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Grünes Gewölbe: Dresdner Fachleute beginnen mit Untersuchung des Schmucks

Gut drei Jahre nach dem Kunstdiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in Dresden sind jetzt Teile der Diebesbeute wieder da. Nun setzen sich Fachleute der Staatlichen Kunstsammlungen an die Begutachtung des Schmucks.

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Das Residenzschloss mit dem Grünen Gewölbe am Sonntagmorgen. Drei Jahre lang war das Schicksal der gestohlenen Juwelen unklar. Doch jetzt vermelden die Fahnder einen großen Erfolg.
Das Residenzschloss mit dem Grünen Gewölbe am Sonntagmorgen. Drei Jahre lang war das Schicksal der gestohlenen Juwelen unklar. Doch jetzt vermelden die Fahnder einen großen Erfolg. ©  dpa/Sebastian Kahnert

Diebesgut aus dem Grünen Gewölbe - das Wichtigste in Kürze:

  • In der Nacht zum Samstag wurde ein Großteil des bei dem Einbruch in das Grüne Gewölbe von 2019 entwendeten Diebesguts sichergestellt
  • Insgesamt wurden 31 Einzelteile ausgehändigt - einige bleiben verschwunden, andere wohl unvollständig
  • Die Schmuckstücke sind wieder in Dresden
  • Im Rahmen des Gerichtsprozesses gab es offenbar einen Deal zur Rückführung noch vorhandener Beutestücke

Fachleute beginnen mit Begutachtung des Schmucks

Nach der der Rückkehr eines großen Teils der Beute aus dem Grünen Gewölbe beginnen Fachleute der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) mit der Begutachtung des Schmucks, berichtet die dpa. Das werde einige Zeit in Anspruch nehmen, sagte SKD-Sprecher Holger Liebs am Sonntag.

Laut Polizei und Staatsanwaltschaft kamen 31 Einzelteile zurück nach Dresden. Die SKD hatten nach dem Diebstahl vor drei Jahren immer von 21 entwendeten Stücken gesprochen. Man müsse nun schauen, ob eventuell Schmuckstücke zerschlagen oder zerbrochen worden sind, sagte Liebs.

Die Erkenntnisse der Fachleute könnten zudem bedeutsam für den laufenden Prozess gegen sechs Tatverdächtige sein, sagte der SKD-Sprecher. Der Rückkehr der Beute liegt allem Anschein nach ein Deal zwischen den Verteidigern, der Staatsanwaltschaft und dem Landgericht zugrunde. Es habe "Sondierungsgespräche" gegeben, hatten die sächsischen Behörden mitgeteilt.

Wieder da: Der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens gehört zu den 31 "durchaus vollständig erscheinenden" Teilen des Diebesgutes, die von der Polizei in Berlin sichergestellt worden sind. Nun müssen die Kunstschätze von Experten auf ihre Echtheit und Unversehrtheit überprüft werden.
Wieder da: Der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens gehört zu den 31 "durchaus vollständig erscheinenden" Teilen des Diebesgutes, die von der Polizei in Berlin sichergestellt worden sind. Nun müssen die Kunstschätze von Experten auf ihre Echtheit und Unversehrtheit überprüft werden. © Polizeidirektion Dresden
Wieder da: Der Hutschmuck, sogenannter Reiherstutz, soll ebenfalls zu den "vollständig erscheinenden" Teilen des ausgehändigten Diebesguts gehören.
Wieder da: Der Hutschmuck, sogenannter Reiherstutz, soll ebenfalls zu den "vollständig erscheinenden" Teilen des ausgehändigten Diebesguts gehören. © SKD/Jürgen Karpinski
Vermisst: Die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste bleibt auch nach der Herausgabe von 31 Einzelteilen des Diebesguts verschwunden.
Vermisst: Die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste bleibt auch nach der Herausgabe von 31 Einzelteilen des Diebesguts verschwunden. © Staatliche Kunstsammlungen/Jürgen Karpinski
Vermisst: Die Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen" fehlt auch nach Herausgabe von 31 Einzelteilen des Kunstdiebstahls.
Vermisst: Die Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen" fehlt auch nach Herausgabe von 31 Einzelteilen des Kunstdiebstahls. © SKD

Kunstfahnder: In welchem Zustand ist der Schmuck?

Der Kunstdiebstahl-Experte Willi Korte ist von dem Fund der Beute aus dem Grünen Gewölbe überrascht. Er sei nach dem Einbruch vor drei Jahren davon ausgegangen, dass sich die Täter bereits vor der Tat um den Absatz der Beute gekümmert hätten und sie deshalb nicht wiedergefunden werde.

Seiner Einschätzung nach sollte die Beute die Zeit seit dem Diebstahl gut überstanden haben. "Da es ja überwiegend Edelmetall und Steine sind, muss man nicht so sehr auf die Temperatur achten", sagte Korte. "Ich denke, dass die Sachen noch in einem relativ guten Zustand sein dürften."

Beim Kunstraub gebe es eine alte Regel, sagte Korte. "Das Klauen ist leichter als das Absetzen." Er habe den Einbruch immer eher als Juwelen-, statt als Kunstraub gesehen. "Ich dachte, dass sie die Juwelen rausbrechen und einzeln verkaufen werden, nicht die Kunst als Ganzes." Die Freude über den Fund sei groß. Solche Objekte könne man nicht ersetzen.

So berichteten wir am Samstag, 18. Dezember:

Ermittlern von Staatsanwaltschaft Dresden, der Soko Epaulette und des Landekriminalamtes Sachsen ist es gelungen, in der Nacht zum Samstag in Berlin einen erheblichen Teil des bei dem Einbruch in das Grüne Gewölbe entwendeten Diebesguts sicherzustellen. Lange war das Schicksal der Diebesbeute unklar.

