Dresden
Merken

"Das Virus unterscheidet nicht"

Warum Sebastian Römisch zu einem Interreligiösen Friedenskonzert in die Dresdner Kreuzkirche einlädt. Trotz Corona - und gerade wegen.

Von Henry Berndt
 4 Min.
Teilen
Folgen
Sebastian Römisch ist Solo-Oboist an der Staatskapelle in Dresden. Mit zahlreichen Mitstreitern stellt er das Friedenskonzert auf die Beine.
Sebastian Römisch ist Solo-Oboist an der Staatskapelle in Dresden. Mit zahlreichen Mitstreitern stellt er das Friedenskonzert auf die Beine. © Sven Ellger

Herr Römisch, warum hat die Corona-Zeit die Dresdner eher noch weiter gespalten als vereint?

Meiner Meinung nach hat die Corona-Zeit die Menschen zuerst einmal geeint, schließlich sind die Menschen alle gleichermaßen von dem Virus betroffen. Das Virus unterscheidet nicht nach Weltanschauung oder Hautfarbe.

Aber natürlich hat die Pandemie unterschiedliche Auswirkungen auf die Menschen. Manche haben existentielle Sorgen, andere leiden unter der Krankheit und leider gibt es auch Menschen, die einen Todesfall in der Familie zu verkraften haben.

Und auch wenn es jetzt Menschen gibt, die die Maßnahmen der Bundesregierung nicht richtig finden und wir die Demonstrationen in Berlin sehen, würde ich nicht von einer Spaltung sprechen. 

Was macht Ihnen Hoffnung?

Als wir im Lockdown waren und das Begegnen von Menschen auf ein Minimum reduziert wurde, ist deutlich geworden, dass das menschliche Miteinander lebensnotwendig und auch das kulturelle Erlebnis entscheidend für das Wohlbefinden der Menschen ist. In dieser Zeit sind die Menschen erfinderisch geworden, um das Miteinander trotzdem möglich zu machen. 

Kann Musik etwas dazu beitragen?

Musik zeigt uns doch, dass es nur gemeinsam funktionieren kann. Beim gemeinsamen Musizieren fragt auch keiner nach Herkunft, Religion oder Weltanschauung. Wir nehmen bei unseren Konzerten wahr, dass wir durch das gemeinsame Konzerterlebnis nicht nur das Publikum einen, sondern dass bei den Musikern, die wir extra für dieses Konzert zusammen geholt haben, sogar Freundschaften entstehen.

In diesem Jahr wollen wir auch die Menschen ansprechen, die unter der Corona-Pandemie besonders gelitten haben, weil sie kein gemeinsames Konzerterlebnis genießen können. Das sind die Menschen in den Pflegeheimen. Deshalb werden wir unser Konzert live über Dresden Fernsehen zeigen.

Vielen Chören und Musikgruppen hat es zuletzt im wahrsten Sinne die Sprache verschlagen. Warum Ihrem Projekt nicht?

Natürlich haben wir im Verein BIRD - Bündnis Interreligiöses Deutschland - viel diskutiert, ob das Konzert stattfinden sollte und wir haben bis zum Schluss gebangt. Gerade in diesem Jahr der Abstandsregeln und sozialen Distanz wollen wir aber ein Zeichen des Miteinanders und Trostes setzen.

Ist ein interkulturelles Konzert in Zeiten von Reisebeschränkungen eine besondere Herausforderung?

Wir arbeiten in diesem Jahr noch mehr als in den Vorjahren vor allem mit Künstlern aus Dresden und weniger mit internationalen Gästen. Deshalb war es für uns kein Problem.

Wie musste das Konzept angepasst werden?

Es war uns klar, dass wir kein Konzert mit 2.000 Zuschauern und großem Chor und Orchester durchführen können. Stattdessen haben wir daran gearbeitet, ein kleineres, aber trotzdem nicht weniger berührendes Konzert anzubieten, mit weniger Musikern, ohne Chor und mit gemeinsamem Singen mit Maske.

Eine Inspiration für das Konzert habe ich übrigens online gefunden. Über Facebook sah ich die Geigerin Monia Rizkallah, die ein selbstkomponiertes Stück auf ihrem Balkon spielte, dieses filmte und an ihre Freunde in ihrer Heimat schickte, um ihnen Trost zu spenden. Dieses Stück hat mich so bewegt, dass ich eine Klavierbegleitung dafür schrieb, die Monia sofort gefiel. Mehr im Scherz kam dann die Idee, dieses Stück mal zur Aufführung zur bringen. Am Sonntag ist es nun soweit.

Gibt es noch andere Besonderheiten in diesem Jahr?

Wir haben Vertreter acht verschiedener Religionen und Weltanschauungen eingeladen, die sich gemeinsam zum Dresdner Wort der Religionen bekennen. Symptomatisch für dieses Miteinander ist auch unser muslimisch-christliches Moderatorenpaar Youmna Fouad-Steckler und Joachim Brockpähler.

Interreligiöses Friedenskonzert, 13. September 18 Uhr, Kreuzkirche Dresden. Eintritt frei. Es gibt noch Restkarten an der Abendkasse, die ab 17 Uhr geöffnet ist. Das Konzert wird über Dresden Fernsehen live übertragen und im Internet gestreamt. 

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Newsletter "Dresden kompakt" und erhalten Sie alle Nachrichten aus der Stadt jeden Abend direkt in Ihr Postfach.

Mehr Nachrichten aus Dresden lesen Sie hier.