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Klima-Demonstrant aus Dresden berichtet über seine Gefängniszeit

16 Tage lang saß Christian Bläul in Schweden in Untersuchungshaft. Sächsische.de berichtete er exklusiv, was er im "Häktet Kronoberg"-Gefängnis erlebt hat

Von Christoph Springer
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Christian Bläul musste in Schweden nach einer Demo ins Gefängnis. 16 Tage lang saß er in Untersuchungshaft.
Christian Bläul musste in Schweden nach einer Demo ins Gefängnis. 16 Tage lang saß er in Untersuchungshaft. © Archiv/xcitePRESS

Dresden. Die Zelle hat er mit einem A4-Blatt ausgemessen, Kontakt gab es nur auf Antrag, Sport ebenso und höchstens eine Stunde am Tag. Christian Bläul berichtet aus dem Gefängnis in Schweden. Sächsische.de erreicht den Klimademonstranten am Sonnabendmittag auf dem Weg zurück nach Dresden, nachdem er am Freitag aus der Untersuchungshaft in Stockholm entlassen worden ist. Dort war er 16 Tage inhaftiert, weil er an einer Demonstration in der schwedischen Hauptstadt teilgenommen hatte. Fluchtgefahr war die Begründung. Der Versuch, Bläul schnell auf Kaution freizubekommen, schlug fehl. "So weit sind wir gar nicht gekommen", antwortet er auf die Frage, welcher Kautionsbetrag dabei diskutiert wurde.

Ein Gefängnis im Zentrum von Stockholm

Im "Häktet Kronoberg"-Gefängnis im Zentrum der schwedischen Hauptstadt saß Bläul hinter Gittern. Laut der Strafvollzugsbehörde des skandinavischen Landes ist das Gefängnis an eine Polizeistation angegliedert und hat knapp 270 Plätze. Etwa zwei mal vier Meter groß war seine Zelle, hat Bläul gemessen, ein Schreibtisch, ein Bett, ein Fernseher und ein Waschbecken gehörten zur Einrichtung. 8 Uhr beginnt dort der Häftlingsalltag, erklärt die schwedische Strafvollzugsbehörde auf ihrer Internetseite. Dann gibt es Frühstück und es ist Zeit für die wichtigste Erledigung des Tages - die Beantragung von Kontakten nach draußen, von Büchern, von Sport.

Bläul war vor allem ein Wecker richtig. "Ich hatte ein bisschen Panik, dass ich das Frühstück verpasse und damit die Chance, alle Anträge zu stellen, die für den Tag wichtig sind." Einen Wecker hat er schließlich bekommen, auch ein Schwedisch-Wörterbuch. "Das war extrem hilfreich, denn die Post vom Gericht war auf Schwedisch. Es gab aber auch englische Bücher, auch zum Thema Klima", erzählt der Ex-Häftling. Darin habe er gelesen in der Hoffnung, dass seine Position - also die eines Warners vor dem Klimawandel - falsch ist. "Leider werde ich immer wieder bestätigt."

Kein direkter Kontakt zur Familie

Wichtig sei für ihn gewesen, gleich zu Beginn Kontakt zur deutschen Botschaft und zu seinem Anwalt, einem schwedischen Pflichtverteidiger, aufzunehmen. Der Grund: Sie waren seine Verbindung nach draußen, zur Familie und zu seinen Mitstreitern. "Ich habe denen sagen müssen, was sie ausrichten sollen, an wen sie E-Mails schicken sollen, wen sie anrufen sollen." Außerdem durfte Bläul im Gefängnis Briefe schreiben. "Es war aber schwer, an Briefmarken heranzukommen, es gab sie für drei Briefe pro Woche und auch nur auf Antrag."

Sport war täglich möglich, aber auch nur auf Antrag. "Da wurde man in einen Sportraum gefährt, der war nicht größer als meine Zelle und man war da allein", berichtet Christian Bläul. Drinnen stand ein Crosstrainer, täglich hat er den genutzt.

Sein Fazit: "Die Leute da waren absolut fair, es ging mir immer sehr gut, ich hatte überhaupt keine schlechten Tage in dem Gefängnis." Die Wärter hätten "richtig gut" mit ihm kommuniziert, auf Englisch, "es gab keine sprachlichen Probleme". Veganes Essen war Bläul wichtig, das gabs auf Antrag. "Ich war positiv überrascht, wie gut das Essen ist, es war nur für meinen Geschmack zu wenig.

Gerichtsverfahren ist abgeschlossen

Dass Bläul im Zusammenhang mit der Demo, der Haft und dem Gerichtsverfahren in der schwedischen Hauptstadt noch einmal nach Stockholm muss, ist ausgeschlossen. "Die Hauptverhandlung war zu Ende, das Urteil geht schriftlich an meinen schwedischen Anwalt", erklärt er, "es gibt keinen Vor-Ort-Termin". Es könnte sogar sein, dass der Gerichtsbrief an seinen Anwalt schon unterwegs ist. "Frühestens am Montag rechne ich mit Nachricht." Der 16. September sei jedenfalls der spätestmögliche Entscheidungstermin für den schwedischen Richter.

In Dresden muss er nun zuerst klären, wie seine Arbeitsstelle mit seiner Ausfallzeit umgeht. "Für die Aktion selbst habe ich Urlaub genommen", berichtet er. Sie fand am 17. August, einem Mittwoch, statt. "Am Freitag danach hätte ich wieder auf Arbeit kommen müssen." Das habe es noch nie gegeben, dass ein Ausländer nach solch einer Demo länger als über Nacht im Gefängnis bleiben müsse. Dank eines freundlichen Polizisten habe er am Donnerstag und mit dessen Handy wenigstens auf Arbeit mitteilen können, dass er nicht wie geplant zurückkommt. Aber wie es nun weitergeht, weiß Bläul nicht. "Ich habe definitiv nicht die Urlaubstage für diese Zeit."

Demo-Einsatz soll weitergehen

Weiterdemonstrieren will der Dresdner auf jeden Fall. Und auch in Schweden. "Das ist ein sehr starkes Zeichen, man muss den Leuten zeigen, wie dringend das ist", sagt er mit Blick auf den Klimawandel. Bei Einsätzen wie dem in Stockholm will Christian Bläul aber künftig besser vorbereitet sein. Allerdings nur unter der Voraussetzung, "dass es sich mit Arbeit und Familie vereinbaren lässt."

In Dresden ist Bläul damit, dass er nun erstmals und dann gleich so heftig mit juristischen Folgen einer Demo in Schweden konfrontiert war, ein Einzelfall. Denn zu seinem Credo gehört, sich auch dann bei solchen Aktionen zu engagieren, wenn das juristische Folgen hat. Vorbild will er damit aber nicht sein. "Wenn das passiert, kann ich das ertragen", sagt Bläul, " aber es geht nicht um mich, es geht um Klimaschutz". Nun Vorbild zu sein erzeuge ihm eigentlich zu viel Druck.