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Christian Thielemann dreht in der Semperoper richtig auf

Er zelebriert mit Wonne die „Hausgötter“ der Semperoper. Die plant für nächste Saison zehn Neuinszenierungen und 30 Wiederaufnahmen.

Von Bernd Klempnow
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Christian Thielemann am Mittwoch im Rundfoyer vor den Plakaten zu den Premieren der Saison 2022/23. Starke Motive der Künstlerin Rosemarie Trockel wurden für die Gestaltung der Plakate und des Spielzeitheftes verwendet.
Christian Thielemann am Mittwoch im Rundfoyer vor den Plakaten zu den Premieren der Saison 2022/23. Starke Motive der Künstlerin Rosemarie Trockel wurden für die Gestaltung der Plakate und des Spielzeitheftes verwendet. © dpa-Zentralbild

Große Musikfans sollten ihr in der Pandemie – zwangsweise – gespartes Geld weiter zusammenhalten. Denn sie werden es brauchen. Zumindest jene, die die Werke von Richard Wagner und Richard Strauss mögen. Denn nicht nur die Dresdner Philharmonie unter ihrem Chef Marek Janowski plant in der kommenden Spielzeit 2022/23 einen vierteiligen „Ring des Nibelungen“.

Auch die Semperoper Dresden setzt ihn zweimal an und feiert nach Jahren der Pause mal wieder Strauss-Festtage. Und solche Opernhaus-Abende werden in der Regel wieder Kartenpreise von je über 100 Euro haben, denn der Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Christian Thielemann wird sie leiten und für internationale Topbesetzungen sorgen, die nun mal ihren Preis haben. „Es ist nicht einfach, die tollen Leute zu bekommen, jetzt, wo es wieder losgeht. Aber wir sind schon ganz gut dabei“, kündigte Thielemann am Mittwoch in Dresden an.

Nach zwei Jahren der Pandemie soll die Semperoper ab Sommer 2022 wieder 365 Vorstellungen im Jahr geben.
Nach zwei Jahren der Pandemie soll die Semperoper ab Sommer 2022 wieder 365 Vorstellungen im Jahr geben. © dpa-Zentralbild

Anlass war die Präsentation der Spielzeit 2022/23 durch Intendant Peter Theiler. So viel: Auch die anderen Produktionen der Semperoper in der nächsten Spielzeit haben es nicht minder in sich. Nach zwei Jahren der Pandemie mit kaum Vorstellungen, vielen Verschiebungen und Ausfällen hofft er auf „einen gesicherten Spielbetrieb unter Normalbedingungen“. 2021 beispielsweise konnte das Haus nur 64 Vorstellungen geben. Wegen der Hygienemaßnahmen durften nur 26.000 Besucher herein – das entspricht einer Auslastung von 33,3 Prozent der insgesamt 1.300 Plätze.

Theiler will in seiner dann fünften Saison wieder durchstarten: „Unser Auftrag, als eine der führenden Kulturinstitutionen nicht nur den Kulturstandort Freistaat Sachsen international in der Welt zu repräsentieren, sondern auch den gesellschaftspolitischen Dialog hier in Dresden anzuregen und darüber hinaus didaktisch im Sinne unseres humanistisch-demokratischen Leitbildes wirken zu können, bleibt die Triebfeder für unser Schaffen.“

Filmregie-Meister Andreas Dresen inszeniert "Pique Dame"

Mit zehn Neuproduktionen sowie dreißig Wiederaufnahmen von Repertoirestücken in rund 365 Vorstellungen der Sparten Oper, Ballett und Junge Szene – davon zwei Uraufführungen und drei Dresdner Erstaufführungen – bietet die Saison ein reiches Angebot an aufregend neuen Inszenierungen, hält aber auch tradierte Werke bereit. Stars wie Tenor Rolando Villazón und Filmregie-Meister Andreas Dresen werden auftreten oder inszenieren. Vertraute Handschriften kehren zurück, neue aufregende Kooperationen könnten interessante Sichten ermöglichen. Es wird Talente zu entdecken geben und gute Bekannte wie die Sopranistin Evelyn Herlitzius und Bass Georg Zeppenfeld in neuen Partien.

