Dresden. Es war im Dezember 2018, als ein heute 34 Jahre alter Zeuge den Ermittlungen rund um die rassistischen Überfälle auf Ausländer beim Dresdner Stadtfest neuen Schwung gab.
Bis dahin waren gerade drei Täter bekannt, die sich mehr oder weniger freiwillig dazu bekannt hatten, in der Nacht zum 20. August 2016 am Dresdner Elbufer unterhalb der Augustusbrücke mit von der Partie gewesen zu sein.
In drei mehrstündigen Vernehmungen durch Staatsschutzermittler des Landeskriminalamtes und eine Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Dresden wurden die Aussagen des 34-jährigen Kronzeuge dokumentiert.
Drei Männer waren aufgrund der neuen Informationen verhaftet worden. Während ein Heranwachsender bereits im vergangenen Jahr zu einer Jugendstrafe verurteil worden ist, müssen sich zwei weitere Dresdner, René H. (34) und Christian L. (31), bereits seit September 2019 vor dem Landgericht Dresden verantworten.
Ende Januar 2021 wurde nun der Kronzeuge auch in dieser Hauptverhandlung intensiv vernommen. Nun ist klar, warum die Angeklagten, bekannte Dresdner Rechtsextremisten, auch wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an den Stadtfestüberfällen in Untersuchungshaft gesessen hatten.
Bislang war nur bekannt, dass L. einen sitzenden Iraker aus vollem Lauf von hinten ins Gesicht getreten haben soll. Deswegen war gegen ihn auch wegen versuchten Mordes ermittelt worden.
Wachmann mutmaßlicher Anführer
Dass Rene H., damals Inhaber einer Securityfirma, eine besondere Position zukommen könnte, ist neu. Der Kronzeuge hat an drei Sitzungstagen mehrfach geschildert, dass H. die Gruppe von rund 40 Tätern angeführt habe, als er einen ersten Geschädigten im Vorbeilaufen grundlos angeschrien und mit einem Faustschlag niedergestreckt habe. Von diesem Opfer, möglicherweise einen schwarzhäutigen Mann, war bislang nie die Rede.
Am dritten Tag konfrontierte die Kammer den Kronzeugen erneut mit seinen Angaben in den Vernehmungen von Ende 2018/Anfang 2019. Der 34-Jährige, der selbst auch für seine Beteiligung an diesem Überfall verurteilt worden ist, blieb bei seiner Aussage.
Der mehrfach vorbestrafte Zeuge, der über sich selbst sagt, „früher eine kurze Zündschnur gehabt“ zu haben, schilderte wiederholt, sich von H. hintergangen gefühlt zu haben.
H. habe ihn mit einer Finte dazu gebracht, sich an den Überfällen zu beteiligen. H. habe ihm gesagt, es sei eine Schlägerei mit der Bande des Deutsch-Irakers Ammar R. ausgemacht gewesen, mit dem der Zeuge noch ein Hühnchen zu rupfen gehabt habe.
Die Verteidiger von H. und L. kritisierten den Zeugen massiv. Seine Aussagen seien ein Konglomerat an Unwahrheiten, er suche bei anderen die Schuld dafür, dass er sich an diesem Angriff beteiligt habe und dergleichen mehr.
Erwartbare Reaktionen, denn ohne den Zeugen hätte es diesen Prozess nicht gegeben. Möglicherweise müssen nun weitere Zeugen geladen werden, um die Aussagen des Kronzeugen zu überprüfen. Das im März geplante Urteil könnte sich weiter verzögern.