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Dresdner Innenstadt-Handel am Scheideweg

Leerstehende Läden, weniger Kunden und ausbleibende Touristen - die Angst vor einer Verödung der Dresdner City ist groß. Was hat die Stadtpolitik vor?

Von Kay Haufe
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Bald sollen es wieder deutlich mehr Passanten auf den Straßen der Innenstadt werden. Es gibt Ideen, wie das gelingen kann.
Bald sollen es wieder deutlich mehr Passanten auf den Straßen der Innenstadt werden. Es gibt Ideen, wie das gelingen kann. © Sven Ellger

Dresden. Feierlaune an diesem Freitagnachmittag im QF an der Frauenkirche: Gleich zwei Läden eröffnen im Center neu. Der große Fashionshop La Boutique, seit 2017 hier ansässig, ist auf eine andere Fläche gezogen und zeigt sich nun mit völlig neuer Einrichtung und den aktuellen Modetrends auf 400 Quadratmetern. Dazu kommt ein neuer Anbieter: Die Bürstenmanufaktur des Blindenhandwerks Dresden bietet neben ihrem Geschäft an Pfunds Molkerei in der Neustadt jetzt auch an der Frauenkirche ihre Besen und Bürsten aus Naturmaterial an. Zwei Lichtblicke für die Dresdner Innenstadt, die weiterhin mit leerstehenden Läden und weniger Kunden zu kämpfen hat.

Centermanagerin Andrea Knabe ist froh, dass während der Pandemie keiner ihrer Mieter aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben musste. "Aber die Leute stehen nicht Schlange, um unsere leerstehenden Läden zu mieten", sagt sie. Dasselbe gilt für die Kundenfrequenz. Touristen sind momentan kaum in der Stadt, die Dresdner selbst sind zurückhaltend. Deshalb wären Veranstaltungen auf dem Neumarkt gut geeignet, wieder mehr Leben in die Innenstadt zu holen, sagt sie.

Centermanagerin Andrea Knabe (li.) mit Dagmar Lautner-Schreiber in deren neu eröffnetem Laden La Boutique.
Centermanagerin Andrea Knabe (li.) mit Dagmar Lautner-Schreiber in deren neu eröffnetem Laden La Boutique. © Marion Doering

Für Knabe sind die beiden Eröffnungen eine gute Gelegenheit, während zwei Modenschauen mit den Besuchern mit einem Glas Sekt anzustoßen. Ein erstes kleines Event nach den langen Corona-Einschränkungen.

Wie viele Innenstadt-Geschäfte stehen leer?

Auf der Prager Straße, am Hauptbahnhof, an der Seestraße und der östlichen Wilsdruffer Straße blicken Passanten in viele leere Schaufenster, auch in den beiden großen Einkaufscentern gibt es freie Läden. Rund zehn Prozent der Innenstadtläden sind unvermietet.

Die Stadt soll nun mithelfen, wieder mehr Leben in die City zu bringen, wie der Stadtrat vor wenigen Tagen beschlossen hat. Unter anderem mit der Kampagne "Ab in die Mitte", die vor allem die Dresdner ansprechen soll, aber auch durch ein aktives Leerstandsmanagement, das kommunal unterstützt werden soll. Außerdem sollen kurz- und langfristige Projekte zur Belebung im 26er-Ring beitragen.

Wie soll der Leerstand bekämpft werden?

Klar ist den Stadträten, dass eine attraktive Innenstadt nicht nur etwas mit funktionierendem Handel und Gastronomie zu tun hat, sondern auch mit Aufenthaltsqualität, sprich begrünten Frei- und Spielflächen. Um mehr davon zu schaffen, soll geprüft werden, welche städtebaulichen Maßnahmen zur Belebung beitragen könnten, um die Dresdner, vor allem Kinder und Familien, in die City zu holen.

Für Grünen-Stadtrat Thomas Löser, der auch im sächsischen Landtag sitzt, ist die geplante Umgestaltung der Kreuzstraße ein gutes Beispiel dafür, wie ein Bereich mit Bäumen und breiteren Fußwegen aufgewertet werden kann. "Wir sollten uns keine toten Flächen mehr leisten, wie sie mit der Bebauung hinter dem Altmarkt entstanden sind, und alle Bereiche dahingehend unter die Lupe nehmen", sagt er. Leerstehende Läden könnten auch als Arbeitsflächen für Start-ups oder Bürogemeinschaften dienen.

Zudem sollte es Gespräche mit den Ladeneigentümern über niedrigere Mieten geben. "Ich versteh nicht, weshalb es besser sein soll, kein Geld zu bekommen, als wenigstens etwas."

Gehen die Center bereits mit ihren Mieten runter?

Centermanagerin Andrea Knabe hat zu der Forderung, die Mieten zu mindern oder ganz zu erlassen, eine klare Haltung. "Unsere Gesellschafter sitzen in Holland, wir können nicht frei entscheiden, für wie viel Geld wir unsere Flächen vermieten", sagt sie. Ähnlich gehe es auch allen anderen Centern. "Für seine Mieter muss jeder selbst kämpfen."

Doch gemeinsam könne man mit Aktionen wie dem Late Night Shopping für Anreize sorgen, dass Dresdner und Gäste gern in die Stadt kommen, statt den Klick bei der Online-Bestellung zu machen. Künftig soll es mehr solcher Veranstaltungen geben. Knabe selbst plant alle zwei Monate After-Work-Partys zu den Themen Mode, Beauty, Accessoires und Schmuck. "Natürlich würden uns auch weitere verkaufsoffene Sonntage helfen. Aber damit tut sich der Stadtrat ja sehr schwer."

Haben die Corona-Regellockerungen bereits einen Effekt erzielt?

Erst von 2G zu 3G zu 0G, jetzt der Wegfall der Maskenpflicht: Die Rahmenbedingungen für Dresdens Händler werden wieder etwas einfacher. Citymanagerin Friederike Wachtel sieht, dass bereits wieder mehr Menschen in die Innenstadt kommen. "Es geht Stück für Stück in die richtige Richtung."

Tatsächlich sind am 26. März, einem Samstag, knapp 53.000 Passanten auf der Prager Straße gezählt worden. Dies entspricht bereits in etwa den Höchstwerten, die im vergangenen Jahr erzielt wurden, damals allerdings erst im Hochsommer, als das Feriengeschäft boomte. Das geht aus den Zahlen der Plattform Hystreet.com hervor, die zwischen Karstadt und The Student Hotel eine Zählstelle betreibt.

Allerdings sei man von Passantenfrequenzen der Vor-Corona-Zeit noch weit entfernt, so Wachtel. Das könne sich aber ändern, wenn ab diesem Sonntag, 3. April, die neue Corona-Schutzverordnung gilt, mit der die Maskenpflicht entfällt. Dann werden auch wieder mehr Touristen in der Stadt erwartet.

Dass sich trotz der schwierigen Situation wieder Unternehmen in der Innenstadt ansiedeln, ist auf der Wilsdruffer Straße zu sehen, wo ein großes Küchenstudio und ein Bio-Imbiss eröffneten. Lego hat einen neuen Store in der Altmarktgalerie, in der Centrum Galerie hat sich ein Blutspendezentrum des DRK angesiedelt.