Doch das Bemerkenswerteste ist etwas anderes: Thielemann, dessen Vertrag auf Wunsch der Kapelle von Sachsens Kulturministerin über den Sommer 2024 nicht verlängert wurde, zieht sich nicht schmollend zurück, sondern ist in Dresden so aktiv wie noch nie. Denn neben den Konzerten der Kapelle, die demnächst separat vorgestellt werden, will er seine Lieblinge Wagner und Strauss mit Wonne feiern. Denn neben den acht "Ring"-Abenden „lasse ich mir doch die ,Meistersinger von Nürnberg’ nicht entgehen“. Er leite deren Wiederaufnahme und freue sich bereits riesig darauf, den neuen, mit Georg Zeppenfeld 2020 kreierten Hans Sachs wieder zu gestalten.

Die Chance nach dem Salzburg-Ende

Und: Nachdem das Salzburger Oster-Engagement der Kapelle in diesem Jahr endet, „war es meine Idee, den anderen Hausgott mit Festtagen zu zelebrieren“ und mit der „Arabella“ das wohl schwierigste Stück für ein Orchester anzusetzen. Überhaupt sei er dankbar, so Thielemann, dass „wir jetzt alle wieder loslegen können“. Durch die langen Pausen habe die Spielfähigkeit des Orchesters nachgelassen. „Wir mussten wieder lernen, genau aufeinander zu hören, sind ja wie Leistungssportler, die wohl allein trainieren können, aber Wettkämpfe für ihre Klasse brauchen. Ich glaube aber, wir haben gut aufgeholt in Sachen Klangqualität.“

Es lohnt, die Saison-Vorhaben in Ruhe zu studieren. Vielversprechend sind alle. Mit dem Angebot darf sich die Semperoper weiterhin mit zu den künstlerisch produktivsten und lebendigsten Opernhäusern von Weltrang zählen.

Premieren, Uraufführungen und zu Ostern Festtage

  • Chasing Waterfalls. Uraufführung Von Lee am 3. 9. 2022, Dirigat: Angus Lee, Inszenierung: Sven Sören Beyer
  • La traviata. Von Verdi am 2. 10. 2022, Dirigat: Stefano Ranzan, Inszenierung: Barbora Horáková
  • Die Gespenstersonate. Von Reimann am 17. 2. 2023, Dirigat: Yura Yang, Inszenierung: Corinna Tetzel
  • Attila. Von Verdi im Februar 2023, konzertant unter Jordi Bernacer mit Georg Zeppenfeld in der Titelpartie.
  • La sonnambula. Von Bellini am 19. 3. 2023, Dirigat: Evelino Pidò, Inszenierung: Rolando Villazón
  • L’Orfeo. Von Monteverdi am 30. 4. 2023, Dirigat: Wolfgang Katschner, Inszenierung: Nikolaus Habjan
  • Pique Dame. Von Tschaikowsky am 1. 7. 2023, Dirigat: Mikhail Tatarnikov, Inszenierung: Andreas Dresen
  • Vom 2. bis 16. April 2023 wird es wieder mal Richard-Strauss-Tage in der Semperoper geben. Geplant sind Aufführungen von Der Rosenkavalier und Arabella unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann, Ariadne auf Naxos, musikalisch geleitet von Omer Meir Wellber, sowie Konzerte der Staatskapelle. Zudem gibt es thematische Semper Matineen, darunter eine jazzige Hommage an Strauss.#
  • Der Saisonverkauf soll Ende Mai beginnen. Tickets für die „Ring-Vorstellungen sowie die Richard-Strauss-Tage können nur schriftlich und im Paket bestellt werden. Infos gibt es im Spielzeitheft und auf der Website