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Prozess: Messerstecher in Dresden verurteilt

Für seine Attacke auf einen Dresdner Fahrscheinkontrolleur muss ein 24-Jähriger ins Gefängnis. Eine Tötungsabsicht war dem Angeklagten aber nicht nachzuweisen.

Von Alexander Schneider
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Aldeen N. (M.) zum Prozessauftakt am Landgericht Dresden, hier mit seinem Verteidiger Ulf Israel (r.). Inzwischen hat er sich mit dem Fahrscheinkontrolleur, den er niedergestochen hat, ausgesöhnt. Nun wurde der 24-Jährige verurteilt.
Aldeen N. (M.) zum Prozessauftakt am Landgericht Dresden, hier mit seinem Verteidiger Ulf Israel (r.). Inzwischen hat er sich mit dem Fahrscheinkontrolleur, den er niedergestochen hat, ausgesöhnt. Nun wurde der 24-Jährige verurteilt. © Foto: Alexander Schneider

Dresden. Nach drei Tagen endete der Prozess gegen den 24-jährigen Aldeen J. am Montag mit einer kleinen Überraschung. Der Angeklagte musste sich nach einer Messerattacke auf einen Fahrscheinkontrolleur in Nickern wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht Dresden verantworten. Doch dem Syrer konnte nicht nachgewiesen werden, dass er den Kontrolleur tatsächlich töten wollte.

Außerdem gab es in der vergangenen Woche einen sogenannten Täter-Opfer-Ausgleich, bei dem sich die beiden Männer ausgesprochen haben und der Geschädigte einen vierstelligen Betrag als Schmerzensgeld erhielt.

Das Schwurgericht ist überzeugt, dass der Angeklagte am Mittag des 30. Oktober vergangenen Jahres mit seinem Fahrrad in der Linie 66 von der Innenstadt nach Nickern unterwegs war. Eine Kontrolleurin erwischte den Schwarzfahrer, der weder für sich noch für sein Rad einen Fahrschein gelöst hatte. Weil N. sich ihr gegenüber nicht auswies, kam ihr Kollege René S. zur Hilfe.

Da N. noch immer "mauerte", alarmierten die Kontrolleure die Polizei. Schließlich habe sich der Angeklagte doch gegenüber René S. ausgewiesen, weshalb man die Polizei wieder abbestellt habe. "An sich wäre die Geschichte hier zu Ende", sagte der Vorsitzende Richter Herbert Pröls.

Wütend wegen doppelter Strafe

War sie aber nicht. Der junge Syrer war wütend, weil die Kontrolleure ihm ein „erhöhtes Beförderungsentgelt“ von 120 Euro ankündigten – 60 Euro für ihn und 60 für das Fahrrad. Der Mann habe das eingeräumt, er habe sich "betrogen gefühlt", wie er sagte. Seine Wut habe sich auch nicht verflüchtigt, als er an der Endhaltestelle "Alter Postweg" den Bus verließ, sich aufs Rad setzte, so schilderte Pröls die dramatische Eskalation.

Der 24-Jährige hatte ein verbotenes Butterfly-Messer dabei, was dem Ganzen „ein Gepräge“ gegeben habe, wie es Pröls bezeichnete. "Um sich abzureagieren" habe N. die Klinge mit großer Wucht den vorderen linken Reifen des Busses platt gestochen. Er habe sich dabei auch selbst erheblich an der Hand verletzt.

Nun sei der Täter von Kontrolleur René S. umklammert worden. Um sich dagegen zu wehren, habe N. zweimal "schnell und unvermittelt" mit dem Messer zugestochen und dem 35-Jährigen im Unterbauch und im linken Hüftbereich verletzt. Der Kontrolleur habe das Recht gehabt, den Mann wegen der Sachbeschädigung festzuhalten, sagte Pröls.

Glücklicherweise erlitt das Opfer keine schweren Verletzungen. Bis zu zweieinhalb Zentimeter tief waren die Stiche. Sie konnten genäht werden, eine Operation war nicht nötig. Dennoch habe der 35-Jährige erheblich an den Folgen der Tat zu leiden, psychisch.

Strafrechtlich sei das eine gefährliche Körperverletzung. Der selten praktizierte Täter-Opfer-Ausgleich führe zu einer Strafrahmenverschiebung. Das Schwurgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und wegen Führens einer verbotenen Waffe.

Der Staatsanwalt hatte dreieinhalb Jahre, Verteidiger Ulf Israel eine bewährungsfähige Strafe von maximal zwei Jahren Haft gefordert.