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Dresden: Rechte Provokation auf Stadt-Baustelle?

Ein Baufahrzeug auf der Augustusbrücke zeigt ein mindestens zweideutiges Schild hinter der Windschutzscheibe. Wie Dresdens Baubürgermeister reagiert.

Von Andreas Weller
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Wegen des Schildes hinter der Windschutzscheibe eines Baufahrzeugs auf der Augustusbrücke gibt es Ärger.
Wegen des Schildes hinter der Windschutzscheibe eines Baufahrzeugs auf der Augustusbrücke gibt es Ärger. © privat

Dresden. Erneut gibt es in Dresden Ärger um ein offenbar politisch motiviertes Schild: Auf der Baustelle Augustusbrücke prangte hinter der Windschutzscheibe eines Baufahrzeugs ein Schild, dass bei vielen Assoziationen an die Zeit des Nationalsozialismus weckt. "Klagt nicht, kämpft!", war in Frakturschrift hinter der Scheibe zu lesen. Der Spruch wurde im Zweiten Weltkrieg unter anderem von den Fallschirmjägern der deutschen Wehrmacht verwendet. Bis heute wird er in rechtsextremistischen Kreisen genutzt.

Die Augustusbrücke ist seit längerem eine der größten und teuersten Baustellen in Dresden. Den Auftrag für das mittlerweile 28 Millionen Euro teure Projekt hat die Firma Hentschke Bau, mit Hauptsitz in Bautzen, von der Stadt erhalten. Jeden Tag spazieren tausende Fußgänger über die Brücke, die für Fußgänger und Radfahrer weiterhin geöffnet ist.

Als Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne) von dem Spruch auf der Baustelle, für die er zuständig ist, erfuhr, schrieb er umgehend an Hentschke-Chef Jörg Drews. Er sei von einem Dresdner auf das besagte Schild hingewiesen worden, sagt Kühn.

Baubürgermeister: "Dulden wir nicht"

"Es handelt sich augenscheinlich um ein Dienstfahrzeug der von der Stadt beauftragten Firma auf der Baustelle der Augustusbrücke", so Kühn. "Dieser Spruch wird gemeinhin mit den Nationalsozialisten beziehungsweise mit nationalsozialistischem Gedankengut in Verbindung gebracht. Es ist deshalb sicher auch kein Zufall, dass dieser Spruch in Frakturschrift geschrieben wurde."

Kühns Haltung dazu ist eindeutig. "Eine Meinungsäußerung, die mit nationalsozialistischem Gedankengut konnotiert wird, dulden wir auf unseren städtischen Baustellen nicht."

Deshalb habe er Drews aufgefordert, sicherzustellen, dass ab sofort kein Fahrzeug der Firma mit diesem oder einem ähnlichen Schriftzug die Baustelle der Augustusbrücke und auch keine andere Baustelle der Stadt befährt. Für eine Kündigung des Auftrages gebe es allerdings keine rechtliche Grundlage.

"Fahrer hegt keine rechtsextremistischen Gedanken"

Auf SZ-Anfrage reagierte die Führung von Hentschke Bau. "Jeder Mitarbeiter hat das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese Meinung frei zu äußern", so Sprecher Falk Al-Omary. Das Unternehmen mache sich Meinungen einzelner Mitarbeiter jedoch nicht zu eigen. "Derartige Meinungsäußerungen haben deswegen nichts an oder in Firmenfahrzeugen oder auf sonstigem Unternehmenseigentum zu suchen."

Der Sprecher betont: "Die Hentschke Bau GmbH ist parteipolitisch neutral, pluralistisch und tolerant. Wir lehnen jede Form vom Extremismus ab." Man habe mit den betreffenden Fahrer des Transporters gesprochen. Dem Mitarbeiter sei die Herkunft des Satzes nicht bekannt gewesen – "weder in seinem historischen Ursprung noch in seiner Verwendung in der politischen Debatte", erklärt Al-Omary. "Der Mitarbeiter versichert – und ist auch durch sein Verhalten im Unternehmen über jeden Zweifel erhaben – dass er keine rechtsextremistischen Gedanken hegt und diese auch nicht zum Ausdruck bringen wollte. Vielmehr ging es dem Mitarbeiter darum, auszudrücken, dass es sich lohnt, sich für eine positive Veränderung in der Gesellschaft einzusetzen, statt nur die Missstände zu beklagen."

Mitarbeiter "sensibilisieren"

Hentschke Bau plane nun ein Rundschreiben an alle Mitarbeiter. "Darin werden wir darauf hinweisen, dass jede Art von Meinungsäußerung auf Firmen- und Baustellenfahrzeugen sowie auf oder im Kontext mit Arbeitsmaterial zu unterbleiben hat", sagt der Sprecher. "Es handelt sich um einen Einzelfall, den wir zum Anlass nehmen, die Mitarbeiter in diese Richtung zu sensibilisieren."

Auf die Firma hat es in der Vergangenheit wiederholt mutmaßlich politisch motivierte Anschläge gegeben. Dazu liefen Ermittlungsverfahren, betont der Sprecher. Deshalb werde sich das Unternehmen dazu nicht äußern. "Auch werden wir in diesem Zusammenhang hier nicht mutmaßen."

Weitere Schilder-Vorfälle in Dresden

Bereits im September war auf einer städtischen Baustelle in Altnaußlitz ein Bagger einer anderen Firma mit einem großen Aufkleber an der Seite entdeckt worden. Darauf stand der Spruch "Fahrer spricht ausschließlich Deutsch" - ebenfalls in Frakturschrift. Auch in diesem Fall forderte die Stadt die Firma auf, dies zu unterlassen.

Vor rund einem Jahr hatte zudem ein "Deutscher Busfahrer" für Wirbel gesorgt. Der Fahrer eines Subunternehmens der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) fuhr mit einem Schild mit der Aufschrift "Diesen Bus steuert ein Deutscher Fahrer" im Dresdner Linienverkehr. Auch hier war das Schild in anspielungsreicher Schriftform verfasst. Die DVB unterbanden dies umgehend.

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