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Bätzing: „Zeichen setzen - sonst laufen uns die Menschen weg“

Die katholischen Theologen beraten in Sachsen über Reformen. Zudem geht es um die Ukraine und Geflüchtete. Die Stimmung ist durch Differenzen mit dem Vatikan gespannt.

Von Thilo Alexe
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Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat trotz Differenzen mit dem Vatikan den Reformwillen der Bischöfe betont.
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hat trotz Differenzen mit dem Vatikan den Reformwillen der Bischöfe betont. © dpa

Auch wer kein Katholik ist, bemerkt, dass in Dresden gerade Kirchenpolitik verhandelt wird. Sei es, dass Passanten einen Demonstranten mit roter Bischofsmütze vor dem Haus der Kathedrale sitzen sehen, der die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen fordert. Oder es ist die auffällige Menschenkette aus mehreren Dutzend Gläubigen, die vor Reformen und einer Abspaltung von Rom warnen. „Heilige Maria, Mutter Gottes“, beten sie vor der barocken Kathedrale. Auf einem Schild steht: „Keine deutsche Extrawurst“.

Die Eindrücke umreißen das Spannungsfeld, auf dem sich die deutschen katholischen Bischöfe bei ihrem Frühjahrstreffen bewegen. „Wir gehen den synodalen Weg nicht in Ruhe“, sagt der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing, zum Auftakt am Montag. Gemeint damit ist ein Reformprozess, der nach dem Bekanntwerden etlicher Missbrauchsfälle eingeleitet wurde. Es geht, vereinfacht gesagt, um eine Stärkung von Frauen in der katholischen Kirche, um eine liberalere Sexualmoral und die Frage, ob Priester tatsächlich zölibatär, also unverheiratet, leben müssen.

Der Limburger Bischof Bätzing ermahnt seine Kollegen dazu, Zeichen für Veränderung zu setzen: „Sonst glauben uns die Menschen nicht mehr und laufen reihenweise weg.“ Die angepeilten Reformen dienen, folgt man dem Geistlichen, nicht einem frischeren Auftritt. Es geht schlichtweg um Vertrauen, um den Stopp des Mitgliederverlustes.

In Dresden versammeln sich bis Donnerstag die katholischen Bischöfe – kurz vor der letzten Tagung des Reformprozesses Synodaler Weg. Die Stimmung ist durch Differenzen mit dem Vatikan gespannt.
In Dresden versammeln sich bis Donnerstag die katholischen Bischöfe – kurz vor der letzten Tagung des Reformprozesses Synodaler Weg. Die Stimmung ist durch Differenzen mit dem Vatikan gespannt. © dpa

Der Vatikan lehnt jedoch den synodalen Weg ab, auch in den Reihen der Bischöfe gibt es eine Minderheit von Skeptikern. Sie argumentieren, dass die Grundlagen der katholischen Glaubensgemeinschaft unverrückbar sind und seit Jahrhunderten Bestand haben. Droht eine Spaltung der Kirche? „Wer von Spaltung spricht, der verspricht sich was davon. Ich spreche davon nicht, weil sie niemand will“, sagt Bätzing.

Als weiteren Schwerpunkt der bis Donnerstag dauernden Vollversammlung der Bischofskonferenz nennt der Geistliche die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen durch Kleriker. „Die Situation lässt uns nicht los“, betont der Vorsitzende. Bätzing verweist darauf, dass in jedem Bistum Aufarbeitung betrieben werde, es lägen dazu bereits Berichte vor. Das „Gesamtfeld von Prävention, Intervention und Aufarbeitung“ werde neu aufgestellt.

„Es braucht eine noch intensivere Befassung der Bischöfe mit all diesen Themen“, sagt Bätzing, dazu sei eine bischöfliche Fachgruppe ins Leben gerufen worden. Auf Nachfrage spricht sich der Theologe für eine stärkere Rolle des Staates bei der Aufklärung aus. So würde deutlich, dass das Thema Missbrauch nicht auf die Kirche begrenzt sei.

Die Bischöfe befassen sich auch mit ihrer Haltung zum Krieg in der Ukraine. Bätzing kündigt eine Debatte zur katholischen Friedensethik an. Auf der einen Seite gehe es darum, deutlich zu machen: „Waffen schaffen keinen Frieden.“ Dieser gelinge nur durch „Dialog, durch Begegnung und Miteinandersprechen“. Auf der anderen Seite unterstütze die Bischofskonferenz das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und trage die Entscheidungen der Bundesregierung zu Waffenlieferungen mit.

Ein „größerer Auftrag“ für die Kirche sei es, „die Not zu wenden“, die der Krieg auslöse. Bätzing verweist auf ein hohes Spendenaufkommen, auf Hilfslieferungen. „Wir werden als eigenen Top auch noch einmal die Situation der Geflüchteten in den Blick nehmen“, fügt er hinzu. Dabei gehe es nicht nur um Menschen aus der Ukraine. Der Bischof verweist auf das jüngste Schiffsunglück vor Italien, bei dem mindestens 64 Migranten ertranken: „Es ist eine schlimme Situation.“ Menschen wollten nach Europa. „Die, die zu uns kommen, müssen wir versuchen, in lebenswerte Bedingungen zu integrieren.“

Die 64 Bischöfe – vier fehlen krankheitsbedingt – tagen nicht öffentlich. Sie wohnen im Hotel Hyperion im Dresdner Zentrum unweit des Hauses der Kathedrale. Über die Ergebnisse informiert Bätzing in mehreren Pressekonferenzen. Zum Rahmenprogramm zählen eine Zusammenkunft im Schloss sowie die Morgenmessen.