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Dieb erwischt – mit vollem Kinderwagen

Am Sonnabend gefasst – am Donnerstag verurteilt: Seit die Läden wieder geöffnet haben, steigt die Zahl der Diebstähle.

Von Alexander Schneider
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Ein 33-Jähriger hat in einem Modehaus die Kinderabteilung geplündert. In seinem für Beutezüge präparierten Kinderwagen fand sich Diebesgut im Wert von 650 Euro. Nur fünf Tage nach der Tat wurde er nun am Amtsgericht Dresden in einem "beschleunigten
Ein 33-Jähriger hat in einem Modehaus die Kinderabteilung geplündert. In seinem für Beutezüge präparierten Kinderwagen fand sich Diebesgut im Wert von 650 Euro. Nur fünf Tage nach der Tat wurde er nun am Amtsgericht Dresden in einem "beschleunigten ©  Archiv/René Meinig

Dresden. Es ist nicht bekannt, ob es an der monatelangen, erzwungenen Untätigkeit lag, dass ein Dieb seinen Kinderwagen für den Einsatz in besseren Zeiten umgebaut hat. Ins Sonnendach des Gefährts war eine verdeckte Öffnung hineingeschnitten worden, um darin Diebesgut verschwinden zu lassen. Die Beute rutschte so nach unten in ein verdecktes Fach. Es muss ein großes Fach gewesen sein.

Es ist auch nicht bekannt, wie oft der Kinderwagen eingesetzt wurde. Seit vergangenen Sonnabend ist damit jedoch definitiv Schluss. Ladendetektiv Dietrich S. beobachtete nachmittags im C&A-Modehaus, wie ein „Kunde“ immer wieder Mädchen- und Jungenbekleidung in dem Kinderwagen verschwinden ließ.

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Mit einem Kollegen fasste er den Dieb noch in der Seestraße. Dann kam das große Staunen. Aus dem Beutesammler bargen die Detektive 20 Kinder-Jogginghosen, zehn Kinderschlafanzüge, 14 Jacken für Mädchen und Jungen sowie drei Pakete mit Herrenunterwäsche – Kleidung im Wert von 650 Euro.

Der Verdächtige wurde der Polizei übergeben. Der Täter wurde sofort einbehalten, um ihm schnell den Prozess machen zu können. Das sogenannte beschleunigte Verfahren fand schließlich am Donnerstag am Amtsgericht Dresden statt, fünf Tage nach der Tat. Auch der Richter staunte nicht schlecht, als er nun erstmals die Fotos des Kinderwagens mit dem Haufen Kleidung sah. Er verurteilt seit Jahren frisch gefasste Diebe und auch den einen oder anderen Schwarzfahrer. Nicht alle Straftaten eignen sich für einen schnellen Prozess.

Flucht vor den Russen

Denys K., der Angeklagte, hatte Verteidiger Ulf Weinhold an seiner Seite und gab die Tat sofort zu. Der 33-jährige Ukrainer muss harte Jahre hinter sich haben. Er sei ein studierter Tourismusmanager, habe auf der Krim eine Schmetterlingsausstellung betrieben. Nach der Annexion der Halbinsel durch Russland sei er noch 2014 nach Polen geflohen. Er sei geschieden, seine Ehefrau habe ihre Heimat nicht verlassen wollen.

In Krakau habe er Geld mit seiner Ausstellung verdient und Hüpfburgen für Kinder vermietet. Doch in der Coronakrise bot das keine Möglichkeit, Geld zu verdienen.. Angeblich lebt der Mann noch in Krakau, hat aber mit einer Lebensgefährtin in Mecklenburg-Vorpommern ein Kind, das zweite sei unterwegs.

Zu dem Kinderwagen und zu den Fragen, ob er ihn umgebaut hat, schwieg K. Auch dazu, ob damit weitere Diebestouren durchgezogen habe oder ob er gar zu einer Bande gehört, die damit im großen Stil arbeitet. „Ich möchte mich entschuldigen. Ich schäme mich“, sagte er.

"Hohe kriminelle Energie"

Der Richter verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. K. sei nicht vorbestraft. Die Präparation des Kinderwagens sei aber aufwendig. Das spreche für eine hohe kriminelle Energie und häufigeren Einsatz, was jedoch nicht nachweisbar sei. Als Auflage muss sich K. in der Bewährungszeit im Gericht melden, wenn er sich länger als 30 Tage in Deutschland aufhält. Dann durfte der Angeklagte gehen.

Beschleunigte Verfahren nähmen derzeit wieder zu, sagte der Richter. Da seit Anfang Juni wieder alle Geschäfte geöffnet haben, gibt es auch bei Polizei und Justiz mehr zu tun. Auch die Diebe dürften wohl das Ende des Lockdowns herbeigesehnt haben.