Herbstmarkt: So wollen Händler die Dresdner auf den Neumarkt holen

Dresden. Es ist eine Premiere für den Herbstmarkt: Erstmals findet er ab diesem Freitag auf dem Neumarkt statt. Ein Ort, den viele Händler zunächst mit Touristen verbinden, weniger mit dem Dresdner Publikum, sagt Stefan Heilig, der Abteilungsleiter kommunale Märkte bei der Stadt. Doch die Befürchtung, dass sich kein Dresdner hierher verirren könnte, werde sich nicht bewahrheiten. Das habe schon der Frühjahrsmarkt bewiesen, der hier stattfand, weil auf dem Altmarkt derzeit gebaut wird.
68 Händler und Gastronomen laden ein
Obwohl durch die Corona-Pandemie Händler aufgeben mussten und sich manche auch altersbedingt zurückgezogen haben, sei die Bewerbungslage für den Herbstmarkt sehr gut gewesen, sagt Heilig. 68 Händler sind jetzt auf dem Platz zu finden, die Hütten sind in verschiedenen Gassen aufgebaut. Ein Drittel der Händler bietet Kulinarisches an, zwei Drittel verkaufen zum Beispiel Spielwaren, Bürsten, Erzgebirgische Volkskunst, Handtaschen oder auch Bekleidung. "Auf dem Altmarkt waren es sonst zehn bis 15 Händler mehr, aber da ist auch mehr Platz", sagt Stefan Heilig.
In der Nähe der Frauenkirche bauen nun auch Weingüter ihre Stände mit Tischen auf - wie das Weingut Hoflößnitz aus Radebeul oder Keth aus Offstein in Rheinland-Pfalz. Geöffnet hat der Herbstmarkt vom 9. September bis 3. Oktober jeweils von 10 bis 19 Uhr. Die Eröffnung am Freitag startet um 12 Uhr. Am Samstag wird traditionell um 13 Uhr ein Fass Bier angestochen.
Großes Bühnenprogramm bezieht auch Tschechen ein
An den Wochenenden begleitet Livemusik das Markttreiben. Die Palette reicht von Rock, Pop, Soul und Funk bis hin zu karibischen Rhythmen. Das Wochenende vom 17. und 18. September steht im Zeichen des in Dresden so beliebten Dixielands. Diesmal werden aber auch die tschechischen Gäste direkt einbezogen und das nicht nur über tschechische Künstler. Petr Kumpfe von Radio Liberec moderiert das Programm gemeinsam mit Silvio Zschage vom MDR zweisprachig.
Außerdem lädt die Bäckerinnung am 10. und 11. September zum Tag des Brotes ein, zum Europäischen Pilztag am 24. September wird es eine Ausstellung mit Pilzberatung geben. Ein kleiner Keramikmarkt komplettiert das Programm vom 1. bis 3. Oktober.
Sorge um Energiepreise und Personalnot
Stefan Heilig kennt die Probleme der Händler. Das sei vor allem der Personalmangel, fehlender Nachwuchs für den Betrieb und Sorge um steigende Energie- und Rohstoffpreise. In einigen Punkten kann er diese lindern. So sind die Strompreise für die Händler zum Herbstmarkt fix, die Landeshauptstadt hat den Strom schon vorher zu bestimmten Bedingungen eingekauft. "Hinzu komme, dass die meisten Standbetreiber bereits auf LED-Beleuchtung ungestellt haben, die deutlich weniger Energie verbrauche. "Und wir nutzen Propangas in Flaschen, ein Abfallprodukt aus der Industrie", sagt Gastronom Heiko Meyer, der in Dresden erst den Altmarktkeller betrieben hat und jetzt das Restaurant "Platzhirsch" an der Schloßstraße.
Doch seit rund 30 Jahren ist Meyer auch mit seinem Gastro-Stand "Platzhirsch", der früher die "Stiefelschänke" war, auf den Märkten der Stadt und ringsum zu finden. "Ich persönlich arbeite schon seit vielen Jahren mit Stammpersonal, das hält mir auch die Treue. Und Studenten kommen als Aushilfen dazu. Das klappt gut", sagt Meyer. Doch er weiß von vielen anderen, die händeringend Mitarbeiter suchen.
Was den Neumarkt anbelangt, sieht er mehr Chancen als Schwierigkeiten. "Die Leute wollen raus, sich amüsieren, gemütlich zusammensitzen, das können sie alles auf dem Neumarkt. Und für die angrenzenden Händler und Gastronomen sind wir eine Chance, denn unsere Besucher gehen ja nach 19 Uhr nicht alle nach Hause."

Händler-Probe-Angebot für ein Wochenende
Um neue Händler zu interessieren, geht das städtische Marktamt neue Wege. "Wir bieten Händlern an, an einem Wochenende ihren Stand aufzubauen und auszutesten, ob ihr Produkt angenommen wird und ausreichend Kunden kommen", sagt Stefan Heilig. An den Standgebühren selbst könne nur der Stadtrat etwas verändern, die seien aber für den Herbstmarkt seit vielen Jahre stabil und äußerst moderat.
Alteingesessene: Über 1.000 Holzschnitz-Artikel
Seit 25 Jahren ist Ulrich Pötschke mit seiner Erzgebirgischen Holzkunst auf dem Herbstmarkt vertreten. Bis vor sieben Jahren hatte er in Seiffen und Dresden eigene Herstellerfirmen, heute ist er nur noch Händler. "Der Markt ist enorm wichtig für uns alle, zweieinhalb Monate vor dem Advent. Da kaufen die Leute schon gut. Und wir wissen ja nicht, wie es sich mit Corona im Herbst entwickelt", sagt der 67-Jährige.
Über 1.000 Artikel gibt es an seinem Stand, verpackt in 40 Kisten. "Da brauche ich für den Verkauf Profis, die genau wissen, wo was liegt." Das gehe nur mit geschultem Personal. Er kann dafür auf eine ehemalige Mitarbeiterin und eine langjährige Aushilfe zurück greifen. Die Nachwuchssorgen bei den Holzschnitzern im Erzgebirge kennt er gut. "DIe jungen Leute sind nicht mehr so für einen ganzen Tag in der Werkstatt zu begeistern. Das funktioniert meist nur in Familienbetrieben, die dann übernommen werden."

120 Jahre Familientradition mit Riesenrad
Ein Lächeln huscht Bernd Schubert übers Gesicht. Bald ist der Aufbau des Riesenrades geschafft. Seit 120 Jahren ist es in Familienbesitz, Urgroßvater August Schubert aus Seifhennersdorf hat es zuerst drehen lassen. Seit Jahrzehnten ist Bernd Schubert damit auf dem Dresdner Herbst- und auch auf dem Striezelmarkt. "Nostalgie geht dort besonders gut, da kann man nicht mit modernen Fahrgeschäften kommen." Kinder wie Senioren zählen zu seinen Kunden, immer gut gelaunt.

Sorge macht ihm indes die Personalfrage. "Wenn meine Schwiegersöhne nicht immer mithelfen würden und ich dann oft noch kurzfristig Aushilfen finde, wäre es schwierig. Stammpersonal ist nicht zu bekommen", sagt der Schausteller in 4. Generation. Den Riesenrad-Betrieb sichern er und seine Frau im Kassenhäuschen.