Waldschlößchenbrücke: Dresdens flutsichere Blitzerbrücke

Dresden. Fast einen Monat lang war das Blaue Wunder wegen Sanierungsarbeiten bis zum vergangenen Freitag gesperrt. Die benachbarte Waldschlößchenbrücke ist die wichtigste Alternative, um gut über die Elbe zu kommen. Und das mittlerweile seit neun Jahren.
Am 24. August 2013 wurde sie feierlich übergeben, zwei Tage später rollte das erste Auto darüber. Im Gegensatz zur altehrwürdigen Loschwitzer Brücke ist der Neubau so flutsicher, dass die Elbquerung selbst bei extremem Hochwasser nicht gesperrt werden muss.
Der Härtetest: Kein Problem bei Elbepegel von 8,76 Metern
Ihre Bewährungsprobe besteht die Waldschlößchenbrücke bereits gut zwei Monate vor ihrer Eröffnung. Am 6. Juni 2013 erreicht der Dresdner Elbepegel mit 8,76 Metern seinen Höchststand. Zum Vergleich: Bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 9,40 Meter. Doch ernsthafte Konsequenzen für die Brücke hat das nicht. Denn die ist flutsicher gebaut. Bei normalem Pegelstand ragt sie im Bereich der Bögen 16 Meter über der Elbe empor. Am 6. Juni sind es zwar nur noch zehn Meter. Da ist jedoch noch genügend Luft.

Das Blaue Wunder muss hingegen bereits am 4. Juni gesperrt werden, als der Pegel über 7,10 Meter steigt. Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz will kein Risiko eingehen. Da die Pfeiler sehr flach gegründet sind, wären mögliche Schäden am steinernen Schutz an ihren Füßen nicht erkennbar. Zudem werden die Ankerkammern an beiden Seiten geflutet, um den Auftrieb verhindern zu wollen. Die Kammern reichen bis in eine Tiefe von zehn Metern unter der Fahrbahn. Darin hängen Schlackesteine, mit denen die Stahlkonstruktion stabilisiert wird.

Die Einnahmequelle: Fast fünf Millionen eingeblitzt
Weit über Dresden hinaus haben die beiden rund 160.000 Euro teuren Hightech-Blitzer auf der Brücke Berühmtheit erlangt. Seit der Brückeneröffnung bis Ende Juli wurden bereits 150.881 Kraftfahrer geblitzt, teilt das Ordnungsamt mit. Mit 114.291 waren die meisten von ihnen in Richtung Johannstadt unterwegs. Sie zahlten dafür Verwarnungs- und Bußgelder von rund 4,9 Millionen Euro.
Der bisherige Rekord von Temposündern wurde 2017 mit 23.014 erreicht. Im vergangenen Jahr waren es 13.269, da seit Beginn der Corona-Krise täglich bis zu 10.000 Autos weniger die Brücke überqueren. Sonst waren es in Spitzenzeiten bis zu 39.000 Autos am Tag, so während der Sanierung der Carolabrücke. Stärker genutzt wird die Brücke sicher auch jetzt, da das benachbarte Blaue Wunder gesperrt ist. Allerdings liegen die aktuellen Zahlen noch nicht vor.
Der Rekord: 88 km/h schneller als erlaubt
Der Spitzenreiter ist ein BMW-Fahrer, der im Juli 2021 gegen Mitternacht aus dem Tunnel in Richtung Johannstadt braust, als er bei 118 km/h den Blitz sieht. Zulässig sind nachts 30 km/h. Als Quittung hat er 1.600 Euro Geldbuße und zwei Punkte in Flensburg bekommen, erklärt das Ordnungsamt. Außerdem musste er einen Monat seinen BMW stehen lassen.

