Dresden. Die Hoyerswerdaer Straße ist eine Unfallhäufungsstelle in Dresden. Das hat einen speziellen Grund. Die Kante zwischen Fahrbahn und Gleisbett ist nur leicht erhöht.
Immer wieder übersehen Rad- und Motorradfahrerinnen und -fahrer diese. Zuletzt ist dies dem Dresdner Pater Gautsch so ergangen, er erlitt heftige Verletzungen.
Was ist genau passiert?
Fünf Wochen lag Peter Gautsch in Dresden im Krankenhaus. Tiefe Fleischwunden, abgeschürfte Haut: Dass keine Knochen gebrochen sind, war reines Glück. Vier Operationen unter Vollnarkose und etliche weitere Behandlungen musste der 64-Jährige über sich ergehen lassen.
Gautsch ist Ende Juni mit seinem BMW C1-Roller auf der Hoyerswerdaer Straße unterwegs gewesen. Ungefähr vor der Hausnummer 34, nicht weit weg von der Straßenbahnhaltestelle Bautzner-/Rothenburger Straße der DVB, musste Gautsch einem Auto ausweichen. "Es hat plötzlich vor mir angehalten." Aber nicht, weil die Ampel umgeschaltet hat und eine Bahn im Rücken ankam, sondern komplett überraschend.
Gautsch schwenkt also um das Auto herum. Dann prallt sein Vorderrad gegen etwas, Gautsch stürzt schwer. "Ich habe nichts an der Seite gesehen", erinnert sich der Dresdner. Menschen sind auf Gautsch zugekommen, haben geholfen, einen Notarzt und die Polizei verständigt.
Dann begann Gautschs Odyssee der Operationen. "Die Polizeibeamten, die zu mir in die Klinik kamen, haben gesagt, dort stürzen ständig Zweiradfahrer", so das Opfer.
Handelt es sich um einen bekannten Unfallschwerpunkt?
"Die Örtlichkeit wurde von der Polizei als Unfallhäufungsstelle gemeldet", bestätigt die Stadtverwaltung Dresden auf Anfrage. In den vergangenen drei Jahren - also 2021, 2022 und 2023 - kam es dort zu fünf Unfällen mit Radfahrenden und dazu gab es jeweils einen Unfall mit motorisierten Zweirädern, also Motorrädern oder -rollern. In diesem Jahr stürzten laut Polizei zwei Radfahrende und eben Gautsch. Leichtere Fälle, die nicht gemeldet werden, sind nicht erfasst.
Die Stadt beschreibt die Unfälle mit Rollern so: "Diese fuhren meistens in Richtung Bautzner Straße und sind Kraftfahrzeugen in den Bahnkörper der Straßenbahn ausgewichen, die rechtswidrig auf der Fahrbahn hielten. Dabei kamen sie am Bord oder im Gleis zu Fall."
"Das provoziert geradezu Stürze"
Gautsch ist jetzt an die Stelle zurückgekehrt und hat sie erneut genau betrachtet. "Klar war es ein Fahrfehler von mir", gibt er zu. "Aber man sieht die Kante wirklich nicht. Das ist grob fahrlässig, so etwas zu bauen, das provoziert geradezu Stürze."
Wie reagieren die DVB?
DVB-Sprecher Falk Lösch wünscht Gautsch schnelle Genesung und bedauert, dass dieser sich beim Sturz verletzt hat. "Die etwas angehobene Gleistrasse der Hoyerswerdaer Straße ist ausschließlich der Straßenbahn gewidmet." Diese soll den sogenannten motorisierten Individualverkehr baulich von der Straßenbahn trennen und diene der Beschleunigung der Bahn.
Dann kommt das Entscheidende. "Das ist unter anderem auch ein Förderkriterium", so Lösch. Das bedeutet, die DVB haben nur Fördergeld erhalten, weil sie die Kante eingebaut haben.
Laut Lösch dürfen Radfahrende die Bahntrasse jedoch in Richtung Albertbrücke mit befahren. "Die Trasse ist breit genug, dass zwei Bahnen aneinander vorbeikommen und sollte demzufolge auch für Radfahrende ausreichen. Etwas schwierig ist die Tatsache, dass Straßenbahnen auf Schienen fahren und Radfahrende dort achtgeben müssen, um nicht in den Schienen zu stürzen."
In der Gegenrichtung gebe es laut Lösch einen "ausreichend breiten Fahrstreifen", der auch von Radfahrenden zu benutzen sei. "Hält man sich an die Straßenverkehrsordnung und das geltende Rechtsfahrgebot, passiert auch nichts. Im Zweifel muss man kurz warten oder als Radfahrender eben absteigen und über den Gehweg schieben."
Gibt es eine Lösung für das Problem?
Die Kante zu verändern, sei für die DVB keine Option. "Einfach die Kante der reinen ÖPNV-Trasse zu erhöhen, würde keine zusätzliche Sicherheit bringen. Im Gegenteil, damit würde die Unfallgefahr noch steigen. Außerdem hat man die niedrige, abgerundete Kante bewusst gewählt, um Einsatzfahrzeugen wie Sanitäter, Feuerwehr die Überfahrt zu ermöglichen."
Diese Gestaltung sei mit allen verantwortlichen Behörden und Ämtern abgestimmt. Verantwortlich für den Straßenbereich ist im Übrigen die Straßenverkehrsbehörde. Aus Sicht der DVB sei die Hoyerswerdaer Straße kein Unfallschwerpunkt. Eine ähnliche ÖPNV-Trasse gibt es beispielsweise auf der Lennéstraße.
Die Stadt teilt dazu mit: "Die Unfallkommission der Landeshauptstadt Dresden wird sich mit der Örtlichkeit beschäftigen und über Maßnahmen entscheiden."