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Dresden hat nun weniger „gefährliche Orte“

Die Polizei hat die Kriminalitätsbrennpunkte in der Innenstadt neu bewertet - und streicht drei der Hotspots von der Liste. 

Von Christoph Springer
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Eine Razzia am Wiener Platz: Die Gegend um den Hauptbahnhof wird weiter als Kriminalitätsbrennpunkt eingestuft.
Eine Razzia am Wiener Platz: Die Gegend um den Hauptbahnhof wird weiter als Kriminalitätsbrennpunkt eingestuft. © Benno Löffler

Als noch Sitzgelegenheiten um die Rabatten auf der Trompeterstraße standen, war dort mehr Betrieb. Jugendliche trafen sich nachmittags und abends. Sie unterhielten sich nicht nur, sie lärmten auch, tranken, hörten laute Musik. Und es gab Rauschgift. Vor vier Jahren war die kleine Straße neben der Centrum-Galerie ein Problem. Die Polizei sah sich 2015 gezwungen, sie als gefährlichen Ort zu deklarieren. Die Definition dafür: Dort werden besonders häufig Straftaten verabredet, geplant oder begangen. Heute heißen diese Orte in der Polizeisprache herausragende Kriminalitätsbrennpunkte. Vier gab es davon in der Altstadt. Dazu gehörten auch der Wiener Platz, die Freifläche Ferdinandstraße samt dem Umfeld des Rundkinos sowie die Flächen, Wege und Fahrbahnen neben dem Haus Reitbahnstraße 35.

Inzwischen ist die Altstadt sicherer geworden. Die Polizei hat die vier gefährlichen Orte wie zuvor abgesprochen Jahr für Jahr überprüft. Bis Anfang 2018 sahen die Beamten keinen Anlass, sie von ihrer Negativ-Liste zu nehmen. Das ist jetzt anders. Nur der Wiener Platz gilt weiter als gefährlicher Ort. Die drei anderen hat die Polizei in diesem Jahr gestrichen. Das haben die Beamten aus dem Polizeirevier Dresden-Mitte gemeinsam mit anderen Beamten aus der Polizeidirektion entschieden. 

Renè Demmler, der zurzeit amtierender Chef der Beamten ist, begründet diesen Beschluss: „Im Sommer 2018 zeichnete sich ab, dass sich die Situation spürbar verbessert hat.“ Die Fallzahlen seien zurückgegangen, „in den vergangenen Monaten gab es kaum noch Feststellungen im Zusammenhang mit Betäubungsmittelkriminalität.“ Kurz: Auf den drei Plätzen ist nur noch selten Rauschgift zu haben und Drogenkunden werden auch nur noch selten angetroffen. „Die offene Anbieterszene ist verschwunden“, sagt Demmler. Das heißt, Passanten werden nicht mehr wahllos gefragt, ob sie Rauschgift kaufen wollen, die kriminellen Geschäfte sind für die Dealer schwieriger geworden.

Anders ist das auf dem Wiener Platz, so die Polizei. Er gilt weiter als gefährlicher Ort, weil er „sich in seiner Kriminalitätsbelastung von seinem Umfeld abhebt“, teilte Polizeisprecher Thomas Geithner mit. Der amtierende Polizeichef gibt die Konsequenz daraus vor: Die Beamten werden dort auch in Zukunft immer wieder zu Großkontrollen anrücken, aber „in größeren Abständen“, beschreibt René Demmler die Einsatzfrequenz. Das heißt, 2019 werden dort voraussichtlich weniger Razzien stattfinden als im vergangenen Jahr. Da rückte die Polizei zwölf Mal zum Wiener Platz aus. Beim letzten Einsatz des Jahres am 20. Dezember stellten die Beamten zwei Rauschgiftbesitzer.

Dass der Ferdinandplatz, das Umfeld der Centrumgalerie und die Freifläche an der Reitbahnstraße nun nicht mehr als gefährliche Orte gelten, ist kein Freibrief für potenzielle Täter. Denn laut dem sächsischen Polizeigesetz dürfen die Beamten dort auch weiter kontrollieren. Immer dann, wenn sie es für nötig halten. Dazu müssen sie lediglich zu dem Schluss kommen, dass eine oder mehrere Personen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder stören. Einziger Unterschied: Sie dürfen ab sofort nur mutmaßliche Täter überprüfen und nicht automatisch alle Personen, die vor Ort sind.

Nach der Neubewertung gibt es in Dresden jetzt noch sechs sogenannte herausragende Kriminalitätsbrennpunkte. Der jüngste davon ist der Amalie-Dietrich-Platz in Gorbitz, der samt der Höhenpromenade erst im August 2018 in diese Liste aufgenommen worden ist. In der Altstadt bleibt der Wiener Platz übrig. In der Neustadt sind weiter der erweiterte Scheunevorplatz samt der Alaunstraße zwischen Katharinenstraße und der Louisenstraße, der Albertplatz, der Alaunplatz und die Kreuzung Rothenburger Straße/Görlitzer Straße/Louisenstraße gefährliche Orte. Matthias Imhof, der Leiter des Polizeireviers Dresden-Nord an der Stauffenbergallee, hat am Montag angekündigt, dass im Sommer geprüft werden soll, ob diese vier Straßen und Plätze noch ein Jahr länger als gefährliche Orte klassifiziert werden.

Dabei ließ er keinen Zweifel an seinem Urteil. In der Äußeren Neustadt habe sich eine offene Drogenanbieterszene etabliert, sagte Imhof. Genau das, was es nun in der Altstadt auf dem Ferdinandplatz, rings um die Centrum-Galerie und an der Reitbahnstraße nicht mehr gibt. Imhofs Aussage lässt deshalb keine Zweifel an der Position der Neustadt-Polizei zu: Die vier Kriminalitätsbrennpunkte bleiben wenigstens bis nächstes Jahr Haupteinsatzgebiete der Beamten im Szeneviertel. Ähnlich äußerte sich Polizeichef René Demmler. Er kündigt an, die frei werdenden Ressourcen würden künftig in der Neustadt eingesetzt. Das heißt, die Neustädter müssen künftig mit mehr Polizeieinsätzen rechnen.

Das sind Dresdens gefährliche Orte