Dresden
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Der Mann mit dem Crystal

Bankräuber, Zweifachmörder, Dreifachmörder – gerade endet ein spektakulärer Fall. Es war auch der letzte Prozess eines Dresdner Strafverteidigers.

Von Alexander Schneider
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Sein letzter Prozess: Der Dresdner Strafverteidiger Martin Wissmann hat einen Crystal-Lieferanten in einem zehnmonatigen Prozess verteidigt. Am Ende wurde der Angeklagte "nur" in einem von sieben Tatvorwürfen verurteilt.
Sein letzter Prozess: Der Dresdner Strafverteidiger Martin Wissmann hat einen Crystal-Lieferanten in einem zehnmonatigen Prozess verteidigt. Am Ende wurde der Angeklagte "nur" in einem von sieben Tatvorwürfen verurteilt. © Foto: Alexander Schneider

Dresden. Kurz vor Jahresfrist wurde ein 39-Jähriger nach knapp 30 Sitzungstagen am Landgericht Dresden wegen Handels mit Drogen verurteilt. Die Richter waren überzeugt, dass Dominik H., ein Deutsch-Pole aus Zittau, am 7. Januar 2019 einem Kurier-Fahrer auf einem Parkplatz in Zgorzelec knapp ein Kilo Crystal übergeben hatte.

Zollfahnder hatten die Fahrt observiert. Auf dem Weg nach Dresden wurde der Kurier Laurent F. festgenommen, aber kam schon am nächsten Tag wieder auf freien Fuß – bei einer drohenden Mindeststrafe von fünf Jahren für bewaffnete Crystal-Einfuhr eine zumindest ungewöhnliche Entscheidung.

Bei dem Kurier handelte es sich um einen Franzosen aus Dresden, der wenig später eine traurige Berühmtheit erlangte. Der gescheiterte Kleinunternehmer hat im Mai 2019 seine beiden Kinder ermordet. Im Mai 2020 wurde er wegen zweifachen Mordes am Landgericht Dresden zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt.

Sein langjähriger Freund ist André G., der 47-jährige Drahtzieher hinter den Drogengeschäften, auch ein schwerer Junge.

Der aus der Ukraine stammende Russland-Deutsche hatte Mitte der 90er-Jahre in Dresden zwei Prostituierte und einen Zuhälter erschossen. Für den Dreifachmord erhielt er ebenfalls lebenslänglich und saß bis Anfang der 2010er-Jahre in Haft.

Restzweifel überwiegen

2015 wurde G. erneut zu knapp drei Jahren verurteilt, nun wegen Handels mit Drogen. Schon da soll Dominik H. Lieferant von G. gewesen sein, vermuten Ermittler. Die neue Serie an Drogen-Fahrten lief von Mitte 2018 bis Januar 2019. Im Februar 2020 begann der Prozess gegen André G. und Dominik H. Es ging um sieben Fahrten, 2,2 Kilo Crystal.

Schon Mitte Oktober wurde G. zu sechs Jahren Haft verurteilt. Vier Beschaffungsfahrten hielt das Gericht für nachgewiesen. Weil im Fall von Dominik H. jedoch noch ein polnischer Zeuge vernommen werden sollte, wurde sein Verfahren abgetrennt.

Inzwischen verzichtete das Gericht auf den Zeugen, der nicht nach Deutschland reisen wollte und bei dem das Gericht schließlich auch eine Videovernehmung abgelehnt hatte.

Dominik H. wurde daher nur für die eine Tat im Januar 2019 verurteilt und in sechs weiteren Fällen freigesprochen. Die Vorsitzende Richterin Beate Ibler-Streetz sagte, das Gericht habe in den übrigen Fällen Restzweifel gehabt.

H., der schon sieben Jahre für einen Banküberfall gesessen hatte, wurde wegen Handels mit Drogen und Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr zu vier Jahren Haft verurteilt.

Seine Verteidiger Martin Wissmann und Ulf Israel kritisierten die Abtrennung der Verfahren und forderten, ihren Mandanten in allen Fällen freizusprechen. Sie kündigten an, das Urteil anzufechten.

Nach 20 Jahren war es für Wissmann der letzte Prozess als Dresdner Strafverteidiger. Der 55-Jährige, der in großen Verfahren wie etwa dem Infinus-Prozess, auch in großen Rocker- und Drogenverfahren verteidigt hatte, gibt zum Jahresende seine Kanzlei auf, um sich beruflich komplett verändern.

Was genau er ab 2021 machen wird, könne er noch nicht verraten, sagte Wissmann am Rande des Prozesses.

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