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Warum der Handel auf der Dresdner Hauptstraße nicht gut funktioniert

Während die Dresdner Altstadt auch von der steigenden Touristenzahl profitiert, kommen deutlich weniger Besucher auf die Hauptstraße und in das Barockviertel. Eine Analyse der Ursachen.

Von Kay Haufe
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Es könnten mehr Gäste auf die Dresdner Hauptstraße und in das benachbarte Barockviertel kommen.
Es könnten mehr Gäste auf die Dresdner Hauptstraße und in das benachbarte Barockviertel kommen. © Christian Juppe

Dresden. Zu DDR-Zeiten war er neben der Prager Straße der Vorzeigeboulevard der Stadt, hier bummelten Dresdner und Gäste unter großen Platanen, gingen einkaufen oder zum Essen in die Restaurants. Doch was bis zur Wende auf der 1979 vorwiegend mit Plattenbauten fertiggestellten Straße der Befreiung gut funktionierte, gestaltet sich heute zunehmend schwieriger. Zwar ist die Hauptstraße, wie die Fußgängermagistrale seit 1991 wieder heißt, immer noch attraktiv, doch ihre Händler leiden unter zahlreichen Problemen. Ähnlich wie die im benachbarten Barockviertel.

Welche Ursachen es gibt und wie die behoben werden könnten, wurde im neuen städtischen Einkaufs- und Zentrenkonzept von der Stadtplanungsgesellschaft "Stadt + Handel" untersucht. Die Probleme und Lösungsvorschläge.

Problem 1: Die Elbe als Barriere

Die Entwicklung der Inneren Neustadt rund um den Hauptstraßen-Boulevard und das angrenzende Barockviertel habe in den vergangenen Jahren hinsichtlich ihrer zentralen Versorgungsfunktion stagniert, stellen die Analysten fest. "Die Situation ist nicht als schlecht, aber suboptimal zu bezeichnen."

Die Elbe stelle insbesondere für Touristen eine Barriere dar, die Entfernung von der Altstadt werde "als grenzwertig empfunden". Zudem fehle es vor allem dem Barockviertel an Sichtbarkeit als interessantes Ziel von der Altstädter Seite aus. Die Besucherströme von der Alt- in die Neustadt seien deutlich ausbaufähig, was sich auch an den vergleichsweise niedrigen Passantenfrequenzen ablesen lasse.

Problem 2: Sortiment zu touristisch, aber die Gäste fehlen

Im Gegensatz zur Altstadt könne die Innere Neustadt nur wenig von der überwiegend positiven Entwicklung des Handels profitieren, wird in der Untersuchung zusammengefasst. Zwar sei auch rechts der Elbe die Bevölkerungszahl in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das Angebot der Inneren Neustadt, speziell des Barockviertels, sei jedoch stärker auf Touristen und weniger auf die Versorgung der ansässigen Bevölkerung fokussiert. Von der gewachsenen Touristenzahl profitiere bislang jedoch hauptsächlich die Altstädter Seite. Zwischen Januar und Juni dieses Jahres sind in Dresden genau 673.674 Übernachtungsgäste gezählt worden, dreimal so viele wie im ersten Halbjahr 2021. Doch die haben sich offenbar hauptsächlich rund um die Sehenswürdigkeiten der Altstadt bewegt, was auch an der relativ kurzen Aufenthaltsdauer von 2,2 Tagen liegen könnte.

Problem 3: Konkurrenz durch den Neumarkt

Der fast ausschließlich kleinteilige und überwiegend dem oberen Preissegment zugehörige Facheinzelhandel der Inneren Neustadt bilde einen Kontrapunkt zu den großformatigen Einkaufszentren, Fachmärkten und dem Warenhaus auf der Altstädter Seite, was sehr positiv sei. Diese Angebote „wollen“ nach Angabe der Analysten vorzugsweise zu Fuß „entdeckt“ werden. Die Parkmöglichkeiten seien aufgrund des allgemeinen Parkdrucks rund um Haupt- und Königstraße sowie fehlender privater Parkhäuser oder Tiefgaragen aber begrenzt, was das Einkaufen mit dem Auto in der Inneren Neustadt wenig attraktiv mache.