Der Blackout: Verkehrsdaten verschwinden
Von elektronischen Zählstellen erfasst werden nicht nur Autos, sondern auch Radfahrer, die auf den breiten Radwegen über die Brücke rollen. Von diesen liegen die Zahlen noch vollständig vor, von den Autos jedoch nicht, wie das Straßen- und Tiefbauamt mitteilt. Denn der große Dresdner Stromausfall vom 13. September vergangenen Jahres hatte Konsequenzen. Dabei gingen die Kfz-Verkehrsdaten für die Zeit vom 23. Juli bis 13. September 2021 verloren.

Die Lieblingsstrecke: Eine Million Radfahrer im Jahr
Nach der Eröffnung der Brücke wurden im September 2013 knapp 63.000 Radler gezählt. Im Verlaufe der Jahre wurden es immer mehr. So wurde im Juni 2016 erstmals die 100.000er-Marke geknackt. Die monatliche Zahl hat sich seit der Eröffnung mehr als verdoppelt, wie die Statistik des Straßen- und Tiefbauamtes ausweist.
Der bisherige Spitzenmonat war der Juli 2020 mit 140.602 Radfahrern. Das Coronajahr 2020 wurde mit über 1,24 Millionen Radfahrern zum Rekordjahr, 2021 waren es knapp 1,1 Millionen. Im Mai dieses Jahres überquerten mit 140.059 Radlern wieder extrem viele Radfahrer die Brücke.

Die Störanfälligen: LED-Leuchten fallen noch immer aus
LED-Technik sollte eigentlich sehr langlebig sein. Als Teil des Kompromissvorschlags zur Rettung des Unesco-Welterbetitels, der später dennoch aberkannt wurde, hatte die Löbauer Firma Hess Lichttechnik 1.322 LED-Lichtleisten für die Handläufe der Waldschlößchenbrücke geliefert. Anfang 2013 ging die Firma noch vor der Brückeneröffnung pleite.

Kaum waren die knapp einen Meter langen Lichtleisten montiert, hauchten sie nach der Brückeneröffnung im Dauer-Rhythmus ihr Leben aus. Offensichtlich ist es um ihre Qualität nicht zum Besten bestellt. Bis Ende 2019 fielen rund 500 Lichtleisten aus. "Die Anzahl der ausgefallenen Lichtleisten ist von Jahr zu Jahr rückläufig", erklärt das Straßenbauamt. 2020 waren es noch 94 Stück, 2021 noch 86 und dieses Jahr bisher 30.

Die Hess-Nachfolgefirma im badischen Villingen liefert seit 2019 neue LED-Leuchten für die Waldschlößchenbrücke. Sie wurden in der Hoffnung getestet, dass sie länger durchhalten. Mit ihnen werden ausgefallene Lichtleisten ersetzt. Offenbar mit Erfolg. Ihre Lebensdauer ist mit 50.000 Stunden angegeben, was elf Jahren entspricht. Keine davon ist bis jetzt ausgefallen, teilt das Straßenbauamt mit.
Die Baugenehmigung: Tempo-30-Limit auf Prüfstand
Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Juli 2016 die Baugenehmigung für die Brücke gekippt. Nachgeholt werden musste die Umweltverträglichkeitsprüfung nach den strengen EU-Richtlinien für Flora-Fauna-Habitate (FFH). Dabei wird auch geprüft, ob das nächtliche Tempo-30-Limit im Sommerhalbjahr kippt. Damit sollen die Kleinen Hufeisennasen in ihrer Flugsaison von April bis Oktober geschützt werden, falls sich doch einmal eine Fledermaus auf die Brücke verirrt. Die Geschwindigkeitsbegrenzung war vor dem Baubeginn im November 2007 vom Oberverwaltungsgericht Bautzen festgelegt worden.

Die Stadt hatte die 1.300 Seiten umfassenden Unterlagen erstellt und Mitte 2021 bei der Landesdirektion eingereicht. Ende Juni kamen nun Fragen von ihr an die Stadt zurück, die jetzt beantwortet werden müssen. Erst dann kann das eigentliche Verfahren bei der Landesdirektion beginnen, teilt das Straßenbauamt mit.