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So reagiert das Netz auf den hässlichen Weihnachtsbaum in Dresden

Ein Weihnachtsbaum auf dem Dresdner Neumarkt sorgt mit seinem Aussehen für Aufsehen, Verständnis und Mitgefühl. Was die Leser von der lichten Fichte halten.

Von Claudia Schade
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Auch nicht so schöne Bäume haben eine Chance verdient. Darin sind sich die meisten User auf Social Media einig.
Auch nicht so schöne Bäume haben eine Chance verdient. Darin sind sich die meisten User auf Social Media einig. © dpa/Daniel Schäfer

Direkt vor der Dresdner Frauenkirche sollte eine meterhohe Fichte dem Advent auf dem Neumarkt eigentlich besonderen Glanz verleihen. Doch das wird diesem Exemplar aus Sachsen nicht gelingen. Denn dort, wo andere Bäume Äste und Nadeln haben, herrscht bei dieser lichten Fichte an vielen Stellen gähnende Leere.

Der ein oder andere Passant ärgerte sich bereits über den kahlen Baum. Doch nach einer Veröffentlichung der dürren Tatsachen auf den sozialen Medien von Sächsische.de gibt es nun viel Sympathie. Verständnis und Mitgefühl überwiegen, ist doch der Baum nicht aus eigenem Antrieb so dünn bekleidet und lichtdurchflutet, sondern weil es in Sachsen lange nicht ausreichend geregnet hat.

Viel Liebe für die lichte Fichte

„Ist halt ein liebenswertes Exemplar mit Charakter.“ Oder: „Nicht alles dreht sich immer nur um Schönheit“, sind sich grit_li13 und Sanne auf Tiktok sicher. Magdalena.linke schreibt auf Instagram: „Wir geben auch nicht so schönen Bäumen eine Chance.“

Viel Liebe schicken auch andere User. So schreibt einer auf Instagram: „Jeder Baum hat eine Chance verdient.“ Ein anderer fordert: „Wo bleibt die Toleranz? Kann nicht jeder hoch und gut gebaut sein.“ Das sollte nicht nur für Bäume gelten. Ähnlich sieht es ulriketetzner auf Instagram: „Vielleicht ist Dresden ja auch weltoffen und meint, Schönheit liege im Auge des Betrachters. Wäre super, denn auch nicht jeder Mensch ist perfekt.“ Ingo Wobst freut sich auf Facebook, „dass Dresden ein Herz für behinderte Weihnachtsbäume hat.“

Etwas abgeklärter klingt es bei Fehts Danino auf Tiktok so: „Naja, jeder Baum ist auf seine Art schön.“ Und Heiner Grau ist sich auf Facebook sicher: „Er ist ein Symbol. Für was, bleibt vorerst unklar.“

KC Halle äußert auf Tiktok einen schlimmen Verdacht: „Einfach den vom letzten Jahr aufgestellt.“ Diese Annahme teilen auch andere. Wie auch die Vermutung: „Wir müssen sparen.“

Spott und Mitleid für die Dresdner

Spott und Mitleid gibt es für die Dresdner auch. TinaCo.official schreibt auf Tiktok: „Haha .. in Bayern haben wir schöne Bäume.“ Und eine andere weiß zu berichten: „Selbst bei mir im Dorf ein paar Kilometer weiter steht ein wunderschönes Bäumchen.“

Billy-MUC vermutet ein Muster: „Unglaublich, die Dresdner wieder“. Oder auch Marco Böhme: „Jede Stadt verdient den Baum, den sie wert ist.“ Er hält anscheinend nicht viel von Dresden. Und da stellt sich die Frage: Gilt diese Annahme auch für die Hauptstadt? Peterweiland207 weiß nämlich zu berichten: „Die Berliner holen die besten und größten bei uns in Thüringen ab.“

Wo andere Bäume Äste und Nadeln haben, ist hier ein lichtdurchflutetes Nichts.
Wo andere Bäume Äste und Nadeln haben, ist hier ein lichtdurchflutetes Nichts. © xcitepress/Benedict Bartsch

Dass Dresden mit solchen Problem(chen) nicht allein steht, schreibt Martina auf Tiktok: „Frankfurt a.M. ist der schlimmste seit Jahren.“ Und dass es noch schlechter geht, zeigt Max.fdb auf: „Wesel hat eine Stahltanne“, schreibt er. „Dieser Baum ist wenigstens ein richtiger Baum.“ Da sag noch mal einer, wir hätten es mit der lichten Fichte nicht auch gut getroffen.

Der generelle Gesundheitszustand ist ebenfalls ein Thema. „Ist er geimpft?“, fragt yolkay14, und wir verstehen das hier mal scherzhaft und nicht politisch.

