Bündnis fordert Mietenstopp in Dresden

Dresden. Die Uhrzeit ist nicht zufällig gewählt: Dass sich das Bündnis "Mietenwahnsinn stoppen" zusammen mit dem Dresdner Mieterverein, dem DGB-Stadtverband und der Volkssolidarität Sachsen am Samstag ausgerechnet um 11.55 Uhr vor dem Goldenen Reiter in der Inneren Neustadt versammelt, soll symbolisieren, wie dringend - buchstäblich fünf vor zwölf - es den Akteuren ist, dass die Mieten in Dresden nicht weiter erhöht werden. Zeitgleich findet in rund 80 weiteren deutschen Städten ein Aktionstag statt. Gemeinsames Symbol überall: die gehobene rote Hand auf Pappschildern.
"Der Dresdner Wohnungsmarkt gerät immer mehr unter Druck", erklärt der Deutsche Gewerkschaftsbund. Die Mieten seien hier in den vergangenen zehn Jahren mit 29,8 Prozent deutlich gestiegen, bundesweit habe die Steigerung zwölf Prozent betragen. "Zudem wird bezahlbarer Wohnraum immer knapper. So sank die Zahl leerstehender Wohnungen im gleichen Zeitraum von 5,8 auf alarmierende 1,8 Prozent", so der DGB. Hinzu komme, dass die Dresdner Haushalte anteilig immer mehr Geld von ihrem verfügbaren Einkommen für die Miete aufbringen müssten. "Bereits 2019 fehlten in Dresden über 46.000 bezahlbare Wohnungen."
Unter "Mietenwahnsinn" verstehen die Akteure, dass sich die Mietpreisspirale ohne Erbarmen weiter nach oben drehe - selbst in der Corona-Pandemie, in der viele Menschen mit Einkommensverlusten zurechtkommen müssten. "Damit muss Schluss sein – Wir dürfen keine Zeit mehr verschwenden!", erklärt der DGB.
Das Bündnis hat deshalb drei Kernforderungen formuliert:
- Mietenstopp für sechs Jahre: Die Mieten sollen auf dem jetzigen Stand flächendeckend und bundesweit für sechs Jahre eingefroren werden. Auch bei Wiedervermietungen brauche es strikte Oberwerte. Die Forderung gilt auch für Staffel- und Indexmieten.
- Faire Vermieter unterstützen: Damit faire Vermieter, wie etwa viele Genossenschaften und private Vermieter, nicht in Bedrängnis kommen, soll ihnen eine maximale Mietsteigerung von zwei Prozent jährlich erlaubt sein, sofern die bislang gezahlte Miete bestimmte Oberwerte nicht übersteigt.
- Ausnahme Neubauten: Neubau ist von den Forderungen ausgenommen, damit weiter dringend benötigter Wohnraum geschaffen werde. "Klar sein muss aber auch: Niemand braucht weitere Luxuswohnungen." Neubau helfe nur, wenn bezahlbare Mietwohnungen entstehen.
Um das Wohn-Problem in den Griff zu bekommen, seien jedoch weitere Maßnahmen nötig. So fordert das Bündnis unter anderem auch soziales Bodenrecht ("denn immer weiter steigende Bodenpreise führen zu steigenden Mieten"), Mietspiegel, deutlich mehr Neubau von bezahlbaren Mietwohnungen und strengere Regeln für Eigenbedarfskündigungen und Umwandlungen.
Umfrage unter Dresdner Mietern
Die bisherigen Ansätze, den aus dem Gleichgewicht geratenen Mietmarkt zu bändigen, reichten bei Weitem nicht aus. Mieter seien weiter meist schutzlos dem Markt ausgeliefert. "Wir wollen, dass Akteure, die auf dem Wohnungsmarkt verantwortlich handeln, gefördert werden und diejenigen, denen es ausschließlich um Profite geht, in ihre Schranken gewiesen werden", bringt es der DGB auf den Punkt.
Vor dem Goldenen Reiter sucht das Bündnis, das sich um fünf vor zwölf für ein Foto in der sengenden Hitze aufgebaut hatte, wenige Minuten später schon Schutz im Schatten, die gehobenen roten Papphände werden abgelegt, das Banner mit dem Hashtag #Mietenwahnsinn eingerollt. Der "Startschuss für den Mietenwahlkampf zur Bundestagswahl", als den Jan Reißig von "Mietenwahnsinn stoppen" den Aktionstag zuvor bezeichnet hat, ist gefallen.
Nun liegt es auch an den Dresdnern, die Forderungen des Bündnisses zu unterstützen. Nach der symbolischen Aktion beginnt eine großangelegte Umfrage, bei der Dresdner Mieter in den Monaten bis zur Bundestagswahl ihre Stimme abgeben sollen, um so aktiv an den weiteren Forderungen mitzuarbeiten. Die Stimme einer Dresdnerin hat das Bündnis offenbar bereits: Sie berichtet vor Ort über ihre saftig gestiegene Nebenkostenabrechnung, die sie eben erhalten hat.
Mehr zum Bündnis finden Sie unter www.mietenstopp.de.