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Tonnenweise gefälschtes Waschmittel

In Dresden wurden im großen Stil Ariel-Plagiate umgesetzt. Nun hat die Justiz einen 57 Jahre alten Mann verurteilt.

Von Alexander Schneider
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Weißer als weiß? Am Amtsgericht Dresden wurde nun ein bemerkenswerter Fall von Markenpiraterie verhandelt: Es ging um den schwunghaften Handel mit gefälschtem Waschmittel.
Weißer als weiß? Am Amtsgericht Dresden wurde nun ein bemerkenswerter Fall von Markenpiraterie verhandelt: Es ging um den schwunghaften Handel mit gefälschtem Waschmittel. ©  Archiv/René Meinig

Dresden. Weißer als weiß? Das ist ein Rätsel, das TV-Reklame-Seher auch nach Jahrzehnten wohl noch nicht gelöst haben. Wie soll das aussehen, und wie trägt sich diese Farbe? 

Immerhin: Die Werbebotschaft hat funktioniert. Über Jahre muss auch ein schwunghafter Handel mit gefälschtem Markenwaschmittel ganz gut funktioniert haben. Das wurde jetzt bei einem Prozess am Amtsgericht Dresden bekannt. Es ging um die Verletzung von Gemeinschaftsmarken in 101 Fällen.

Im Jahr 2015 erhielt das Zollfahndungsamt Dresden einen heißen Tipp von ihren französischen Kollegen. Im Nachbarland war eine Tranche dieses Fake-Waschpulvers aufgefallen: Billig-Tenside, gestreckt mit gewöhnlichem Kochsalz und schön verpackt in bunten Kartons des Markenprodukts Ariel. 

Die Spur führte die Ermittler in ein Dresdner Lagerhaus auf der Magdeburger Straße. Dort, so hieß es, fahre regelmäßig ein Mann in einem schwarzen BMW vor, zahle stets in bar und veranlasse die nächsten Transporte.

Beim nächsten Mal empfingen Beamte des Dresdner Zollfahndungsamtes den Mann und hatten viele Fragen an ihn. Der Unbekannte, der sich zunächst nicht ausweisen konnte oder wollte, ja nicht einmal einen Führerschein bei sich hatte, entpuppte sich als ein 57-Jähriger aus Heilbronn. Am Mittwoch stand er vor einem Dresdner Schöffengericht.

Vertreter einer nicht existenten Firma

Laut Anklage soll er zwischen 2012 und Februar 2015 knapp 1.700 Tonnen dieses falschen Markenprodukts vertrieben haben. Er habe sich als Vertreter einer nicht existierenden ägyptischen Firma namens „Santo Mario & Co“ ausgegeben, das preisgünstig Waschmittel in Osteuropa bestellt, strecken und abfüllen ließ. 

Über zwei Lagerhäuser im Raum Dresden, neben der Magdeburger Straße wurde auch eine Adresse in Wilsdruff genannt, sei die Ware lasterweise zum Weiterverkauf ins europäische Ausland geliefert worden: Frankreich, Spanien, Griechenland, Großbritannien und Schweden.

Die Zollfahnder stellten bei ihrer Razzia im Februar 2015 noch mehr als 100 Paletten sicher, mit unterschiedlich großen Ariel-Paketen. Die Staatsanwältin bezifferte den durch Umsatzverluste entstandenen Schaden für Procter & Gamble, den echten Ariel-Hersteller, auf rund vier Millionen Euro. Der Angeklagte habe Provisionen in sechsstelliger Höhe erhalten.

Der Angeklagte, ein gebürtiger Syrer, der als Jugendlicher mit seiner Familie nach Deutschland kam, gab zu, den Vertrieb des weißen Pulvers in Dresden organisiert zu haben. Mit der Herstellung und dem Weiterverkauf jedoch habe er nichts zu tun. Er habe für jede der 33 Fahrten nach Dresden lediglich 200 Euro erhalten.

Die Leute wollten "immer billiger"

Er habe viele Geschäfte für eine Firma im Raum Frankfurt am Main gemacht, die vor allem mit Lebensmitteln gehandelt habe. Der Angeklagte bestritt jedoch, die Waschmittelproduktion selbst veranlasst zu haben. 

Entsprechende Indizien der Ermittler hätten nichts mit diesem Fall zu tun. Er habe auch viele andere Anfragen von Interessenten erhalten. "Die Leute wollen es immer billiger haben", sagte er.

Ein Ermittler vom Zoll berichtete von Hinweisen, etwa in sichergestellten Kalkulationen und Mails, dass der 57-Jährige auch mit der Beschaffung betraut gewesen sein muss. Er sei geschäftlich viel unterwegs gewesen, was sich ebenfalls mit den Lieferungen des Waschmittels decke. Hinweise auf ein hohes Einkommen des Mannes fanden sich dagegen nicht.

Die Ermittler haben auch Mittäter verfolgt. In Frankfurt etwa sei ein Verfahren gegen mutmaßliche Komplizen eingestellt worden. In Frankreich und im osteuropäischen Ausland habe es weitere Verfahren gegeben.

Nur ein kleines Rädchen?

Staatsanwalt und Verteidiger forderten nach einem Rechtsgespräch mit dem Gericht beide eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren für den einschlägig vorbestraften Angeklagten. 

2010 hatte er am Amtsgericht Heilbronn eine Geldstrafe erhalten, weil er schon 2009 mit gefälschtem Waschmittel gehandelt hatte. Der Verteidiger bezeichnete seinen Mandanten als ein "kleines Rädchen" zwischen zwei "Schwergewichten", den Lieferanten und den Abnehmern des Pulvers.

Das Gericht verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Neben seiner "umtriebigen Reisetätigkeit" spreche die einschlägige Vorstrafe gegen den Mann. Er sei zwar wohl nicht der "große Strippenzieher" dieses Geschäftsmodells, "aber die Ermittlungen legen nahe, dass sein Einfluss größer war, als er uns Glauben machen wollte", sagte der Vorsitzende Richter Thomas Hassel. 

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