Praktische Hilfe und Kindheitserinnerungen

Praktische Hilfe gibt es von facepalmhumans auf Tiktok: „Können doch wie früher mehrere nehmen und einen guten draus basteln“, schlägt er vor. Andere User sind der Meinung, man solle gleich einen Baum auf den Platz pflanzen. Er wird ja jedes Jahr wieder gebraucht.

Mehr Schönheit wünscht sich Sommerkind 65: „Ja, es ist nicht schön mit der Trockenheit, aber Leute, es ist Weihnachten und da muss das doch nicht sein. Wir haben zurzeit sowieso nichts zu lachen.“

Luxemburg 939 hat sogar Erinnerungen an seine Kindheit durch diesen Baum wiederaufleben lassen: „Den Tannenbaum habe ich mal im Kindergarten gemalt. Er wurde Wirklichkeit“, freut er sich.

Kahl und nackt steht die Fichte mitten auf dem Dresdner Neumarkt. Sie sollte dem Weihnachtsmarkt dort eigentlich einen besonderen Glanz geben.
Kahl und nackt steht die Fichte mitten auf dem Dresdner Neumarkt. Sie sollte dem Weihnachtsmarkt dort eigentlich einen besonderen Glanz geben. © xcitepress/Benedict Bartsch

Apropos Erinnerungen: Bei manchen Lesern taucht „Rupfi“ wieder auf. Das ist der Baum, der in Erfurt vor einigen Jahren wegen eines ähnlich traurigen Aussehens diesen hübschen Kosenamen bekam. Kai Geissler vermutet auf Tiktok sogar, dass es sich um dasselbe Exemplar handeln könnte. Wir werden das mit allem gebotenen Eifer recherchieren.

Anna_conda1106 erinnert sich auf Instagram an eigene Weihnachtsbäume: „Manchmal musste man zwei zusammenbinden und Äste ranbasteln, damit das überhaupt nach was aussah.“

Dichter, Lametta und Haarvergleiche

Auch mancher Poet outet sich zu dem Thema, so wie darkchris-slainte_onFYP auf Tiktok: „ Im dichten fichtendichtig wachsen Fichten düchtig.“ Andere machen gemeinsam Poetry Slam auf Instagram. „Wir haben einen Weihnachtsbaum, an dem ist nichts zu tadeln…“, schreibt einer. Und wird ergänzt von einem anderen: „Natürlich, Äste hat er kaum und auch fast keine Nadeln.“

Und bei schnitzelsosse gibt es auf Tiktok Vergleiche zum menschlichen Hauptwuchs. Er schreibt: „Da muss ich gleich an meine Haare aufm Kopf denken.“

susanne_zu_leipzig ist sich sicher: „Da braucht es aber ordentlich Lametta.“ Und new_facex weiß ganz im Sinne von Loriot: „Früher war mehr Lametta.“

Nachdenkliche Stimmen zum Zustand des Waldes

Es mischen sich auch viele nachdenkliche Töne in die Diskussion. So schreibt Teleskopia auf Tiktok: „Ich finde es gut. Die Realität holt uns alle ein. Kann zum Nachdenken anregen. Die nächsten Jahrzehnte werden nicht besser.“ Memyselfandi4998 findet „die Aktion super, geht doch mal durch die Wälder hier in Sachsen … die Wälder sehen furchtbar aus.“ Jeanne Fa meint dazu auf Facebook: „Ich find den Baum toll. Gute und mutige Idee, sich für einen regionalen, normalen Baum zu entscheiden.“

„Das wahre Leben“, beschreibt es donataporstmann auf Instagram und ergänzt: „Warum soll auf einem Weihnachtsmarkt nicht das Dilemma des Waldes deutlich sein?“

Einige finden, es sollte gar keine Bäume auf den Weihnachtsmärkten geben. „Sie gehören in den Wald“, ist Mischief auf Tiktok überzeugt.

Und Quarkstrudelxl ordnet die Bedeutung dieser Diskussion auf Instagram ein: „Wichtig ist, dass hier Frieden herrscht. Welch Luxus, wenn wir über die Schönheit oder nicht Schönheit von Weihnachtsbäumen diskutieren können.“

Plastische Chirurgie soll nun helfen

Immerhin will Mensch dem Baum nun helfen und hat eine Art OP der plastischen Chirurgie vorgenommen. Mit Hilfe von Schrauben wurden zusätzliche Äste im Stamm verankert. So manche Schönheits-OP beim Menschen soll ja schon mal schiefgegangen sein. Zur Not trinkt man sich den Baum einfach mit Glühwein schön.

Und dann ist da noch N.K. auf Tiktok, die unser Herz gerührt hat. Sie schreibt: „Ich nehme auch immer den hässlichsten, krummen mit nach Hause. Weil er mir so leidtut. Er sollte nicht umsonst sterben.“