Mark Forster in Dresden: Liebe und Konfettikanonen

Von Johannes Gerstengarbe
Es ist Freitagabend und Mark Forster holt sein verschobenes Konzert an den Elbwiesen nach. Seit er das letzte Mal in Dresden gespielt hat, ist einiges passiert: Neben ausgiebiger Fernsehtätigkeit hat er eine Eurovision Song Contest Gewinnerin geheiratet (kleiner Tipp: Sie heißt nicht Nicole) und ist jetzt Papa. Arbeiten müsste er finanziell gesehen wahrscheinlich nicht mehr, es bereitet ihm aber offensichtlich Freude, seine Songs vor großem Publikum mit einer perfekt funktionierenden Band vorzutragen.
Schlagzeuger Reiner „Kallas“ Hubert etabliert sich dabei als der Manuel Neuer der Musik, indem er mehrmals aus seinem eigenen Strafraum über die Mittellinie bis auf den ins Publikum ragenden Laufsteg hin und zurück rennt. Der Bläsersatz aus Trompete, Posaune und Saxophon läuft stabil, die Saiten- und Tastenfraktion sowieso.
Es gibt mehrere Kameraleute, die live Nahaufnahmen für die Projektion auf die große Leinwand im Hintergrund filmen, sodass das Gefühl größerer Nähe durch Nahaufnahmen suggeriert wird. Diese wird aber hauptsächlich über die Texte hergestellt, die vielen Zuhörern aus dem Herzen zu sprechen scheinen. „Es ist nichts kaputt. Es ist nur mellow.“ Man darf auch mal traurig sein, und dann hilft Mark Ćwiertnia, dass man sich wieder besser fühlt. Es ist selbstverständlich ein Spiel mit den Emotionen des Publikums, aber kein böses. Und das ist in einer politisch oft dem Populistischen nahen Gegend wie Ostsachsen schon eine Erleichterung und gleichzeitig Urlaub vom vergifteten Diskurs.
Corona und Ukraine werden erwähnt, und das Publikum schickt mit Handbewegungen Liebe in andere Teile der Welt. Man ist Teil der „Guten Seite“. Das gleichnamige Lied beginnt im musikalischen Kontext gesehen unerwarteterweise mit Jazzakkorden. Aber die vom Star des heutigen Abends komponierte Krömer-Titelmelodie der Internationalen Show war damals ja auch schon so angenehm bigbandig. Annie Chops, die Vorband mit ihren eigenen Liedern war, spielt eine bluesige Gitarre, es gibt ein gutes Saxophonsolo von Nils Wrasse, und dann endlich mal der Poptrick: Der Refrain wird am Ende einen halben Ton höher gesungen und im hier eingetretenen Idealfall auch gespielt, sonst klänge es ja sehr seltsam.
Nach der Bandvorstellung begeben sich alle mobilen Instrumentalisten auf den Laufsteg, da hat sich die Performance-Regie ein wirksames neues Bild einfallen lassen. Noch wirksamer: Konfettikanonen mit meterlangem Konfetti. Das lässt sich auch im Naturschutzgebiet einigermaßen entspannt wieder aufräumen und sieht toll aus. Dann wird aus nur gefühlter Nähe echte körperliche. Eine Leiter stagedived zu einem Herz, das im Vorhinein auf den Boden gemalt wurde.
Mit Maske und Security folgt Mark Forster, um einen Telefonstreich durchzuführen. Von der Leiter herab telefoniert er mit dem Verlobten von Konzertbesucherin Anne, die sich freiwillig gemeldet hat. Sven ist auf der Kegelbahn mit den Kumpels, statt, wie Anne dachte, auf das achtmonatige gemeinsame Kind aufzupassen. Er kriegt aber grad noch mal die Kurve, indem er am Schluss sagt: „Anne ist das Beste, was mir je passiert ist“
Währenddessen wird für einige Songs ein Akustikset mit Klavier und lustigerweise E-Drums auf den Laufsteg gebaut. Die funktionieren kurzzeitig nicht, Neuer rettet im Strafraum. Das Set überzeugt durch einen coolen eigenen Klaviersound, super saubere Hintergrundgesänge und einen sensiblen Bläsersatz.
Die Zugaben legen wieder eine Schippe drauf: Konfettikanonen und Feuerwerk im Rhythmus. Mark singt: „So wie Du glaubst, so wie Du lebst: Es ist ok.“ Am Ende steht das Wort Liebe in großen Lettern auf der Hintergrundleinwand.