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Corona-Mietstreit zwischen Dresdner Altmarktgalerie und Fleischer Korch

Der Radeberger Fleischer hat während der Lockdowns die Miete für Imbiss und Verkauf in der Dresdner Altmarktgalerie gekürzt. Deshalb stehen sie sich nun vor Gericht gegenüber.

Von Andreas Weller
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Im Untergeschoss der Altmarktgalerie hatte Fleischer Korch bis 2021 seine Filiale.
Im Untergeschoss der Altmarktgalerie hatte Fleischer Korch bis 2021 seine Filiale. © René Meinig

Dresden. Es geht um insgesamt gut 51.000 Euro. Die Radeberger Fleisch- und Wurstwaren Korch haben für die Zeiten, als 2020 und 2021 die meisten Geschäfte in der Altmarktgalerie schließen mussten, nur einen Teil der Miete für ihre Räume nicht bezahlt, weil die Kunden wegblieben.

Die Verantwortlichen des Centers klagen die volle Miete ein, da Korch ja zumindest für den Verkauf öffnen konnte. Korch-Geschäftsführer Tino Glaschke sagt, an vergleichbaren Standorten habe man sich mit dem Vermieter geeinigt und hat einen Verdacht.

Worum es konkret geht

2009 hat der Radeberger Fleischfabrikant einen Mietvertrag mit der Altmarktgalerie geschlossen. Dieser betrifft rund 140 Quadratmeter Ladenfläche, in die Korch eine Wursttheke zum Verkauf und einen Fleischer-Imbiss gebaut hat. Die Kaltmiete dafür steigerte sich, wie vertraglich vereinbart, auf gut 11.900 Euro im Jahr 2020 und 2021 wurden dann etwas mehr als 12.000 Euro pro Monat fällig.

Als Sachsens Staatsregierung wegen der Corona-Pandemie die Lockdowns im Frühjahr und Winter 2020 anordnete, gingen auch bei Korch die Kunden zurück. Zwar konnte der Fleischer seine Theke öffnen und auch Imbisse zum Mitnehmen verkaufen, aber da rund 80 Prozent der Läden in der Galerie schließen mussten, waren kaum Menschen unterwegs.

Die Tische im Imbiss durften nicht genutzt werden. Zunächst blieb die Theke geöffnet, aber irgendwann schloss Korch wegen des Umsatzrückgangs ganz für die Zeit und kürzte die Miete, weil die Geschäftsgrundlage fehle, so Geschäftsführer Glaschke.

Die Radeberger Fleisch- und Wurstwaren Korch GmbH hat rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Die Radeberger Fleisch- und Wurstwaren Korch GmbH hat rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. © Archiv: Matthias Schumann

Was die Altmarktgalerie fordert

Die Verantwortlichen der Altmarktgalerie klagen gegen Korch auf Zahlung von gut 51.000 Euro. Diese Summe setzt sich aus Mietrückständen, Nebenkostenabrechnungen und Anwaltsgebühren für Mahnungen zusammen. Deren Anwältin, Constanze Bandilla-Dany, argumentiert, dass die Miete trotzdem zu zahlen sei, schließlich hätte Korch die Theke öffnen können, die Komplettschließung sei eine "unternehmerische Entscheidung" gewesen.

Im Sommer gab es dazu bereits eine Gerichtsverhandlung am Landgericht Dresden, jetzt fand die Berufung am Oberlandesgericht (OLG) Dresden statt. Das Landgericht hat der Altmarktgalerie recht gegeben. Korch müsse zahlen, da eine Teilöffnung zumutbar gewesen wäre und der Vermieter sei nicht für die Lockdowns verantwortlich. Zudem habe Korch Hilfen vom Staat bekommen und Kurzarbeit beantragen können. Dagegen geht nun Korch vor.

