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Klaus Maria Brandauer nickte auf der Bühne ein

Der Star spielte bei den Musikfestspielen ganz allein Shakespeares „Sommernachtstraum“. Musiker aus Salzburg unterbrachen ihn trefflich.

Von Bernd Klempnow
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Ovationen für den Star Klaus Maria Brandauer.
Ovationen für den Star Klaus Maria Brandauer. © Oliver Killig

Dresdens Musikfestspiele bieten eben auch das: An einigen Abenden wird fast mehr gesprochen als musiziert – und alle haben ordentlich Spaß. Zumindest wenn eine Größe wie den Burgtheater-Mimen und Filmstar Klaus Maria Brandauer eingeladen ist, wie es am Mittwoch im Kulturpalast geschehen war. Der 1982 Oscar-prämierte „Mephisto“-Darsteller kam erneut mit seiner wunderbaren, urkomödiantischen Bearbeitung von William Shakespeares „Sommernachtstraum“ – in einer One-Man-Show.

Er tobt im Sitzen über die Bühne

Wohl nickt er gekonnt anfangs immer bei der Mendelssohn’schen „Sommernachtstraum“-Ouvertüre ein. Schreckt beim letzten Ton auf: „Habet nur geschlummert hier“, zitiert er Shakespeare, um sich dann blitzschnell in das fast komplette Personal der Komödie zu verwandeln. Vor fünf Jahren feierte er damit Triumphe in Dresden. Damals nur begleitet von einem Klavierduo, das Mendelssohns wunderbare Schauspielmusik reizvoll darbot.

Diesmal gestaltete der Schauspieler eine Version für Orchester und Chor. Da hatte er zwar weniger Platz, um – wie 2018 – über die Bühne zu toben, sich auf dem Boden zu wälzen, imaginäre Blumen zu pflücken oder beinah wie eine Fee durch den Raum zu schweben. Der 78-Jährige spielte nun von einem Pult fast nur im Sitzen trotzdem die wichtigsten Figuren und ihre Handlungen plastisch aus. Er hatte den Text herrlich auf wesentliche Stellen verknappt. Dauert eine Inszenierung sonst gut drei Stunden, brauchten Brandauer, das brillante Mozarteum-Orchester und die Damen des Bach-Chores aus Salzburg für ihren dialogischen „Sommernachtstraum“ inklusive der Schauspielmusik nur 85 Minuten. Der Abend war trotzdem länger, denn die Salzburger Musiker interpretierte vor der Pause Schuberts 7. Sinfonie, die „Unvollendete“, die stimmungsmäßig und in ihrer partiellen Zartheit wunderbar zur Mendelssohn’schen Poesie passte.

Eselsgesang und Schlachtefest

Und doch war es wieder der Schauspieler, der mit seiner Interpretation der mysteriösen Verirrungen und Wirrungen der liebestollen und liebeskranken Stückhelden abräumte. Der Meister polterte, flüsterte, wisperte und flirtete trefflich die Verse mit seiner suggestiven Stimme, dass es kurzweilig war und es entsprechend Szenenapplaus gab.

Wieder war der Feenspuk im Wald Brandauers Revier. Jede Figur bekam eine eigene Tonlage, gern auch Mimik und Gestik. Sein Puck etwa huschte drollig und leicht verwirrt durchs Unterholz. Die Feenkönigin Titania war eine selbstbewusste Herrscherin, die rollig den so herrlich grässlich singenden Esel anmiezte, was Waldherrscher Oberon wohl initiiert hatte, dann aber doch nicht so gut fand. Und den schauspielenden Handwerker, der sich selbst mit einem imaginären Schwert abschlachtete, gab der Mime so slapstickartig überzogen, dass das Podium eine einzige Blutlache hätte sein müssen.

Ganz klar: Klaus Maria Brandauer hat unverändert Spitzenformat. Er kann mit seiner Sprache Welten einfangen. Stehende Ovationen im ausverkauften Saal.

Festspiel-Tipps (Auswahl)

  • Mit Rekordbeteiligung findet am Pfingstsonnabend das Mitmachprojekt „Klingende Stadt“ statt. Rund 60 Ensembles, Solisten, Tanzgruppen, Bands und Chöre werden von 15 bis 18 Uhr die Innenstadt bespielen. Das Publikum kann bei freiem Eintritt an elf Plätzen wie Schlosshof, Prager Straße und Neustädter Markt Straßenkonzerte erleben.
  • Die großartige Violinistin Midori gastiert am Pfingstmontag ab 11 Uhr im Palais im Großen Garten. Sie interpretiert unter anderem Bach-Sonaten.
  • Die Dresdner Sinfoniker, das Sächsische Vocalensemble und weitere Künstler gestalten 2. Juni im Festspielhaus Hellerau das Programm „Weiße Rose“. In dessen Zentrum steht das Schicksal von Sophie Scholl, das mit musikalischen und visuellen Mitteln reflektiert wird.
  • Karten: tel. unter 0351 65606700 oder

www.musikfestspiele.com