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Dresden plant einen Gründach-Zwang

Die Dresdner Stadtverwaltung will mehr Grün in die Stadt bekommen. Deshalb sollen Neubauten in der gesamten Stadt künftig verpflichtend begrünte Dächer und Fassaden erhalten. Ansonsten drohen empfindliche Strafen.

Von Andreas Weller
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Die Kita an der Hauptstraße in der Dresdner Neustadt hat ein Gründach, künftig soll dies Pflicht bei Neubauten in der Stadt werden.
Die Kita an der Hauptstraße in der Dresdner Neustadt hat ein Gründach, künftig soll dies Pflicht bei Neubauten in der Stadt werden. © See Architekten GmbH

Dresden. Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen und Baubürgermeister Stephan Kühn (beide Grüne) wollen strikte Regeln für Neubauten in Dresden durchsetzen. Um mehr Grün in die Stadt zu bekommen, soll eine Begrünungssatzung her. Was neutral klingt, ist eine Pflicht zum Bau von grünen Dächern, Fassaden und zum Pflanzen von Bäumen. Für wen diese gelten soll und was das konkret bedeutet.

Was genau wird zur Pflicht?

Mit der Satzung sollen alle unbebauten Freiflächen auf bebauten Grundstücken, Flachdächer, Fassaden und Fassadenteile begrünt werden, die neu geplant werden. Sie gilt aber auch bei Teilneubauten oder wesentlichen Änderungen an Freiflächen.

Das bedeutet, dass auf einem Baugrundstück je 100 Quadratmeter nicht überbauter Grundstücksfläche mindestens ein tiefwurzelnder Baum mit einem Stammumfang von mindestens 18 bis 20 Zentimeter - gemessen in einem Meter Höhe - gepflanzt wird.

"Von der Grundstücksfläche werden die Einfahrt, Flächen für Mülltonnen und, falls notwendig, für die Feuerwehr abgezogen", erklärte Baubürgermeister Kühn die neue Satzung am Donnerstag. Damit werden allerdings Tiefgaragen, die über die gesamte Grundstückfläche gehen, unmöglich.

Zudem müssen alle Flachdächer und Dächer mit einer Dachneigung von bis zu 20 Grad begrünt werden. Die Dachbegrünung ist mindestens als extensive, also naturnahe, pflegeleichte Begrünung auszuführen und die sogenannte durchwurzelbare Gesamtschichtdicke muss mindestens zehn Zentimeter betragen.

Zudem sollen alle großflächigen, fensterlosen Fassaden und Fassadenteile ab 25 Quadratmetern begrünt werden. Diese Begrünung hat mit hochwüchsigen, ausdauernden Kletterpflanzen zu erfolgen.

Bei jedem Neubau müssen diese Begrünungen spätestens in der Pflanzperiode nach der Fertigstellung des Baus erfolgen.

Gibt es Ausnahmen?

Ja. Die zu begrünenden Dachflächen müssen mindestens 150 Quadratmeter groß sein. "Damit nehmen wir die klassischen Einfamilienhäuser aus", so Kühn. Denn deren durchschnittliche Dachgröße beträgt 100 Quadratmeter. Es gehe um Mehrfamilienhäuser, Industrie und vieles mehr.

Zudem haben alle von der Satzung abweichenden Regelungen in Bebauungsplänen, anderen städtebaulichen Satzungen oder Gesetzen Vorrang vor der neuen Satzung. Sie gilt auch nicht für Denkmäler, wenn dem denkmalpflegerische Belange entgegenstehen.

Bei den Dächern werden bis zu 30 Prozent der Fläche ausgenommen, wenn diese für haustechnische Anlagen oder Dachterrassen vorgesehen sind. Die zu begrünenden Flächen können alternativ auch für Fotovoltaikanlagen genutzt werden.

Bereits laufende Bauvorhaben sind generell ausgenommen. Der Zwang kommt erst, wenn die Satzung gilt.

Welche Strafen drohen?

In der Satzung ist klar geregelt, dass jeder, der diese missachtet, mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren rechnen muss. Es drohen bis zu 100.000 Euro Strafe.

Weshalb gibt es den Plan?

"Es gibt in Dresden eine große Sehnsucht nach mehr Grün und großen Bäumen", so Umweltbürgermeisterin Jähnigen. "Das haben die kommunale Bürgerumfrage und andere Befragungen gezeigt." Zudem müsse man dem Klimawandel entgegenwirken. Immer heißere Sommer, Trockenheit, gepaart mit Starkregen und vieles mehr seien eine Belastung für die Dresdnerinnen und Dresdner.

Wenn Investoren Neubauten planen und ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss, macht die Stadt bereits diese Vorgaben. Aber in den meisten Fällen ist das nicht notwendig, sondern ein einfacher Bauantrag, bei dem die Stadt kein Grün vorschreiben kann. Mit der Begrünungssatzung würde sich das ändern. Für städtische Vorhaben gibt es bereits die Richtlinie "Dresden baut grün". Damit entstehen einige Gründächer, grüne Fassaden oder es werden Solaranlagen installiert. Prominentes Beispiel ist das Neue Verwaltungszentrum am Ferdinandplatz, aber auch einige Schulen, Kitas und neu gebaute Feuerwachen.

Da Dresden vorhat, deutlich vor 2050 klimaneutral zu sein, müsse jetzt gehandelt werden, so Jähnigen.

Droht eine Investoren-Abwanderung?

Vor einer Weile gab es einen Streit darum, welche Quote an Sozialwohnungen Investoren erfüllen müssen. Die Stadt hat eine Weile vorgegeben, dass bei Neubauten 30 Prozent der Wohnungen zu Sozialmieten angeboten werden müssen, dafür gibt es eine Förderung vom Land. Darüber hatten sich einige Wohnungsinvestoren beschwert und angedroht, keine Wohnungen mehr zu schaffen.

Eine ähnliche Entwicklung befürchtet Kühn bei der Begrünung nicht. "Viele Investoren machen das bereits, weil es zu ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gehört. Außerdem sind die Mehrkosten überschaubar und auf den Lebenszyklus der Gebäude bezogen wirtschaftlich sogar sinnvoll."

Wie viele Gründächer gibt es in Dresden?

Aktuell gibt es in Dresden 1.358 Gründächer. Das ist nicht mal ein Prozent der 144.000 vorhandenen Dächer in der Stadt. Bezogen auf die Dachflächen sind es 929.300 Quadratmeter von insgesamt 20,3 Millionen Quadratmeter Dachfläche - das sind 4,6 Prozent.

Die meisten davon (728) sind übrigens auf privaten Gebäuden, das sind 54 Prozent der Gründächer. Die Stadt und ihre Unternehmen haben lediglich neun Prozent, das Land drei Prozent, Wohnungsunternehmen 2,6 Prozent und private Unternehmen rund 30 Prozent. Für Kühn und Jähnigen zu wenig, um etwas gegen den Klimawandel beizutragen.

Kann der Plan noch verhindert werden?

Ja. Der Stadtrat muss der Begrünungssatzung erst zustimmen. Dies soll noch in diesem Jahr erfolgen. Es ist eine hitzige Debatte zu erwarten.