Weshalb Korch die Miete gekürzt hat

Die Einschränkungen für Korch seien erheblich gewesen. Der Imbiss habe 88,8 Prozent des Umsatzes ausgemacht, die nahezu komplett weggefallen seien. Damit sei die Geschäftsgrundlage weggefallen und Korch konnte nicht die Umsätze und Gewinne generieren, um die Miete reinzuholen. "Hätten wir öffnen und noch größere Verluste machen sollen?", fragt Glaschke. Zudem hätte er die Mitarbeiter bezahlen müssen, obwohl kaum Kunden zu erwarten gewesen seien.

Die Firma hat die Miete nach einem komplizierten Rechenmodell gekürzt, das umsatzabhängig während der Pandemie angesetzt wurde, so deren Anwältin Beatrice Betka. Glaschke sagt, er habe Hilfen erhalten, aber dennoch "erhebliche Verluste" in der Zeit gemacht. "Die Filiale war keine an der Ecke in einem Wohngebiet, sondern wir haben diese bewusst wegen der Kundenfrequenz in der Altmarktgalerie als Magnet gemietet." Die Kunden seien wegen der Lockdowns weggefallen.

Wie die Richter den Fall bewerten

Der Senat um den Vorsitzenden Richter am OLG Bernhard Klose sehen eher die Altmarktgalerie im Recht. Ein Weiterbetrieb hätte unzumutbar gewesen sein müssen und die Theke hätte weiterbetrieben werden können. Zudem fehle eine Aufschlüsselung der tatsächlichen Verluste, die eingebrochenen Umsätze reichen nicht für eine andere Entscheidung. Die Lockdowns hätten weder Korch noch die Galerie verschuldet, deshalb bestehe der Mietvertrag weiter und Korch müsse zahlen.

Die Schließung sei tatsächlich eine unternehmerische Entscheidung gewesen. Selbst eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz sei keine Voraussetzung dafür, die Miete kürzen zu können. Dass Korch seinen Hauptumsatz mit dem Imbiss gemacht habe, sei nicht Bestandteil des Mietvertrages und der Vermieter habe weiter die Räume zur Verfügung gestellt. Zudem sichere dieser auch keine bestimmte Kundenfrequenz oder Umsätze zu.

Die Richter wollen im Januar ihre Entscheidung offiziell verkünden. Doch es sieht danach aus, dass Korch zahlen muss oder - wie von der Anwältin der Firma angedeutet - vor den Bundesgerichtshof (BGH) zieht.

Wie es Korch in anderen Städten erging

Korch ist Ende März 2021 aus der Altmarktgalerie ausgezogen. Da ist der Mietvertrag regulär ausgelaufen. "Wir haben diesen nicht verlängert, weil für uns einige Rahmenbedingungen nicht passen", so Glaschke. "Ich denke, dass die Altmarktgalerie deshalb auch hier gegen uns vorgeht."

Denn in anderen vergleichbaren Filialen sei dies anders gelaufen. Sowohl im Kornmarktcenter in Bautzen als auch im Lausitzcenter in Hoyerswerda habe Korch mit den Filialen ebenfalls erhebliche Umsatzeinbrüche in den Lockdowns gehabt. "Dort haben wir uns jeweils mit den Centern auf eine Mietminderung geeinigt und die Verträge laufen weiter." Interessant daran ist, dass alle drei Center zur Hamburger ECE Group gehören, also denselben Eigentümer haben.

Wie in anderen Fällen entschieden wurde

Als ein Vorreiter in Sachen Corona-Klagen gilt das Textilunternehmen Kik, das für seine Filiale in Sehma im Erzgebirge im Lockdown keine Miete gezahlt hat. Das OLG Dresden hat zunächst entschieden, dass die Miete für die Zeit halbiert werden könne, nachdem das Landgericht Chemnitz entschieden hatte, die Miete müsse komplett gezahlt werden.

Dies hat der BGH in diesem Jahr aufgehoben und erneut ans OLG Dresden verwiesen, weil keine pauschale Kürzung möglich sei, sondern immer im Einzelfall die Hilfen und auch die tatsächlichen Verluste betrachtet werden müssten. Die Entscheidung dazu steht noch aus. Allerdings handelt es sich hierbei um Geschäfte, die wegen der Corona-Regeln komplett schließen mussten.