"Mit der Entwicklung des Neumarkts gibt es inzwischen jedoch hinsichtlich Größe, Betriebsform, Sortiment und Preis ein vergleichbares Angebot auch auf Altstädter Seite, sodass mit dieser noch neuen Konkurrenz zusätzliche Herausforderungen auf die Neustädter Händler und Dienstleister zugekommen seien", heißt es im Gutachten.

Problem 4: Markthalle von Kunden abgeschnitten

Sie ist ein architektonischer Blickfang und der Nahversorger im Viertel, dennoch leidet die Neustädter Markthalle seit Jahren unter großem Leerstand. Die Gründe hierfür sehen die Experten im Wesentlichen in der deutlich gewachsenen Konkurrenz in der Nachbarschaft wie dem Einkaufszentrum mit Edeka, Aldi und Rossmann am Albertplatz sowie mit Rewe und der Drogerie DM an der Bautzner Straße.

Doch auch die unbefriedigende Zugänglichkeit von der Albertstraße und die mangelnde Sichtbarkeit zur Hauptstraße trügen zur schwierigen Situation bei. "Durch die trennende Wirkung der Albertstraße mit ihren parallel verlaufenden, teilweise abgezäunten Straßenbahngleisen wird die Hauptstraße und damit auch die Markthalle vom östlich benachbarten Wohn- und Regierungsviertel mit den dort lebenden und arbeitenden potenziellen Kunden weitgehend abgeschnitten", heißt es im Gutachten. Seit 2017 gibt es auf der Albertstraße zwei Ampeln, über die Fußgänger die Straße in Höhe der Markthalle überqueren können. Die könnten helfen, dass noch mehr Kunden aus der östlichen Inneren Neustadt in die Läden mit weniger touristischem Angebot auf der Hauptstraße kommen.

Lösungsansatz 1: Augustusbrücke intensiviert Ströme

Damit die Innere Neustadt ihre Funktion als Teil der Innenstadt entwickeln und ausbauen kann, seien bauliche Aktivitäten von privater und öffentlicher Hand notwendig, sagen die Analysten. Besonders positiv werde sich die in diesem Jahr fertig sanierte Augustusbrücke auswirken, die weitgehend nur für Fußgänger und Radfahrer sowie den öffentlichen Nahverkehr freigegeben ist. Das werde die Passantenströme zwischen Alt- und Neustadt intensivieren.

Auch die ebenerdige Querung der Großen Meißner Straße sei wesentlich benutzerfreundlicher als der vorherige Fußgängertunnel. Mit der geplanten städtebaulichen Entwicklung des Königsufers entlang der Großen Meißner- und Köpckestraße sowie der Sanierung des Neustädter Marktes sei zudem eine deutliche Aufwertung dieses prominenten Bereichs geplant, was auch mehr Besucher in den Bereich holen werde. Hoffnungen setzen die Gutachter auch in den Bau neuer Wohnungen wie auf der Theresienstraße, am Palaisplatz sowie auf der Heinrichstraße/Ecke Rähnitzgasse, die mehr Kunden ins Viertel bringen werden.

Lösungsansatz 2: Deutlich mehr Marketingaktionen

Neben baulichen Veränderungen brauche es auch marketingtechnische Aktionen. Private Initiativen wie der Handels- und Kulturverein Hauptstraße oder der Verein Dresdner Barockviertel Königstraße, die jedes Jahr mehrere themenbezogene Veranstaltungen und Festivitäten für das Viertel organisieren, würden mit ihren Marketingaktionen wie der Cocktailnacht oder dem Hauptstraßenfest bereits zur Belebung des Viertels beitragen. Nötig seien aber auch Bemühungen, verstärkt auf das Barockviertel hinzuweisen, was vom Neustädter Markt aus nicht sichtbar ist.