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Einbruch ins Grüne Gewölbe: Polizei nimmt siebten Verdächtigen fest

Der 22-jährige J. Remmo ist dringend tatverdächtig am Einbruch ins Grüne Gewölbe beteiligt gewesen zu sein. Er wurde von einem Angeklagten belastet.

Von Alexander Schneider
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Am Rande des Juwelen-Prozesses am Landgericht Dresden hat die Polizei den 22-jährigen J. Remmo festgenommen. Ihm wird vorgeworfen an dem Einbruch beteiligt gewesen zu sein.
Am Rande des Juwelen-Prozesses am Landgericht Dresden hat die Polizei den 22-jährigen J. Remmo festgenommen. Ihm wird vorgeworfen an dem Einbruch beteiligt gewesen zu sein. © Matthias Rietschel/Reuters Pool/dpa

Dresden. In schöner Regelmäßigkeit erleben Besucher des Prozesses um den Einbruch ins Grüne Gewölbe eine Überraschung. Am Dienstag trifft es einen Zuschauer persönlich. Als J. Remmo, der wie die sechs Angeklagten zu dem Berliner Remmo-Clan gehört, nach dem Sitzungstag das Gerichtsgebäude am Dresdner Hammerweg verlassen will, empfangen ihn mehrere schwarz gekleidete und schwer bewaffnete Polizisten. Die Uniformierten nehmen den Besucher fest, während Ermittler der "Sonderkommission Epaulette" sofort das Auto des 22-Jährigen durchsuchen.

Nur eine Viertelstunde später wird eine gemeinsame Pressemitteilung von Staatsanwaltschaft und Polizei Dresden veröffentlicht. Darin wird die Festnahme des 22-Jährigen mitgeteilt und dass gleichzeitig weitere acht Ermittler der Soko auch dessen Wohnung in Berlin-Kreuzberg nach Beweisen durchsuchten. Die Festnahme ist offensichtlich gut vorbereitet.

Wenig später steht Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt, Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, vor den Medien. Er betont, die Ermittlungen der Soko zum Umfeld der Angeklagten und zu Hintermännern dauerten nach wie vor an. Der 22-Jährige etwa sei umfassend an Planungen und Vorbereitungen des Einbruchs beteiligt gewesen. Doch J. Remmo sei auch in der Hauptverhandlung am 29. März in der laufenden Hauptverhandlung von einem der sechs Angeklagten belastet worden. Details nennt Schmidt wie immer nicht.

An jenem Tag hatte sich der 28-jährige R. Remmo überraschend zu den Vorwürfen eingelassen. Er bestritt seine Beteiligung an dem Einbruch, sei jedoch wenige Tage zuvor von dem "maßgeblichen Tatplaner" gefragt worden, ob er mitmachen wolle. Deshalb sei er auch nach Dresden gefahren, um sich den Tatort anzusehen. Am Abend vor der Tat sei er mit anderen schon auf dem Weg nach Dresden gewesen, als sie in eine Polizeikontrolle gerieten. "J." habe am Steuer gesessen, so der 28-Jährige. Nach der Kontrolle sei ihm die Sache zu heiß geworden, er sei nach Hause gegangen und nicht mit nach Dresden gefahren.

Angeklagter belastet 22-Jährigen

Die Erklärung war aus mehreren Gründen überraschend: So ist es unüblich, dass sich Angehörige des arabischstämmigen Clans überhaupt vor Gericht äußern. Dann saß der Angeklagte bereits knapp ein Jahr und fünf Monate in Untersuchungshaft – viel Zeit für jemanden, der nicht dabei gewesen sein will. Seine Teileinlassung lieferte jedoch eine Erklärung für belastende Indizien – könnte also eine Schutzbehauptung sein. Obwohl der 28-Jährige betonte, keine Namen nennen zu wollen, fiel in der schriftlichen Erklärung, die sein Anwalt verlas, J.s Name.

Der 22-jährige Verdächtige hatte mehrfach den Prozess als Angehöriger besucht. Laut Behördensprecher Schmidt werde J. Remmo am Mittwoch einem Ermittlungsrichter vorgestellt. Der entscheide, ob der Beschuldigte in Untersuchungshaft muss. Gegen ihn wird wegen Beihilfe zum Bandendiebstahl und zur besonders schweren Brandstiftung ermittelt. Sollte der 22-Jährige angeklagt werden, dann auch vor einer Jugendkammer des Landgerichts Dresden. Er sei zur Tatzeit, dem 25. November 2019, wie zwei Remmo-Brüder in der aktuellen Hauptverhandlung ein Heranwachsender gewesen.

Auch in dem Prozess lief es am Dienstag nicht besonders gut für mindestens vier der sechs Angeklagten. Ralf Nixdorf, Leiter des Fachbereichs forensische DNA-Analyse des Landeskriminalamtes Sachsen, berichtete über die Auswertung von DNA-Spuren. An der Mauer vor dem angegriffenen Erdgeschossfenster des Grünen Gewölbes fanden sich genetische Abdrücke, die sich zweifelsfrei vier Angeklagten zuordnen ließen, sagte Nixdorf. Bei einem fünften Angeklagten könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch er Urheber einer DNA-Spur sei. Einzig von Ahmed Remmo, dessen Verteidiger Anfang April berichteten, er sei zur Tatzeit in einer Klinik gewesen, fanden sich keine DNA-Spuren.

Rund 1.000 DNA-Proben analysiert

Nixdorfs Mitarbeiter hatten rund 1.000 DNA-Proben analysiert. Das Material stammte aus den Räumen des Grünen Gewölbes, in dem die beiden Einbrecher waren, am Fenster, im Bereich der Grundstücksmauer und vor der gegenüberliegenden Schinkelwache. Doch nicht alle ließen sich verwerten. Vor allem die Spuren im Inneren des Grünen Gewölbes waren zum größten Teil unbrauchbar.

Grund: Die Täter hatten im Juwelenzimmer, wo sie die Vitrine aufgebrochen hatten, den Inhalt eines Pulverfeuerlöschers versprüht. Nixdorf schilderte, wie der dabei entstehende Druck DNA-Material durch die Gegend bläst und Spuren verwischt. "So was mögen wir gar nicht", sagte er mit Blick auf die Auswertung.

Spuren vom Tatort, die mit den Angeklagten in Verbindung gebracht werden konnten, fanden sich ausschließlich an der Mauer vor dem Erdgeschossfenster, dass die Täter am Morgen des 25. November 2019 aufgebrochen hatten. Von 122 Proben unterschiedlicher Qualität seien zwölf verwertbar gewesen, so Nixdorf in der mehrstündigen Vernehmung.