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Dieser Dresdner Zahnarzt setzt aufs Digitale

Corona hat auch der Zahnmedizin mitgespielt. Um Sicherheit zu garantieren und trotzdem wirtschaftlich zu arbeiten, kann modernste Technik helfen.

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Zahnarzt Conrad Kühnöl und eine Mitarbeiterin untersuchen in Dresden einen Patienten mit einem Fluoreszierenden Mikroskop in der Zahnarztpraxis.
Zahnarzt Conrad Kühnöl und eine Mitarbeiterin untersuchen in Dresden einen Patienten mit einem Fluoreszierenden Mikroskop in der Zahnarztpraxis. ©  dpa/Robert Michael

Von Gerald Fritsche

Dresden. Die Corona-Krise ist auch eine Krise der Zahnmedizin. Patienten sind verunsichert, nehmen ihre Termine nicht mehr wahr oder schieben diese auf. Manche Zahnärzte und ihre Praxisteams waren mitunter besorgt, sich bei Behandlungen mit dem Virus zu infizieren und haben in den vergangenen Wochen ihre Sprechzeiten heruntergefahren, Dentallabore bekamen weniger Aufträge. Die finanzielle Situation mancher Praxen und Labore wird schwieriger.

Die Situation rückt die Digitalisierung für Zahnarztpraxen, aber auch für das Gesundheitswesen insgesamt ins Blickfeld. Allerdings kostet der Aufbau einer digitalisierten und vollvernetzten Praxis Geld - viel Geld. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) bezifferte die Investitionskosten für die Neugründung einer zahnärztlichen Einzelpraxis im Jahr 2018 auf rund 600.000 Euro. Mehr als die Hälfte davon entfällt allein auf medizin-technische Geräte und die EDV.

Und dann kämen noch rund 70.000 bis 80.000 Euro hinzu, die der Dresdner Zahnarzt Conrad Kühnöl als Basic-Programm für eine digitale Praxis bezeichnet. "Wünschenswert wäre hier eine staatliche Förderung als Anreiz, um moderne Zahnmedizin auch für finanzschwächere Praxen attraktiv zu machen", sagt der Zahnmediziner.

Kühnöl betreibt eine High-Tech-Praxis, und das seit Jahren. Der 52-jährige ist technikbegeistert. Mit Erfolg. "Der Patientenzulauf ist enorm, wir arbeiten 14 Stunden am Tag im Schichtbetrieb", sagt Kühnöl. Er kam nach eigenen Angaben ungeschoren durch die Corona-Krise, gehörte selbst zu den fünf ausgewählten Praxen in Sachsen, die infizierte Corona-Patienten unter hohen Sicherheitsauflagen behandeln durften.

Ein Vorteil dabei: Der Infektionsweg, der zwischen Praxis und Dentallabor bestehen kann, wird durch die Digitalisierung unterbrochen. Der sogenannte Abdruck entfällt, stattdessen wird der Kiefer gescannt und an das Labor online verschickt. Am Modell kann diagnostisch und therapeutisch gearbeitet werden. "Wir betreiben Basisdiagnostik: geschickt vernetzte Simulationsprogramme berechnen an Echtdaten der Patienten verschiedene Behandlungsoptionen und zeigen, was passiert und wie es am Ende aussehen wird", sagt Kühnöl.

Conrad Kühnöl (l.) setzt in seiner Praxis in der Dresdner Südvorstadt auf digitale Unterstützung.
Conrad Kühnöl (l.) setzt in seiner Praxis in der Dresdner Südvorstadt auf digitale Unterstützung. ©  dpa/Robert Michael

Dank vieler Computer, Scanner, Röntgengeräte, Schleifmaschinen und sehr viel weiterer Hard- und Software in der eigenen Praxis mit 27 Angestellten reduziert sich der Zeitaufwand beispielsweise einer Wurzelbehandlung um bis zu 75 Prozent. Seit Ende Mai hat er eine Produktionsstrecke für volldigitale, geschichtete Keramikbrücken in Betrieb. Die Arbeitszeit für den Zahnarzt beträgt bei kleinen Brücken 90 Minuten, die des Zahntechnikers 30 Minuten. Das reduziert Kosten für die Patienten, und die Wirtschaftlichkeit für die Praxis wird gesteigert.

Kühnöl wirbt für solche neuen Wege, wohl wissend, dass es nicht für alle die Möglichkeit geben wird, in diesem Zug mitzufahren. "Ein heute 50-Jähriger kann es noch angehen. Denn die Abschreibung beläuft sich auf etwa zehn Jahre. Und jungen Leuten fällt es ohnehin leichter, mit dem Computer zu arbeiten", sagt Kühnöl. Seine Prognose geht deshalb auch in Richtung Praxen mit mehreren Zahnärzten.

Allerdings, das gibt die KZBV zu bedenken, müssen auch immer die örtlichen Gegebenheiten beachtet werden. "In einer größeren Stadt ist es sicher für Zahnarztpraxen etwas einfacher, die erheblichen Kosten für digitale Technik und EDV zu refinanzieren. In ländlichen, strukturschwachen Regionen hingegen dürfte das schon schwieriger sein. Die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Menschen muss aber natürlich auch dort durch Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte sichergestellt werden", sagt Kai Fortelka, Sprecher der KZBV.

Das stellt Kühnöl nicht in Abrede, und bringt einen digitalen Stufenplan ins Gespräch, bei dem die Vorteile größer sind als die Nachteile. Ein weiterer Vorteil unabhängig von Corona: die Technik kann die Patientenflucht ins Ausland bremsen. Die Preise für eine komplette Gebisssanierung sänken rapide, seien auch in Ungarn, Russland oder Polen nicht zu toppen. Im Gegenteil: Es kämen nun Patienten von dort hierher. Und Kühnöl sieht einen weiteren Vorteil: "Für Berufstätige ist es doch wichtig, ob sie wegen einer Implantatbehandlung zwei Wochen oder nur zwei Tage ausfallen." (dpa)