Bei einem Pressetermin am Samstagabend berichtete Jürgen Schmidt, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, dass insgesamt 31 Einzelteile ausgehändigt worden sind. Darunter seien "durchaus vollständig erscheinende Teile" wie der Hutschmuck (Reiherstutz) und der Bruststern des polnischen Weißen Adler-Ordens aus der Brillantgarnitur.

Es fehlen aber weiterhin geraubte Kunstschätze, etwa die bei dem Diebstahl beschädigte Epaulette mit dem "Sächsischen Weißen" und die Große Brustschleife der Königin Amalie Auguste.

Die gesicherten Stücke seien in Begleitung von Spezialkräften der Polizei nach Dresden gebracht worden, so die Staatsanwaltschaft. Dort sollen sie zunächst kriminaltechnisch untersucht werden. Anschließend sollen Fachleute der Staatlichen Kunstsammlungen die gestohlenen Kunstschätze auf Echtheit und Vollständigkeit prüfen. Weitere Informationen gab es mit Hinweis auf die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Dresden nicht.

Thomas Geithner, Pressesprecher der Polizeidirektion Dresden, war "froh" über die Botschaft der ausgehändigten Kunstschätze, wolle aber noch nicht in Jubel verfallen. "Uns fehlt noch ein Gutachten, die die Echtheit bestätigt", sagte er.

Die Ermittlungsbehörden seien im Laufe der Zeit immer wieder gefragt worden, wie realistisch eine Rückkehr der Beute nach Dresden sei. "Wir haben uns immer betont optimistisch gezeigt", sagte Geithner. Es sei aber auch ein bisschen "Flunkerei" dabei gewesen. Je länger die Ermittlungen gedauert hätten, desto mehr sei auch die Zuversicht geschmolzen.

Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, spricht von einem "Weihnachtswunder". Sie selbst habe immer daran geglaubt, dass die Juwelengarnituren zurückkommen werden.
Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, spricht von einem "Weihnachtswunder". Sie selbst habe immer daran geglaubt, dass die Juwelengarnituren zurückkommen werden. © Sebastian Kahnert/dpa
Jürgen Schmidt (l.), Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, und Thomas Geithner, Polizeisprecher, sprechen vor dem Justizzentrum zu den Journalisten über die sichergestellten Kunstschätze.
Jürgen Schmidt (l.), Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Dresden, und Thomas Geithner, Polizeisprecher, sprechen vor dem Justizzentrum zu den Journalisten über die sichergestellten Kunstschätze. © dpa

Die Nachricht vom Fund eines Großteils der Beute löste bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) einen Freudentaumel aus. "Wenn man so eine wundervolle Nachricht bekommt am Tag vor dem vierten Advent, dann glaubt man an ein Weihnachtswunder", sagte SKD-Chefin Marion Ackermann. Sie selbst habe immer daran geglaubt, dass die Juwelengarnituren zurückkommen werden.

Gerichtsprozess: Deal zur Rückführung der Beutestücke

Offenbar hatte es im Rahmen des Gerichtsprozesses gegen die Tatverdächtigen einen Deal gegeben. Wie die Ermittler mitteilten, gingen dem Fund der wertvollen Stücke Sondierungsgespräche mit den Anwälten der mutmaßlichen Einbrecher voraus. In den Gesprächen soll es um die Rückführung noch vorhandener Beutestücke gegangen sein. Weitere Informationen dazu müssten allerdings dem Gerichtsprozess vorbehalten bleiben, der am kommenden Dienstag fortgesetzt werden soll.

Seit Anfang des Jahres läuft in Dresden ein Prozess gegen sechs Tatverdächtige wegen schweren Bandendiebstahls, Brandstiftung und besonders schwerer Brandstiftung. Der Einbruch am frühen Morgen des 25. November 2019 war einer der spektakulärsten Kunstdiebstähle in Deutschland. Aus der Schatzkammer des Grünen Gewölbes waren 21 Schmuckstücke mit insgesamt 4.300 Diamanten und Brillanten im Gesamtwert von über 113 Millionen Euro gestohlen worden.

Die Täter schlugen mit einer Axt Löcher in eine Vitrine und rissen die Juwelen heraus. Danach entbrannte eine Diskussion über die Sicherheitsvorkehrungen in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD), die bis heute anhält.

Sachsen Ministerpräsident Kretschmer dankt den Einsatzkräften

Ministerpräsident Michael Kretschmer hat Polizei und Justiz nach dem Fund eines Großteils der Beute aus dem Grünen Gewölbe für ihre "erstklassige Arbeit" gedankt. "Sachsen sagt: Danke", erklärte der CDU-Politiker am Samstag. "Die wertvollen Kunstwerke aus dem Grünen Gewölbe gehören zum kulturellen Erbe unseres Landes. Nur durch die entschlossene und professionelle Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft konnten die Täter ermittelt, festgesetzt und das Verbrechen aufgeklärt werden."

Sachsens Innenminister Armin Schuster bedankte sich ebenfalls auf Twitter bei den Einsatzkräften für ihre Arbeit. Der CDU-Politiker schrieb, dass dies das "schönste Weihnachtsgeschenk" sei.

Auch Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch meldete sich zu Wort: "Ich bin weiter hoffnungsvoll, dass sich die beim Einbruch 2019 entstandene Wunde im Historischen Grünen Gewölbe nun bald schließen wird. Das zeigt, dass es sich auch drei Jahre nach diesem schmerzhaften Einbruch lohnt, die Hoffnung nicht aufzugeben und alle sich bietenden Spuren zu verfolgen." (SZ/mja/juj/lex mit dpa)