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Grünes Gewölbe: Haftbefehl gegen einen Verdächtigen aufgehoben

Erst vor wenigen Wochen wurde ein siebter Tatverdächtiger im Juwelendiebstahl verhaftet. Nun ist er wieder auf freiem Fuß.

Von Alexander Schneider
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Im Prozess um den Diebstahl aus dem Grünen Gewölbe wurde der siebte Tatverdächtige freigelassen.
Im Prozess um den Diebstahl aus dem Grünen Gewölbe wurde der siebte Tatverdächtige freigelassen. © Sebastian Kahnert/dpa (Archiv)

Dresden. Obwohl er nicht mit angeklagt ist, bestimmt der 22-jährige J. Remmo das Geschehen im Prozess um den Einbruch ins Grüne Gewölbe. Das geht nun schon seit drei Verhandlungstagen so. Erst am 11. Mai hatte die Polizei den Mann aus Berlin am Rande des Prozesses festgenommen. Er ist Angehöriger der sechs Angeklagten und war regelmäßiger Besucher der Hauptverhandlung des Landgerichts Dresden. Als er an jenem Sitzungstag das Gericht am Dresdner Hammerweg verließ, wurde er von vermummten Einsatzkräften erwartet.

Die Staatsanwaltschaft verdächtigt den Mann, maßgeblich an der Planung und Organisation des spektakulären Einbruchs vom 25. November 2019 beteiligt gewesen zu sein. Er wanderte wegen des Verdachts der Beihilfe in Untersuchungshaft. Am vergangenen Dienstag, dem folgenden Remmo-Sitzungstag, kam heraus, dass die Polizei auf einem Tablet-PC des mutmaßlichen Beihelfers unter anderem einen Großteil der Ermittlungsakte entdeckt hat: 217 Sonderbände. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun, wie der Verdächtige in den Besitz der Dokumente gelangen konnte.

Doch nach drei Wochen und zwei Tagen wurde am Freitag der 22-jährige Berliner überraschend aus dem Gefängnis entlassen. Das Landgericht Dresden hob den Haftbefehl gegen den 22-Jährigen auf dessen Beschwerde hin auf. Die Richter sahen keine ausreichenden Haftgründe, wie ein Sprecher des Landgerichts mitteilte. „Wir prüfen nun, die Entscheidung anzufechten“, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt, Sprecher der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage der SZ.

Verteidiger fordern Unterbrechung

Noch als die Richter im Dresdner Justizzentrum am Sachsenplatz ihre Entscheidung trafen, kam es auch im Remmo-Prozess im Dresdner Norden erneut wegen J. Remmo zu einem einstündigen Schlagabtausch zwischen Verteidigern, Staatsanwälten und Gericht. Der Dresdner Verteidiger Karsten Brunzel kritisierte, er habe am Morgen Akten erhalten, aus denen hervorgehe, dass die Staatsanwaltschaft auf eigene Faust in den vergangenen Wochen im Verfahren gegen J. Remmo weitere Polizisten vernommen habe.

Das ginge nicht, denn in diesem Verfahren sei das Gericht zuständig. Die Polizisten, es geht unter anderem um eine Polizeikontrolle in Berlin in der Nacht vor dem Einbruch, seien auch Zeugen in dieser Hauptverhandlung. Darüber hinaus seien sogar neue Zeugen vernommen worden, ohne den Anwälten rechtliches Gehör gewährt zu haben. Daher forderten die Verteidiger eine Unterbrechung der Sitzung, um die neue Prozesssituation prüfen zu können.

Die Staatsanwaltschaft hielt entgegen, das Verfahren gegen J. Remmo sei unabhängig vom laufenden Prozess. Auch J. Remmo habe einen Anspruch auf beschleunigte Ermittlungen. Das Verfahren sei, wie das der Angeklagten, eine Haftsache, so Oberstaatsanwalt Christian Kohle. Das Gericht lehnte eine Unterbrechung ab. „Die heutigen Zeugen haben mit dem Sachverhalt von J. Remmo nichts zu tun, daher verhandeln wir weiter“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Ziegel. Die Verteidiger hätten bis zum nächsten Sitzungstag am kommenden Freitag ausreichend Zeit, um sich mit der neuen Lage zu befassen.

Zeugen melden rasendes Taxi

Mehrere Dresdner Pendler berichteten später, dass ihnen am Morgen des Tattages auf dem Weg nach Berlin ein Taxi mit unglaublicher Geschwindigkeit aufgefallen sei. Ein 62-Jähriger sagte, das Taxi habe ihn am Elbepark auf der Zufahrt zur Autobahn 4 überholt – und sei über die Sperrfläche gerast. Er habe gedacht, da müsse wohl jemand Angst haben, den Flieger zu verpassen, denn dort gehe es zum Flughafen.

Ein Projektingenieur sagte, er sei von dem Mercedes bei Ortrand in einer Baustelle überholt worden. Statt der erlaubten 60 habe das Taxi 120 bis 200 Sachen auf dem Tacho gehabt: „Ich habe den Luftdruck gespürt“, sagte der 43-Jährige. Diese Zeugen meldeten ihre Beobachtungen, als sie von dem Einbruch erfahren hatten. Auch diese alltäglichen Erlebnisse sind nun offensichtlich wichtige Puzzleteile in der Beweisaufnahme.

Bei dem 500er Mercedes handelt es sich um eine E-Klasse, die nur als Taxi getarnt war. In der Limousine fanden Kriminaltechniker DNA-Spuren von drei der sechs Angeklagten und neun kleine Splitter, die zu der aufgebrochenen Vitrine im Gewölbe passen, wo die Einbrecher die wertvollen Diamanten-Garnituren stahlen.

Ein Brandgutachter des Landeskriminalamtes Sachsen erklärte, dass die Brände im Pegelhaus der Augustusbrücke und in der Tiefgarage in Dresden-Pieschen mit Kraftstoff bewusst gelegt wurden. Einen technischen Defekt schloss der 61-jährige Hauptkommissar als Brandursache aus.