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Horror-Show statt "heute-show"

Comedian und Reporter Lutz van der Horst dürfte ausgebuht werden. Denn er ist der Erzähler in der neuen Dresdner "Rocky Horror Show".

Von Bernd Klempnow
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Auch Kleid und Fummel stehen Lutz van der Horst in der Dresdner "Horror Show".
Auch Kleid und Fummel stehen Lutz van der Horst in der Dresdner "Horror Show". © Pawel Sosnowski

Kleid und Strapse stehen ihm erstaunlich gut. Den Comedian und TV-Moderator Lutz Alwin van der Horst kennt man für gewöhnlich in Hemd und Sakko, wenn er für die "heute-show" Politiker und Leute auf der Straße witzig-schräg anspricht und schlagfertig reagiert.

Doch in diesen Tagen trägt er Kleid und Fummel, denn der 46-Jährige spielt in der neuen Dresdner "Rocky Horror Show" mit. Die hat am Sonntag im Alten Schlachthof Premiere. Und läuft dann bis Anfang Juli.

Im Fummel: Lutz van der Horst als Erzähler. Fast keinen Fummel: Andrew Chadwick als Rocky.
Im Fummel: Lutz van der Horst als Erzähler. Fast keinen Fummel: Andrew Chadwick als Rocky. © Pawel Sosnowski

Ein hochkarätiges Musical-Ensemble agiert in der Inszenierung der Landesbühnen Sachsen. Und van der Horst ist mitten drin und freut sich wie ein Teenager. "Die ‚Rocky Horror Show‘ bedeutet mir tatsächlich sehr viel. Als Kind aus einem katholischen Elternhaus, Schüler einer katholischen Schule und Messdiener war ich total geflasht, als ich mit 17 Jahren diesen Film sah. Er öffnete mir eine neue, andere Welt." So oft, wie er den Film gesehen hat, stehe er noch heute voll im Stoff und Text.

Da er aber nicht so gut singen und tanzen kann, wie man es für die meisten Rollen in dieser bizarren außerirdischen Party der verbotenen Lüste können muss, gibt er den Erzähler des Stücks.

Szene aus der Dresdner "Horror Show"
Szene aus der Dresdner "Horror Show" © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Nun, Schauspieler ist van der Horst nicht: "Ich habe in der Schule viel Theater gespielt, aber den Beruf, den ich sehr respektiere, zu studieren, dazu fehlte mir der Mut." Dafür zog es ihn in ein anderes Rampenlicht. Seit 2001 ist er im Fernsehen mit mehr oder weniger unterhaltsamen Aktionen unterwegs. Erst bei Stefan Raabs Show "TV total". Da trat er in einem rosa Hasenkostüm als Blasehase auf.

Ab 2003 war er in der Sendung der satirische Reporter Günni, der Straßenumfragen und provozierte Situationen mit Passanten gestaltete. Seit 2009 tut er das sehr erfolgreich als Außenreporter der "heute-show" im ZDF. Vor allem auf Parteitagen und im Bundestag fährt er zu Hochform auf, wenn Politiker ihm ausweichen wollen oder sich auf ein Ping Pong mit ihm einlassen, wie es Markus Söder und Karl Lauterbach trefflich tun.

Kleine Unfälle passieren dabei, wenn Personenschützer ihn wegdrängen oder eine authentische Politikerin wie Hannelore Kraft ihn als SPD-Mitglied wirbt. Letzteren Fehlpass hat er mittlerweile korrigiert.

Es wird schrill: Szene aus der neuen Dresdner "Rocky Horror Show".
Es wird schrill: Szene aus der neuen Dresdner "Rocky Horror Show". © Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.c

Ab und an ist der Comedian auch als Darsteller zu erleben. So war er Gefängniswärter Frosch in der "Fledermaus", spielte im Film "Trolls World" mit. Nun also der Erzähler – andere Größen wie Gregor Gysi, Rufus Beck und Sky du Mont füllten schon diese Rolle.

Die Dresdner Show ist ganz nach dem Geschmack des Künstlers. Nicht nur, weil er Horror und Horrorfilme liebt. Der Regisseur und Ausstatter Sebastian Ritschel hat für seine letzte Produktion als Operndirektor der Landesbühnen ein Event vor. Es gibt nicht wie sonst eine eher düstere Szenerie und Kostüme aus dem Fundus. "Ein großes pinkfarbenes Ufo ist im Schlachthof gelandet", sagt der künftige Intendant vom Regensburger Theater über sein Konzept.

Glitzer, Glamour, Pop-Art und Haute Couture

Das bedeutet Glitzer und Glamour, Anzügliches und Frivoles, Pop-Art und Haute Couture. Ritschel, einer der erfolgreichsten Regisseure in Sachsen in puncto überraschende und doch stimmige Inszenierungen und Ausstattungen, bietet alles auf, was die Landesbühnen an Originellem zu leisten vermögen.

Gut 1.000 Zuschauer können dieses Fest der Obsessionen allabendlich im Schlachthof erleben und mit den "Horror Show"-gängigen Requisiten wie Reis, Toilettenpapier, Knicklicht und Wasserpistole das Geschehen befeuern. Denn das Kultstück um unerfüllte Träume von 1973, selbst wenn es Ritschel zeitgemäß ins Heute transportiert, lebt von der Mitwirkung seiner Fans.

Und die Einführung dazu gibt Lutz van der Horst alias der Erzähler. Da der im Laufe des Abends das Publikum zuweilen belehrt, wird er gern von den "Horror Show"-Fans ausgebuht. "Das wird eine neue Erfahrung. Da werde ich wohl spontan reagieren und improvisieren müssen."

  • "The Rocky Horror Show" am 12., 17., 18., 19., 24., 25. und 26. Juni sowie 1., 2. und 3. Juli, je 19.30 Uhr, Alter Schlachthof Dresden; Karten online oder per Telefon: 0351 8954214