Dresden
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Ein Rüffel für den Staatsanwalt

Überraschung im Prozess gegen drei Autoschieber am Landgericht Dresden: Einer Angeklagten soll ein unmoralisches Angebot gemacht worden sein.

Von Alexander Schneider
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Die Staatsanwaltschaft soll der 28-jährigen Angeklagten Marta C. ein großzügiges Angebot gemacht haben. War es auch unmoralisch?
Die Staatsanwaltschaft soll der 28-jährigen Angeklagten Marta C. ein großzügiges Angebot gemacht haben. War es auch unmoralisch? © SZ/Alexander Schneider

Seit Anfang Januar stehen drei Angeklagte aus Polen vor dem Landgericht Dresden. Sie sollen zu einer Bande polnischer Autodiebe gehören, die es gezielt auf Fahrzeuge der Marken Ford, Mazda und Opel abgesehen hatte. Die Autos wurden in Deutschland aufgebrochen, mit der Unterstützung von Begleitfahrzeugen außer Landes geschafft, um sie in Polen zu Geld zu machen, heißt es in der Anklageschrift.

Den Angeklagten, zwei 44-jährigen Männern und einer 28-jährigen Frau, werden 15 Tatkomplexe vorgeworfen. Zwischen März und Juli 2017 sollen sie am Diebstahl von 25 Autos beteiligt gewesen sein – in Neustadt in Sachsen, Leipzig, Meinigen, Schweinfurt sowie in den beiden nordrhein-westfälischen Nachbarstädten Ahlen und Beckum. Die Bande habe die Fahrzeuge nicht nur von der Straße gestohlen, sondern auch in Autohäusern gleich drei bis vier Wagen mitgehen lassen.

Bei dem Hauptangeklagten Tomasz S. soll es sich aus Sicht der Staatsanwaltschaft um einen der Anführer der Bande handeln, der rund ein Dutzend weitere Mitglieder und Anführer zugerechnet werden. S. verbüßt derzeit eine Haftstrafe wegen einschlägiger Vorwürfe. Im Februar 2019 wurde er von Polen nach Sachsen ausgeliefert. Der Mitangeklagte Marzin W. sitzt seit etwa einem Jahr in Untersuchungshaft. Im Februar 2019 wurde auch die 28-jährige Marta C. verhaftet. Ihr werden jedoch nur zwei Taten vorgeworfen.

Großzügige Einstellungen

Hier legte Gesa Israel, Verteidigerin von S., ihre Finger in die Wunde. Sie kritisierte, die Staatsanwaltschaft habe im Fall von Marta C. 20 Autodiebstähle eingestellt. Damit sie gegen die Mitangeklagten aussagt, seien ihr großzügige Versprechungen gemacht worden, so könne sie eine drohende Haft von bis zu sieben Jahren auf weniger als die Hälfte reduzieren. Tatsächlich sagte C. im Mai 2019 aus. Es ginge nicht an, 20 Taten im Hinblick auf zwei Verurteilungen einzustellen. C. sei einschlägig vorbestraft und Bewährungsbrecherin, sagte Israel.

Nach Beratung sah auch das Gericht in dem Agieren der Staatsanwaltschaft einen Verstoß gegen Verfahrensverständigungen. „Die dürfen nur in der Hauptverhandlung getroffen werden“, sagte die Vorsitzende Richterin Monika Müller. Bandendelikte seien für solche Verständigungen eher ungeeignet, eben um keinen Druck auf Angeklagte aufzubauen. Auch sei Marta C. nicht darüber belehrt worden, dass ihre Angaben bei der Staatsanwaltschaft für das Gericht nicht bindend seien. Ihre Aussage könne daher nun nicht verwertet werden. 

Die Verteidiger der Angeklagten kündigten daraufhin an, dass ihre Mandantin sich am nächsten Verhandlungstag zu ihren Vorwürfen und ihrer Aussage vom Mai 2019 einlassen werde. Die beiden Mitangeklagten machen bislang von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Der Prozess wird fortgesetzt.

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