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Betüdelt auf dem E-Roller

Dieser Einspruch hat sich gelohnt. Mit einem Bruchteil des ursprünglichen Bußgelds kommt ein Heranwachsender sehr glimpflich davon.

Von Alexander Schneider
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Ein junger Mann wurde mitten in der Nacht leicht angeschickert von der Polizei auf einem E-Scooter erwischt. Das sollte ihn 500 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot kosten. Es kam anders.
Ein junger Mann wurde mitten in der Nacht leicht angeschickert von der Polizei auf einem E-Scooter erwischt. Das sollte ihn 500 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot kosten. Es kam anders. © dpa (Symbolbild)

Dresden. Wenn der damals 19-Jährige aus Bannewitz auch nur geahnt hätte, worauf er sich mit der Fahrt auf einem dieser neuen Lime-Roller einlässt, er wäre wohl nicht aufgestiegen. Ist er aber. Am 24. August 2019 kurvte er nachts quer durch Dresden, ehe er um 1.46 Uhr in der Lößnitzstraße von der Polizei gestoppt wurde. Auch für die uniformierten Ordnungshüter war der Umgang mit den elektrisierten Rollerpiloten neu.

Das Problem des jungen Mannes aus Bannewitz war jedoch nicht der E-Scooter. Sein Problem war das, was er vorher in sich hineingekippt haben muss. Jedenfalls stellten die Beamten bei ihm eine Alkoholisierung von 0,28 Milligramm pro Liter im Atem fest, also jedenfalls mehr als 0,5 Promille.

Schmerzhaft war daher das Bußgeld, das dem Heranwachsenden einen Monat später zugestellt wurde. Er sollte 500 Euro zahlen und seinen Führerschein einen Monat abgeben. Gut, könnte man sagen, da er keine Fahrerlaubnis hatte, kann er sie auch nicht abgeben. Doch auch 500 Euro ist ein recht ordentlicher Betrag. Also Einspruch.

Aus Spaß auf den Roller gestiegen

Jetzt saß der Heranwachsende also mit seinem Verteidiger Christian Pahlke wegen dieser Ordnungswidrigkeit im Saal von Jugendrichter Markus Vogel am Amtsgericht Dresden.

Dort berichtete der Betroffene von einem Spaß, den man sich damals gemacht hatte. Mit den neuen Rollern seien sie nachts lautlos von Haus zu Haus gescootet. „Wir wussten nicht, dass es so hart bestraft wird“, sagte er. Heute sei ihm klar, dass E-Roller verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeuge angesehen werden.

Daher wird es für die Fahrer schon ab 0,5 Promille teuer, ab 1,1 Promille beginnt Trunkenheit im Verkehr als Straftatbestand. Fahrradfahrer etwa begehen bis zu einer Alkoholisierung von 1,6 Promille noch keine Straftat – denn die Räder werden mit Muskelkraft angetrieben, sind also keine Krafträder. Allerdings, den rechtlichen Umgang mit den elektrifizierten Rollern hat die Justiz auch erst geklärt, nachdem das Unternehmen Lime seine Scooter längst im ganzen Stadtgebiet verteilt hatte.

„Haben Sie sich nicht vorher schlau gemacht?“, fragte Richter Vogel den Betroffenen. Immerhin informiere die Lime-App automatisch vor einem Fahrtantritt die Kunden über die gesetzliche Situation. „Damals gab es das noch nicht“, entgegnete der junge Mann. Es habe noch keine Hinweise wie heute gegeben, worauf zu achten sei.

"Bei 0,0 Promille keine Scherereien"

Verteidiger Pahlke ergänzte, damals sei auch die Frage nicht beantwortet gewesen, ob die Roller nicht doch eher als Spielzeuge zu werten seien. Diese Debatte führten die Prozessbeteiligten jedoch nun nicht weiter. Vielmehr glänzte der Betroffene damit, im Sommer ein Verkehrssicherheitstraining besucht zu haben. Auch nicht schlecht, immerhin. Noch vor dem Urteil sagte Vogel: „Es ist doch ganz einfach. Mit 0,0 Promille gibt es keine Scherereien im Verkehr.“

Der Richter verurteilte den Angeklagten, der derzeit arbeitslos ist und erst im kommenden Jahr auf einen Ausbildungsplatz hofft, zu einem Bußgeld von nur noch 55 Euro. Das Fahrverbot hat er ganz gestrichen. „Was Sie gemacht haben, geht gar nicht“, sagte der Richter zu dem Heranwachsenden. Er hielt ihm aber zugute, dass die Roller erst im Juli 2019 in Dresden fuhren und damals nicht alle Regelungen klar gewesen seien. „Aber merken Sie sich: Das war eine einmalige Geschichte.“

Regelmäßig Führerscheinentzug

Auch nach über einem Jahr gibt es immer wieder Bußgeld- und manchmal auch Strafverfahren am Amtsgericht Dresden, weil Rollerfahrer betrunken aus dem Verkehr gezogen wurden. Bei Straftätern, also Angeklagten mit Alkoholisierungen jenseits der 1,1 Promille, wird regelmäßig der Führerschein für sechs Monate und mehr eingezogen.

Auch dem jungen Mann aus Bannewitz hätte wegen eines vierwöchigen Fahrverbots auch dann noch Stress mit der Führerscheinstelle ins Haus gestanden, wenn er seine Fahrerlaubnis macht, sagte Anwalt Pahlke. Das sei nun aber vom Tisch. 

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