Dresden. Die Sanierung der Carolabrücke war fast geschafft – ab 2025 sollte der Teil der Brücke erneuert werden, der in der Nacht zum Mittwoch fast zur Hälfte eingestürzt ist. In ihrer heutigen Form steht die Carolabrücke erst seit 1971.
Bereits ihre Entstehung und ihre Fertigstellung zum achten SED-Parteitag waren politisch geprägt. Ein Blick zurück in die Geschichte der Elbquerung:
Der Ursprung: Königin-Carola-Brücke 1952 gesprengt
Die moderne Spannbetonbrücke ist errichtet worden, da die nach Königin Carola benannte Sandsteinbogenbrücke am Ende des Zweiten Weltkriegs stark beschädigt war. Die 326 Meter lange Königin-Carola-Brücke wurde als vierte Dresdner Elbebrücke zwischen 1892 und 1895 gebaut. Sie verband den damaligen Amalienplatz in der Altstadt mit dem Neustädter Königin-Carola-Platz.
Am Abend des 7. Mai 1945 sprengte die Waffen-SS insgesamt vier Bögen. Damals rückten bereits russische Truppen aus Richtung Albertplatz zur Carolabrücke vor. Wegen dieser starken Zerstörungen wurde sie nicht wieder aufgebaut. Pfeiler und ein Teil der Stahlkonstruktion standen aber noch.
Anfang 1952 demontierten Bauarbeiter Teile der Brücke. Am 7. März 1952 wurden die Bogenträger gesprengt und die Stahlteile letztlich aus der Elbe geholt.
Der Neubau: Spannbetonbrücke zum VIII. SED-Parteitag übergeben
Die Stadt plante danach, zwischen den beiden benachbarten Sandsteinbogenbrücken, eine Spannbetonbrücke zu errichten. 1967 hatten die ersten Erschließungsarbeiten an dem Bauwerk begonnen. Es entstand in dem Bereich, wo die 1945 zerstörte und bis 1952 abgebrochene Königin-Carola-Brücke stand.
Während des Baus waren zahlreiche Schwierigkeiten zu bewältigen gewesen, wie der damalige Oberbauleiter Witlof Riedrich der SZ erklärt hatte. So war 1970 beim Bau der Fußwegplatte ein Mobilkran zwölf Meter in die Tiefe gestürzt. Bei einem Frühjahrshochwasser stand noch ein Lehrgerüst. Das Treibgut auf der Elbe hätte es umreißen können.
Letztlich gelang es, dass in Pirna stationierte Pioniere der Nationalen Volksarmee eingesetzt werden konnten, die mit einem Schwimmwagen bereits an den Blasewitzer Bootshäusern Holz aus der Elbe fischten. "Da waren 27 Lkw-Ladungen Holz zusammengekommen", berichtete der frühere Oberbauleiter.
Ab 1969 wurde zum Dreischicht-Betrieb übergegangen. Der Zeitdruck im Winter 1970/71 war so groß, dass beheizte Schutzzelte aufgestellt wurden. Nur so konnten die Dichtungen hergestellt und Gleise auf dem elbaufwärts liegenden Brückenzug verlegt werden.
So konnte die Brücke am 10. Juni 1971, pünktlich vor dem VIII. SED-Parteitag, übergeben werden. Sie wurde nach dem ersten Dresdner Oberbürgermeister und ersten sächsischen Ministerpräsidenten nach dem Zweiten Weltkrieg Dr. Rudolf Friedrichs benannt.
Die Sanierung: Carbonbeton wird im Fußweg getestet
Nach Jahrzehnten hat es an der Carolabrücke erhebliche Schäden gegeben. Deshalb hatte im November 2019 die Sanierung des elbaufwärts liegenden Brückenzugs begonnen, die im Juni 2021 abgeschlossen wurde. Der neue Geh- und Radweg dieses Brückenzugs bietet für Passanten wesentlich bessere Bedingungen, da er von 3,6 auf 4,25 Meter verbreitert wurde. Möglich war das, da erstmals beim Großbrückenbau leichterer Carbon- beziehungsweise Basaltbeton eingesetzt wurde. Damit hatte die Stadt gemeinsam mit dem Institut für Massivbau der TU Dresden neue Wege beschritten.
Die 2. Runde: Denkmalschutz für Brücke hat Konsequenz
Von Oktober 2022 bis November 2023 folgte der mittlere Brückenzug. Im Gegensatz zum ersten, elbaufwärts liegenden sanierten Zug gibt es eine Besonderheit an den Außenseiten der Stahlbetonkappen beiderseits der Fahrbahn.
Nachdem die Arbeiten am ersten Zug 2021 abgeschlossen waren, wurde die Brücke unter Denkmalschutz gestellt. Deshalb ist die von unten gut sichtbare Betonfläche wie bei der alten Brücke wieder geriffelt.
Wird der dritte Brückenzug überhaupt saniert?
Nach dem Verkehrsversuch soll der elbabwärts liegende Brückenzug mit der Straßenbahnstrecke von Januar 2025 bis zum ersten Quartal 2026 saniert werden, teilt das Straßenbauamt mit. Dabei werden Abdichtungen, Stahlbetonkappen, Geländer, Beleuchtung und auch die Gleistrassen erneuert.
Nicht nur auf der Brücke, sondern auch in dem Hohlkasten unter der Fahrbahnplatte werden Bauleute aktiv sein. Er ist zum Großteil gut begehbar. Schließlich ist der Überbau des 400 Meter langen Spannbetonbauwerks zwischen 1,6 und 5,2 Meter hoch. Dort gibt es viele schadhafte Stellen im Beton mit Hohlräumen oder Rissen. Sie werden mit dem Presslufthammer abgebrochen. Anschließend werden Betonsanierer diese Stellen wie bereits bei den beiden anderen Brückenzügen mit Spezialmörtel erneuern. Nun ist fraglich, ob der dritte Brückenzug überhaupt noch erneuert werden kann. (mit rah)
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