockere Verbindung zu Gerhard Gundermann: Er kam am 27. Juni 1998 zur Welt, genau an dem Tag, als der singende Baggerfahrer aus der Lausitz beerdigt wurde. Erst später lernte er ihn etwas besser kennen. 

Seine Eltern waren Fans, immer wieder liefen zu Hause die Songs des Liedermachers. Die Familie ist sehr musikalisch, Johann hat Cello gelernt und studiert das Instrument nun in Dresden. "Aber so richtig ist mein Interesse erst vor zwei Jahren geweckt worden", sagt er. 

Johann hat ab und an kleinere Konzerte gegeben und zur Gitarre gesungen. "Immer wieder haben mich Leute gefragt, ob ich nicht auch mal was von Gundermann spielen könnte." Es war der Beginn einer tiefen Freundschaft. Wie tief, kann man nun nachhören, in einem 90-minütigen Musik-Stream. Doch geplant war eigentlich etwas ganz anderes.

Je mehr Johann von Gerhard Gundermann kennenlertne, desto besser gefielen ihm dessen Lieder. Vor allem die Sprache. "Damit hat er mich endgültig gekriegt. Wie er es schafft, mit ganz einfachen Worten und Sätzen so viel zu sagen, das ist einfach großartig." Dass Johann, der neben dem Studium als Musikpädagoge und Musiker arbeitet und in seine Konzerte längst auch Gundi-Material aufgenommen hat, mal ein ganzes Konzert mit dessen Songs geben würde, war wohl nur eine Frage der Zeit. 

An diesem Freitag sollte es soweit sein, in einem Club in der Dresdner Neustadt, mit "Band". Geplant war allerdings nicht nur irgendeiner dieser vielen typischen Gundi-Cover-Abende. Weil Johann Ruthendorf nun mal kein "typischer" Gundermann-Fan ist.

Der Braunkohlepoet im Klassik-Sound

Was die zahllosen Anhänger des Lausitzer Braunkohlepoeten mit dessen Liedern verbindet: In ihnen schwingt die Erinnerung an ein gemeisames Lebensgefühl mit. Vor allem das Gefühl der Achtziger und frühen Neunziger, der späten DDR und dem frisch wiedervereinigten Land. Eine sehr besondere und ganz besonders prägenden Zeit, die Johann Ruthendorf aber nicht erlebt hat. 

Vielleicht kann er deshalb das Vermächtnis Gundermanns auch musikalisch-professioneller betrachten. Um nicht zu sagen: nüchterner. "Die Lieder, seine Stimme, sein Gitarrenspiel, das ist es, was mich fasziniert", sagt er. "Nicht aber das, was er mit seiner Band gemacht hat. Das ist schon, na ja, ziemlich Neunziger. Und es ist nicht so schön gealtert, finde ich." 

Deshalb hat Ruthendorf auch nie daran gedacht, das ganze mit einer Rockband aufzuführen. Sondern eher an etwas, das die Beatles einst mit "Eleanor Rigby" gemacht haben: "Ich habe Songs von Gundermann neu arrangiert und wollte sie mit einem Streichertrio präsentieren." Das wäre wirklich eine Weltpremiere geworden. Die jetzt freilich ebenfalls ins Corona-Wasser fiel. 

Aber eben nicht ganz: Am Freitag ab 19 Uhr gab Johann Ruthendorf das geplante Konzert erst einmal daheim in seinem WG-Zimmer, rund anderthalb Stunden lang, wie der frühe Gundermann, nur mit Gitarre und Gesang. Man kann es via Youtube streamen. Im Herbst will er das ausgefallene Live-Konzert mit Streichertrio unbedingt nachholen. In Dresden, in einem Club. Und dann - wer weiß?

Der Livestream des Konzerts: