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Dresdner wollen mit Mini-Windrädern an die Börse

Die Iqron GmbH plant noch in diesem Jahr den Börsengang in Paris. Mit dem Erlös hat sie einiges vor in Sachsen.

Von Nora Miethke
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Der Hersteller von Kleinwindanlagen iQron in Dresden hat seine erste Anlage in den Vereinigten Arabischen Emiraten installiert. Kunde ist die Emirates National Oil Company (ENOC) mit Sitz in Dubai.
Der Hersteller von Kleinwindanlagen iQron in Dresden hat seine erste Anlage in den Vereinigten Arabischen Emiraten installiert. Kunde ist die Emirates National Oil Company (ENOC) mit Sitz in Dubai. © Iqron

Seit zwei Jahren gilt die Firma Heliatek als Dresdens Börsenkandidat. Doch nun könnte ein Hersteller von Kleinwindanlagen namens Iqron mit gerade einmal drei Mitarbeitern ihr zuvorkommen.

„Wir streben den Börsengang noch in diesem Jahr an“, sagt Iqron-Chef Michael Eckelmann. Geplant ist er an der Pariser Euronext-Börse, konkret im Segment Access für Technologie-Start-ups. Warum Paris und nicht Frankfurt? Da hat der 45-Jährige eine klare Antwort: „Das Investitionsklima ist für kleine Unternehmen besser. Die Investoren sind einfach risikofreudiger als in Deutschland.“ Auch der Erfurter Halbleiterhersteller X-Fab hatte den Gang auf das Parkett an der Euronext 2017 gewagt und das erfolgreich. Das motiviert.

Iqron hat bislang vier Anlagen installiert – in Deutschland, der Schweiz, Südafrika und zuletzt in Dubai. Das Miniwindkraftwerk mit einer Leistung von fünf Kilowatt wurde auf dem Gelände der Weltausstellung Expo 2020 errichtet, die Corona-bedingt auf das nächste Jahr verschoben wurde. Iqron-Kunde Emirates National Oil Company (Enoc) will auf der Expo sein Projekt „Tankstelle der Zukunft“ präsentieren, die durch die Nutzung erneuerbarer Energien besonders emissionsarm funktionieren soll. Die Kleinwindturbine der Dresdner speist die erzeugte elektrische Energie in das Stromnetz der Tankstelle ein. Für Eckelmann, der in Freital aufgewachsen ist und nach einer Banklehre vier Jahre bei einem Venture-Capital-Fonds in Düsseldorf arbeitete, bis er 2010 nach Dresden zurückkehrte, ist der Auftrag in Dubai ein wichtiger Schritt. Er verspricht, wenn die Expo erst einmal läuft, große Aufmerksamkeit. 

Und Iqron hat sich viel vorgenommen. Das Unternehmen will in Sachsen eine Massenproduktion mit 50 Arbeitsplätzen aufbauen und jedes Jahr rund 4.000 Kleinwindanlagen weltweit verkaufen. Banken würden dafür vermutlich keinen Kredit geben, kann Iqron noch kaum Umsatz vorweisen. Um die ehrgeizigen Wachstumsziele dennoch umsetzen zu können, will die Eigentümerin, die Dresdner Wagniskapitalholding E2C3, 25 Prozent der Unternehmensanteile an der Börse verkaufen. Kalkuliert wird mit einem Emissionserlös von acht Millionen Euro. Davon sollen 4,5 Millionen Euro in den Aufbau der Produktion und des Vertriebs fließen und der Rest an E2C3, um in weitere Start-ups investieren zu können.

„Kleinwindturbinen sind nicht neu. Aber nur wir können sie serientauglich und in industrieller Qualität herstellen“, betont Eckelmann. Er ist fest davon überzeugt, für sie ausreichend Abnehmer gewinnen zu können. Die Kleinwindturbinen von Iqron mit einer Leistung von 2,5 bis sieben Kilowatt eignen sich für den Betrieb von Mobilfunkmasten oder von Wasserpumpen.

Sieht man in der Landschaft kaum

Fünf Millionen Funktürme weltweit gibt es schon und jeder zweite davon ist auf Strom aus erneuerbaren Energien ausgelegt. Allein in Deutschland sind 9.000 neue Mobilfunkmasten geplant. Für eine Deutsche-Telekom-Tochter hat Iqron an einem Testmast eine Kleinwindturbine installiert, über die 95 Prozent der benötigten elektrischen Energie erzeugt werden kann. Und die Stromkosten spielen eine immer größere Rolle. Was die Mobilfunkausrüster ein solches Miniwindkraftwerk am Mast kostet, will der Iqron-Chef nicht genau sagen. Grob gerechnet müssten sie rund 1.500 Euro pro installierter Nominalkilowatt-Stromleistung investieren. Laut Eckelmann ist das 50 Prozent weniger als die Konkurrenz verlangt. Weitere Vorteile seien, dass sich die Anlagen schnell montieren lassen und keinen Instandhaltungsaufwand verursachen. Für die Deutsche Telekom werden die Dresdner bis zu sieben Anlagen in Griechenland errichten sowie im Oktober einen Feldversuch südlich von Nürnberg starten. Die größten Märkte sieht der designierte Vorstandschef – Iqron befindet sich gerade im Umwandlungsprozess von einer GmbH zu einer AG – allerdings in Südafrika, Südamerika und in der Karibik, überall dort, wo die Energieversorgung schlecht ist oder der Strom noch über Dieselaggregate geliefert wird. So ist das Nachfüllen von Diesel zum Betrieb von Mobilfunkmasten sehr teuer und der Diebstahl von Diesel ein großes Problem. Der britische Netzausrüster Orange hat deshalb schon angekündigt, künftig ganz auf Diesel verzichten zu wollen. Kunden sind aber auch Hotels und Resorts, die immer mehr auf Nachhaltigkeit und klimafreundlichen Strom setzen.

Dass ihm die zunehmende Ablehnung von Mobilfunkmasten und Windrädern in der Bevölkerung einen Strich durch seinen Businessplan machen könnte, glaubt Eckelmann nicht. „Unsere Windräder haben einen Durchmesser von 4,40 Meter. Die nimmt man in der Landschaft kaum wahr“, sagt er. Und beim Mobilfunk ist der Börsennewcomer in spe optimistisch, dass sich die Telekommunikationskonzerne von der Skepsis nicht beeindrucken lassen. Die Covid-19-Pandemie werde die Digitalisierung beschleunigen und dafür müsse die technische Ausstattung eines Tages vorhanden sein, ist er sich sicher.