Dresden. Nahezu gähnend leere Straße und Plätze, an der Brühlschen Terrasse, auf dem Theaterplatz und dem Neumarkt, wo sonst am Abend zum Jahreswechsel Dresdner dicht gedrängt stehen und feiern, gibt es nur vereinzelte Fußgänger.
Kontaktbeschränkungen, Feuerwerks- und Alkoholverbot in der Öffentlichkeit führen zum ruhigsten Silvester in der Landeshauptstadt seit vielen Jahren. Auch an den Elbbrücken und -wiesen ist wenig los, im Ausgehviertel Äußere Neustadt sind nur wenige Feiernde zu sehen.
"Es wirkt irgendwie gespenstisch", sagt Iven Eissner. Der Polizeihauptkommissar ist der Einsatzleiter der Dresdner Polizei in der Silvesternacht. Eissner meint die leeren Plätze in der Innenstadt, wo sich sonst viele Menschen tummeln.
Auch in anderen Stadtteilen begegnen einem nur wenige Passanten auf den Straßen, ein paar Jugendliche - in kleinen Gruppen, coronakonform eben - egal ob in Pieschen, Trachau, Leipziger Vorstadt, Striesen, Seidnitz, Prohlis, Tolkewitz, Laubegast oder Leuben. Gegen 23 Uhr, Eissner hat gerade mit einem Kollegen eine Runde durch die Innenstadt gedreht, stoßen die Beamten auf einen jungen Mann, der ungelenk am Bauzaum nestelt - ausgerechnet am Gebäude der Polizeidirektion Dresden. "Können wir helfen", fragt Eissner. Der Mann, sichtlich angetrunken, taumelt ein wenig, sucht länger nach seiner Maske, erklärt dann lallend, dass er einen Platz zum Pinkeln suche. "Ihre Notdurft in der Öffentlichkeit zu verrichten, ist eine ganz schlechte Idee", erklärt Eissner. Der Mann fragt, was die Beamten empfehlen würden. Der Hauptkommissar rät, nach Hause zu gehen und sich hinzulegen. Der Mann guckt unsicher und verschwindet.
Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) hatte ein Böller-Verbot verhängt, per Allgemeinverfügung die bundes- und sachsenweiten Corona-Regeln verschärft und das Mitführen und Anzünden von Feuerwerk komplett untersagt. Jede Kommune kann die Regeln für sich verschärfen, aber nicht lockern.
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Es solle eigentlich nicht Aufgabe des Staates sein, den Bürger "Vorschriften beim Feiern zu machen", begründete Hilbert das. „Böller und Raketen lassen uns schnell die Kontaktbeschränkungen vergessen und erhöhen die Gefahr von Verletzungen. Fakt ist aber eins: Unsere Kliniken und Krankenhäuser sind an der Belastungsgrenze und wir müssen verhindern, dass Notfälle durch Pyrotechnik die Situation weiter verschlimmern." Zudem beende er damit die Diskussion um „Alt-Böller“ und Einkäufe in Polen oder Tschechien. Fünf Dresdner sind dagegen gerichtlich vorgegangen, scheiterten aber.
Polizei und Feuerwehr: Weniger Einsätze
Nicht alle Dresdner haben sich an das Verbot gehalten. Eissner berichtet von einer Wohnungs-Party im Dresdner Norden, die Polizeibeamte beenden mussten, in Alttrachau wurde eine Menschenansammlung von 20 bis 30 Personen gemeldet - als die Polizei dort auftauchte, hatte sich die Gruppe bereits aufgelöst. Die Polizei kontrollierte in der gesamten Stadt und zog danach aber insgesamt eine positive Einsatzbilanz. "Im Zuständigkeitsbereich kam es zu keinen dauerhaften Personenansammlungen", teilt ein Sprecher mit. "Insbesondere im Innenstadtbereich der Landeshauptstadt Dresden waren kaum Personen unterwegs."
