Update Sachsen
Merken

Grünes-Gewölbe-Prozess: Angeklagter wurde als Drogendealer erwischt

Im Prozess um den Dresdner Juwelendiebstahl macht ein erster Angeklagter Angaben zu seinem Lebenslauf. Zudem will ein früherer Mithäftling nicht aussagen. Er hat Angst.

Von Alexander Schneider
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Vertreter der Anklage sitzen im Dresdner Landgericht den Angeklagten und ihren Anwälten gegenüber: Hier wurde der Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe fortgesetzt.
Vertreter der Anklage sitzen im Dresdner Landgericht den Angeklagten und ihren Anwälten gegenüber: Hier wurde der Prozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe fortgesetzt. © Jens Schlueter/AFP Pool/dpa

Dresden. Ein 26-jähriger Angeklagter hat am Dienstag als Erster Angaben zu seinem Lebenslauf gemacht. Auch wenn im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe Dresden noch nicht alle Zeugen vernommen wurden, geht die Beweisaufnahme mit den „persönlichen Verhältnissen“ der sechs Angeklagten, die alle dem arabischstämmigen Remmo-Clan aus Berlin angehören, nun in die letzte Phase.

Die Verteidiger des 26-Jährigen berichteten, ihr Mandant habe zunächst den Hauptschulabschluss nicht geschafft, aber ein Jahr später Dank Initiative des Jobcenters nachgeholt. Nach einer Ausbildung zum Kfz-Lackierer, habe er versucht, in verschiedenen Branchen Fuß zu fassen, unter anderem als Logistiker, bei einem Pizzaservice, bei Amazon und im Sicherheitsgewerbe.

Der 26-Jährige ist vorbestraft, wie das Gericht mitteilte. 2018 wurde er auf dem Ku'damm als Drogendealer erwischt: Ohne Führerschein hatte er mit einem Smart die Bus-Spur befahren. Bei der anschließenden Kontrolle stellte die Polizei bei ihm rund 25 Gramm Kokain in mehr als 50 Portionen, 4.000 Euro Bargeld und ein Messer sicher. Dafür wurde er zu einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Am nächsten Dienstag wollen sich drei weitere der sechs Angeklagten zu ihrem Lebensweg äußern.

Außerdem vernahm das Landgericht Dresden mehrere Zeugen, darunter einen Mitgefangenen, der einen 23-jährigen Angeklagten belastet hatte. Der 48-jährige Abdelaziz T. war bereits zu einem früheren Termin im Juli nicht erschienen. Nun sagte er, er habe "Angst" und wolle daher nicht aussagen. Nach einem Vorgespräch mit dem Gericht sowie Vertretern der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger berichtet der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel, der Zeuge könne sich an Vertreter des Zeugenschutzprogramms wenden. Er musste trotzdem vor der Richterbank Platz nehmen. "Wir wollen hier keine geheimen Sachen machen", sagte Ziegel.

Angeklagter hatte Sorge, seine Freundin zu verlieren

Vor anderthalb Monaten sei ein Libanese zu ihm gekommen und hätte gesagt, dass Leute ihn gefragt hätten, ob er ihn kenne. Allein die Frage habe er als "eine Drohung" verstanden, erzählte T., der eine Zeitlang mit dem 23-jährigen Angeklagten A. M. Remmo im Gefängnis war. In dieser Zeit hatte sich der 48-Jährige an die Ermittler gewandt und ihnen berichtet, dass A. M. gesagt habe, dass er bei dem Einbruch und der anschließenden Brandstiftung in der Tiefgarage eines Dresdner Wohnkomplexes, wo die Täter ihr Fluchtfahrzeug in Brand gesteckt hatten, beteiligt gewesen sei.

An diesem Dienstag jedoch wollte oder konnte sich T. nicht mehr so genau daran erinnern, was er den Beamten gesagt hatte. Kurz: Der Zeuge eierte herum, behauptete mal, wenn er das damals so gesagt habe, dann werde es schon stimmen, oder aber, er habe seine Aussage nicht noch einmal gelesen und wisse daher nicht, was die Beamten notiert hätten.

T. sagte, er habe sich mit seinen Aussagen Hafterleichterungen versprochen: "Ich wollte meine Kinder wiedersehen." Das scheint auch funktioniert zu haben. Schon in seinem erstinstanzlichen Prozess Ende 2021 am Amtsgericht Dresden wurde seine Aufklärungshilfe strafmildernd berücksichtigt. Damals erhielt er zwei Jahre und vier Monate wegen Körperverletzung, Diebstahls und Computerbetruges. Das Landgericht Dresden milderte das Urteil im April dieses Jahres erneut, da erhielt der 48-Jährige zwei Jahre Haft, die zur Bewährung ausgesetzt wurden - und T. kam auf freien Fuß.

T. hatte aktenkundig im Ermittlungsverfahren Grünes Gewölbe dazu beigetragen, den Brand in der Tiefgarage aufzuklären. Dort hatten die Täter ein Fluchtauto angezündet, um Spuren zu verwischen. Danach berichtete er gegenüber der Polizei, dass A. M. Remmo Sorge hatte, seine Freundin zu verlieren, weil ihn vier bis fünf Jahre Haft wegen Brandstiftung erwarteten. Das war eine der wenigen Angaben, an die sich T. auch jetzt erinnerte.

Die Angeklagten zwischen 23 und 28 Jahren sind wegen schweren Bandendiebstahls, Brandstiftung und besonders schwerer Brandstiftung angeklagt. Die Deutschen stammen aus einer bekannten arabischstämmigen Berliner Großfamilie. Sie sollen am Morgen des 25. November 2019 aus der Schatzkammer Grünes Gewölbe 21 Schmuckstücke mit Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro gestohlen und zudem Sachschäden in Höhe von über einer Million Euro hinterlassen haben. Der Einbruch hatte international für Schlagzeilen gesorgt, von der Beute fehlt bisher jede Spur. (mit dpa)