Ende eines Trends? Erster Unverpacktladen in Dresden gibt auf

Dresden. Mitten im ersten Lockdown hatten Kevin Brüser und Thomas Felsch im Frühjahr 2020 Dresdens vierten Unverpacktladen eröffnet. Im Stadtteil Löbtau, in dem viele junge Familien und Studenten wohnen, gibt es genug Kundschaft, die das Konzept begeistert und die für unverpackte, also plastikfreie Lebensmittel in Bio-Qualität auch gern mal etwas tiefer in die Tasche greifen - so die Geschäftsidee, die zugleich eine Herzensangelegenheit der beiden Betreiber ist. In Zeiten, in denen eine Krise die nächste jagt, ging das Konzept zumindest in Löbtau nicht auf.
Letztlich hat sich das Geschäft nicht so entwickelt wie erhofft, sodass das "2Gut" an der Schillingstraße zum Ende dieses Monats schließt. Das teilt Geschäftsführer Thomas Felsch in den sozialen Netzwerken mit und kündigt zugleich ein Abschiedsfest am 23. September an. Noch bis zum 29. September werden außerdem viele Produkte im Laden zu reduzierten Preisen angeboten.
Persönlich will sich Thomas Felsch zur Schließung nicht äußern. "Wir haben alle gehofft, es würde nicht so weit kommen, doch unsere Befürchtungen werden nun Realität", ist auf der "2Gut"-Seite auf Facebook und Instagram zu lesen.
Dass die Geschäfte schon länger nicht gut laufen, ist nicht neu, sondern war bereits zum Jahresanfang ein großes Thema in der Branche. Sächsische.de berichtete darüber, wie die meisten Unverpacktläden - nicht nur in Dresden, sondern deutschlandweit - mit der Zurückhaltung ihrer Kunden und um ihre Existenz kämpfen.
Allein im ersten Quartal dieses Jahres haben elf Unverpacktläden in Deutschland geschlossen, wie der Unverpackt-Verband mitteilte. Inzwischen dürften weitere hinzugekommen sein. Warum das Geschäft im vergangenen Jahr so plötzlich eingebrochen ist - darüber herrscht in der Branche weitgehend Ratlosigkeit.
Nun folgt also die erste Geschäftsaufgabe in Dresden. Doch wie ist die Lage in den anderen Geschäften, die auf das Unverpackt-Konzept setzen? Viele Ladenbetreiber, darunter auch Brüser und Felsch - haben sich etwas einfallen lassen, um wieder mehr Kunden für das Konzept zu begeistern.
Im "2Gut" kam im vergangenen Jahr ein Imbisswagen mit Mittagsgerichten hinzu, es fanden Kuchenaktionen und kleine Konzerte statt. Im Juni wurden aufgrund der angespannten Lage die Öffnungszeiten angepasst, montags blieb das 2Gut seitdem geschlossen, einige Produkte wurden aus dem Sortiment gestrichen.
Insolvenz im Juni
Auch Dresdens Unverpackt-Pionierin Berit Heller, die seit 2015 das "Lose" in der Neustadt betreibt, klagte Anfang des Jahres darüber, dass sich das Geschäft nach der Corona-Krise nicht erholte, die Kunden fehlten, neue Ideen wurden gesponnen. Ob Rabattaktionen, Einpackservice, mehr Werbung in den sozialen Netzwerken oder fertig gefüllte Obstkisten - auch die Betreiber des "Quäntchens" in Pieschen oder des "Binnes Unverpackt" in Striesen blieben nicht tatenlos. Im August vermeldete Berit Heller immerhin, dass wieder mehr Stammkunden ins "Lose" zurückgekehrt seien.
Für das "2Gut" ging die Geschichte - trotz enormen Herzblutes und neuer Strategien - nicht gut aus. Am 11. Juni teilt Thomas Felsch mit, dass sich sein Mitstreiter Kevin aus dem Geschäft zurückgezogen hat. Das "2Gut" ist zu diesem Zeitpunkt bereits insolvent.
Felsch erklärt die Hintergründe: "Die ganzen negativen Auswirkungen von Corona und die enormen Preissteigerungen durch die aktuelle Ukraine-Krise machen es mir jedoch unmöglich, wirtschaftlich so weiterzumachen. Leider ist es jetzt zu einem Punkt gekommen, wo ich gezwungen bin, für den Geschäftsbetrieb Insolvenz anzumelden." Dennoch hofft er, dass der Laden mit seinen vier Mitarbeitern weiterläuft.
"Das bedeutet natürlich noch nicht das Ende", schreibt er im Juni. Nun ließ es sich doch nicht abwenden.
"Traurig, dass das Konzept nicht angenommen wurde"
Die Reaktionen auf die angekündigte Schließung zeigen, dass viele Dresdner das Angebot des "2Gut" in Löbtau vermissen werden. "Das '2Gut' war ein echt tolles Fleckchen in Löbtau", scheibt ein Nutzer. Ein anderer hat die Gründe für die Insolvenz ausgemacht: "Sehr schade. Ich finde es sehr traurig, dass das Konzept des Unverpackt Ladens nicht so von der breiten Masse angenommen wird, wie gehofft."
Die, die als Stammkunden treu waren, müssen nun mit den Folgen leben. "Ich habe vorhin mit meiner Tochter überlegt, was wir alles nicht mehr unverpackt kaufen können", schreibt ein Vater. Und eine Dresdnerin, die offenbar in Löbtau wohnt, meint: "Voll schade! Wieder nix mit 'Unverpackt' hier in der Nähe." Selbst ein Unverpacktladen aus Düsseldorf nimmt Anteil: "Richtig schade, tut uns leid."
Auch "Bio Company" am Postplatz schließt
Schließen wird aber nicht nur das "2Gut", sondern auch eine Filiale des Berliner Unternehmens "Bio Company". Vor dem Geschäft am Postplatz werden die Kunden auf einem Schild darauf aufmerksam gemacht, dass der Markt zum 8. Oktober schließt. Zu den Hintergründen ist nichts zu lesen.

Die anderen beiden Filialen in Tolkewitz und in der Neustadt sind davon offenbar nicht betroffen. Im Markt selbst kann auf SZ-Anfrage niemand darüber Auskunft geben, eine Anfrage in Berlin ist bislang unbeantwortet.
Das Unternehmen setzt seit einigen Jahren ebenfalls auf das plastikfreie Unverpackt-Konzept, etliche Waren füllen sich die Kunden direkt vor Ort ab.