Böller und Raketen wurden vor Mitternacht nur außerhalb des Stadtzentrums laut Polizei "vereinzelt" gezündet. Kurz nach dem Jahreswechsel wurden aber vermehrt Böller gezündet, obwohl das verboten war. Die Polizei stellt allerdings fest, dass es deutlich weniger waren als in den Vorjahren. Aus einigen Wohnungen fliegen Raketen und Böller, aber es sind wenige.
Für die Beamten gab es in Dresden 256 Einsätze. "Dabei handelte es sich auch um silvestertypische Sachverhalte sowie vereinzelte Verstöße gegen die geltenden Corona-Schutzbestimmungen", heißt es. Am Ende waren es fünf Sachbeschädigungen, 14 Körperverletzungen und ein Dutzend 12 Brände, die überwiegend durch "unsachgemäßen Gebrauch von Pyrotechnik entstanden waren".
"Wir verzeichnen einen deutlichen Rückgang der Einsatzzahlen im Vergleich zum vergangenen Jahr", sagt auch Dresdens Feuerwehr-Sprecher Michael Klahre. Die Brandeinsätze haben sich um 83 Prozent reduziert, auf sieben Klein- und fünf Mittelbrände aus. Auch bei der Notfallrettung gab es weniger Einsätze. 93 Mal musste der Rettungsdienst ausrücken, 19 Vorfälle hatten davon Silvester-Bezug - dabei habe es sich um Stürze, Verletzungen und "Einsätze die durch den übermäßigen Konsum von Alkohol verursacht wurden" gehandelt.
25 Dresdner wurden wegen Ordnungswidrigkeiten angezeigt, weil sie gegen die Coronaschutzverordnung verstoßen haben, zwei weitere Dresdner müssen sich wegen des Besitzes illegaler Pyrotechnik verantworten.
OB Hilbert bedankt sich bei Dresdnern
"Die Dresdnerinnen und Dresdner haben das neue Jahr auf sehr verantwortungsvolle Weise begrüßt", so Oberbürgermeister Hilbert. "Natürlich hat es auch Ausnahmen gegeben, aber die große Mehrheit hat sich an die Regeln gehalten. Dafür möchte ich mich ausdrücklich bedanken."
Das "Böllerverbot" in Dresden habe nicht nur juristisch Bestand gehabt, sondern auch eine positive Wirkung entfaltet. "Das zeigen insbesondere die Einsatzzahlen von Feuerwehr und Polizei. Damit haben wir alle einen wichtigen Beitrag geleistet, dass unser Gesundheitssystem nicht zusätzlich belastet wurde."
Gleichzeitig zeige gerade die Silvesternacht, dass die Akzeptanz der geltenden Corona-Maßnahmen bei der überdeutlichen Mehrheit der Menschen sehr hoch ist. "Das sollte uns Hoffnung für die kommenden Wochen geben, dass es gelingt, die Infektionszahlen wieder deutlich zu reduzieren", sagt Hilbert.
Stadtreinigung: weniger Müll
Trotz des Böllerverbotes war auch die Stadtreinigung Dresden in abgeschwächter Form am Neujahrstag für Ordnung und Sauberkeit in der Dresdner Innenstadt unterwegs. Es waren 22 Mitarbeiter mit vier Kehrmaschinen, zwei Papierkorbfahrzeugen sowie fünf Transportern im Einsatz.
„Wir rechnen mit einem weitaus geringeren Abfallaufkommen als in den Vorjahren, sind aber für alle Eventualitäten gerüstet“, sagt Frank Siebert, Geschäftsführer der Stadtreinigung Dresden. „Während die meisten Dresdner noch schlafen, waren die Mitarbeiter in den frühen Morgenstunden am Neujahrstag im Einsatz, um schnell für ein sauberes und verkehrssicheres Dresden zu sorgen. Ein Großteil unserer Mitarbeiter wird zusätzlich in Winterdienstbereitschaft versetzt, falls die Wetterlage einen Winterdiensteinsatz notwendig macht.“
Der Einsatz an Neujahr dauerte von sieben bis etwa 13 Uhr. Dabei wird vorrangig die Innenstadt kontrolliert und gereinigt. Am Neujahrstag wurden in den Vorjahren durchschnittlich etwa 25 Tonnen Silvesterabfall gesammelt und entsorgt.

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