Katzeklo, Kalauer und kopiersichere Komik

Würde Helge Schneider in all seinen Konzerten stets die gleichen Lieder spielen, wäre dennoch ein enorm hohes Maß an Abwechslung garantiert. Unfassbar, wie der sich selbst als Musikclown bezeichnende Entertainer am Freitag am Dresdner Elbufer vor vollen Rängen improvisierte, situativ clever reagierte, aus seiner Rolle kippend dann doch immer wieder in diese zurückfand. Diese Art der Komik ist zweifellos kopiersicher, damit begeisterte der 65-Jährige zuverlässig ein Publikum, das fast alle Schattierungen abdeckte: Alt wie jung, bunt wie bieder; der Biertrinker, der sich permanent auf die Schenkel kloppt, saß hier neben der still vor sich hin lächelnden reifen Dame, die gelegentlich an ihrem Cocktail nippte.

Großen Spaß hatte aber auch, wer nicht auf Kalauer, sondern auf musikalische Finessen abfährt. Schneider verzichtete auf seine Perücke und auf eine größere Band. Sein elfjähriger Sohn Charlie bediente fast schon routiniert das Schlagzeug, Sandro Giampietro die Gitarre und der Meister selbst diverses Gerät zur Klangerzeugung. „Wir haben ganz viele Instrumente mitgebracht“, erklärte er. „Ich wollte eigentlich ein Musikgeschäft aufmachen, doch dann war das Schaufenster nicht da.“ Also rauf mit dem Zeug auf die Bühne. „Der Flügel ist von 1886, dem Jahrgang meiner Oma“, so Schneider, während er vor sich hin klimpert. „Ich soll euch schöne Grüße bestellen.“ Kurze Pause: „Wir sind eine langlebige Familie.“
Der Pabst ist der Papst
Neben den Flügel spielte er im Lauf des Abends Hammondorgel, E-Orgel, Synthesizer, Fingerklavier, E-Gitarre, Akustikgitarre, Trompete und Saxofon. Mal gab er sich beim Gitarren-Solo als eine Art Wiedergänger von Jimi Hendrix, mal jazzte er auf dem Saxofon beherzt drauflos. Zum Start ging es gleich mal folkig-experimentell zu. Der Papst bekommt bei Helge Schneider endlich sein eigenes Lied, das „Der Pabst“ heißt und sämtliche Schattenseiten des Jobs auflistet. „Der Pabst liest sehr interessante Bücher, hat er mir am Telefon erzählt“, heißt es in der Studioversion., die sich auf dem aktuellen Album „Die Reaktion: The Last Jazz Vol. II“ findet. Live variierte Schneider den Song, gipfelte in der Feststellung, dass der „Pabst“ aufgrund seiner Bekanntheit leider nur „immer mit seiner Frau zu Hause essen kann“.

Für den durchlaufenden Gag mussten diesmal die Kollegen von Pur herhalten, die wahlweise als „Nachmacher“ von Schneiders Band, den originalen Rübenschweinen, oder als internationale Stars, mit denen er bald in Las Vegas spielen werde, verkauft wurden. Dass oberhalb der Ränge sein Name stand, fand Schneider nicht gut. „Ich wollte doch nicht erkannt werden. Da hätte ein anderer Name stehen können... zum Beispiel: Pur.“ Der Blick von der Bühne verführte ihn jedoch auch zu einem Geständnis: „Hinter uns das Finanzamt schläft, nur oben sind noch ein paar Dachluken auf. Da sind wahrscheinlich fleißige Finanzjäger am Jagen im Computer. Die versuchen auch mich zu erwischen. Mich, der ich ausschließlich schwarz arbeite.“

Delegieren kann Schneider auch. Assistent und Teebutler Bodo musste den Hit „Katzeklo“ singen, der am Ende zu einer überaus spritzigen Ragtime-Nummer geriet. Lediglich der Aushilfssänger machte dabei nicht die allerbeste Figur. Kein Wunder, fummelte ihm ja auch der Chef mit einem Dirigentenstab in den zum Pferdeschwanz gebunden Haaren rum.
Schneiders Tipp bei Rückenproblemen: Nordic Walking. „Das muss man regelmäßig machen, aber immer vor 5 Uhr, damit man nicht gesehen wird.“ Ihm selbst sei dabei passiert, dass er ein bestimmtes Tempo erreicht habe, bei dem es nur noch immer schneller weiterging. „Am Ende gab es einen unheimlichen Knall – ich hatte die Schallmauer durchbrochen. Das Doofe ist: Ich habe keinen Zeugen.“
Bei einem Spruch über Schüler korrigiert sich Schneider, spricht von Schüler*innen und bekennt: „Ich mag diese lustige Sprache.“ Er probiert es weiter mit Bürger*innen, Innenhöf*innen und landet final beim In*in – wer auch immer das ist. Ein Stimmungsfeuerwerk zündet schließlich „Roswitha“. Wenn es heißt „Samba in der Nacht, das ist Samba, bis der Büstenhalter kracht“ muss ja auch die Luft brennen. Leider ist das Feuer vergleichsweise fix niedergebrannt. Nach gut anderthalb Stunden zieht Schneider, der sonst eher für ausufernde Konzerte bekannt ist, den Stecker. Immerhin trugen etliche Menschen mit Helge-Masken anschließend seine Botschaft weiter in die Dresdner Nacht.