Dresdner Stadtrat will Schutz vor Luxussanierungen

Dresden. Baulücken sind geschlossen worden, einst verfallene Häuser glänzen heute mit neuen Fassaden. Doch gleichzeitig steigen die Mieten. Wer die nicht zahlen kann, der zieht weg. Die Stadtteile verändern sich. Dresden will jetzt gegensteuern und hat "Verdachtsgebiete" analysiert. Nun soll vertieft geprüft werden, ob dort soziale Erhaltungssatzungen eingeführt werden. Das hätte deutliche Auswirkungen auf Neubau, Sanierung oder Verkauf.
Was ist eine Milieuschutzsatzung?
Soziale Erhaltungssatzungen können notwendig sein, um die Konzentration von Geringverdienern und Gutverdienern in verschiedenen Stadtteilen aufgrund von Bauprojekten zu verhindern. Passieren kann das zum Beispiel über Vorkaufsrechte der Stadt für freie Grundstücke sowie Einzelfallprüfungen. In Leipzig gibt es bereits acht solche Erhaltungssatzungen, zum Beispiel für Connewitz. Mietwohnungen können dort nicht mehr einfach so in Eigentumswohnungen oder zum Beispiel in ein Notariat umgewandelt werden.
Eigentümer sind verpflichtet, alle Bauvorhaben vorab durch die Stadt genehmigen zu lassen. Dazu gehören auch Maßnahmen, die eigentlich keiner Genehmigung bedürfen. Zu genehmigen sind sowohl an bewohnten, als auch an leerstehenden Wohnungen alle Veränderungen an Bestand, Größe oder die Ausstattung. So sollen unter anderem Luxussanierungen, der goldene Wasserhahn also, verhindert werden.
Wo sollen Erhaltungssatzungen eingeführt werden?
Für Altlöbtau (4.500 Einwohner) sowie im Bereich Löbtauer Straße/Ostragehege (3.800 Einwohner) sieht die Dresdner Stadtverwaltung einen „deutlich erhöhten Aufwertungs- und Verdrängungsdruck“ für die vorhandenen Wohngebiete. Dort sei auch die Baudynamik hoch. Die Grenzwerte wurden jedoch nur knapp erreicht. Für beide Bereiche empfiehlt die Stadt daher genauere Untersuchungen, welche die Ausweisung sozialer Erhaltungssatzungen begründen könnten. Die Verwaltung will dafür 50.000 Euro zur Verfügung stellen.
Für die Innere Altstadt, die Innere Neustadt und für Pieschen-Nord sieht die Stadt zwar "Indizien für einen erhöhten Aufwertungs- und Verdrängungsdruck", allerdings keinen akuten Handlungsbedarf.
Welche Argumente gab es im Rat?
"Milieuschutzsatzung sind ein Teil der Lösung. Von den größten 15 Städten Deutschlands haben nur Essen und Dresden keine solche Schutzsatzung. Wir sind tatsächlich hinterher", sagt SPD-Stadtrat Vincent Drews. Seine Fraktion unterstützt die Satzung.
Probleme sieht die FDP. Christoph Blödner wies darauf hin, dass beide Gebiete nur sehr knapp überhaupt die Vorgaben für eine Schutzsatzung erfüllen. "Es gibt in Dresden keine Probleme auf dem Wohnungsmarkt, Luxussanierungen rechnen sich nicht."
Dissidenten und SPD wollten, im Gegensatz zur Verwaltung, nicht nur in Altlöbtau und an der Löbtauer Straße weiter prüfen lassen. Vielmehr sollten zusätzlich in Pieschen, im Hechtviertel und in der Neustadt sofort alle Schritte in Richtung Schutzsatzung unternommen werden. Dieser Antrag fand keine Mehrheit.
Ebenfalls nicht beschlossen wurde der Plan der Grünen, auch in der Neustadt, in der Altstadt und in Pieschen eine Milieuschutzsatzung vertieft prüfen zu lassen. Beschlossen wurde dieser erste Schritt zur Schutzsatzung, wie vom Rathaus gewollt, lediglich in Altlöbtau und im Bereich Löbtauer Straße/Ostragehege.
Was wurde im Rat noch besprochen?
OB Dirk Hilbert (FDP) sprach in der Sitzung zudem über aktuelle Themen. Angesprochen wurde die Situation der Musiker nach dem Großbrand im Industriegebiet. Hilbert: "Wir stehen im engen Kontakt mit den betroffenen Musikern und auch der Firma Nestler." Aktuell sei die Bauaufsicht vor Ort. "Es besteht die Hoffnung, dass sowohl der Technoklub als auch die Mehrzahl der Proberäume wieder nutzbar gemacht werden können." Selbstständige tätige Künstler können auf eine Soforthilfe hoffen, entsprechende Pläne gibt es im Stadtbezirksbeirat.
Zudem informierte der OB über die aktuellen Auswirkungen der Ukraine-Krise. Laut Hilbert sollen "in den nächsten Wochen" die letzten mit Flüchtlingen belegten oder für deren Verpflegung genutzte Turnhallen wieder frei werden. Auch das eilig in der Messe eingerichtete Ankunftszentrum soll schließen. Als Termin dafür nannte der OB den 31. Juli. Die Gastfreundschaftspauschale soll bis Ende des Monats zum "größten Teil" bearbeitet sein.
"Unterhosen-Eklat" wurde zum Thema
Ebenfalls Thema war der Unterhosen-Eklat in der vergangenen Stadtratssitzung. Max Aschenbach (Die Partei) war barfuß und ohne Hemd, dafür aber mit halb runtergelassener Hose und deutlich sichtbarer Unterhose ans Rednerpult des Stadtrates getreten. CDU-Fraktionschef Peter Krüger hatte das Auftreten Aschenbachs als in den sozialen Medien "widerlich" bezeichnet und ein Foto von Aschenbach gepostet. Die AfD will per Antrag eine Kleiderordnung für den Rat durchsetzen.
Hilbert beließ es vorerst bei einer Ermahnung. "Ich bitte alle, das Ansehen des Rates zu respektieren. Das gilt auch im Hinblick auf das Erscheinungsbild. Zuschauer wünschen sich keine Parodien." Hilbert wies aber auch darauf hin, dass im Rat niemand gegen seinen Wunsch fotografiert werden darf.