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Teresa Enke wird in Dresden ausgezeichnet

Die Witwe des verstorbenen Nationaltorwarts Robert Enke erhält den diesjährigen Erich-Kästner-Preis. Bei der Verleihung spielte Dynamo-Legende Ralf Minge eine entscheidende Rolle.

Von Andreas Weller
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Preisträgerin mit Laudator: Teresa Enke und Ralf Minge auf Schloss Albrechtsberg.
Preisträgerin mit Laudator: Teresa Enke und Ralf Minge auf Schloss Albrechtsberg. © René Meinig

Dresden. Teresa Enke engagiert sich für schwere Themen als Vorstandsvorsitzende der Robert-Enke-Stiftung. Diese hat sich zur Aufgabe gemacht, Maßnahmen und Einrichtungen, die über Herzkrankheiten von Kindern sowie Depressionskrankheiten aufklären und deren Erforschung oder Behandlung dienen, zu unterstützen.

Dafür wurde sie am Sonntag vom Presseclub Dresden mit dem Erich-Kästner-Preis ausgezeichnet. "Durch den Tod von Robert hat die Krankheit ein Gesicht bekommen", sagte Enke in ihrer Dankesrede. Robert Enke hatte sich 2009 in einer Depression das Leben genommen. Im Jahr danach gründete seine Witwe die Stiftung, gemeinsam mit dem Deutschen Fußballbund, der Deutschen Fußballliga und Enkes letztem Verein, Hannover 96.

Als Laudator aus Schloss Albrechtsberg trat Dynamo-Dresden-Idol Ralf Minge auf, der jetzt Sportdirektor beim Halleschen FC ist. Minge sagte, er habe sich geehrt gefühlt und dann Zweifel bekommen, ob er der Sache gerecht wird. "Es gibt Momente im Leben, in denen aus Zweifel Angst wird. Das ist wie der Versuch, einen Ball unter Wasser zu drücken, in dem Wissen, dass man es nicht schafft. Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht."

Minge verwies auf den Namensgeber des Preises, der immer voller "Charme, Witz und Anarchie" geschrieben habe. "Kästner hatte auch mit Depressionen zu tun, damals wurde das Schwermütigkeit genannt." Alleine in Deutschland leiden sechs Millionen Menschen unter Depressionen, weltweit sind es 350 Millionen und im Zuge von Corona seien weitere rund 50 Millionen Menschen dazugekommen. Es sei also eine echte Volkskrankheit.

"Depressionen sind keine Frage der inneren Einstellung", so Minge. "Sie erfordern Behandlung." Sie würden aber häufig als Zeichen von Schwäche gewertet, weil wir in einer Leistungsgesellschaft leben. "Das beginnt in der Schule und begleitet uns ein Leben lang. Im Leistungssport ist der Druck noch viel höher."

Es sei noch keineswegs akzeptiert, wenn ein Profi-Fußballer wegen Depressionen ein halbes Jahr ausfalle, bei einer körperlichen Verletzung sei das anders. "Wir sind noch lange nicht so weit. Nicht darüber zu sprechen, ist fahrlässig und albern."

Teresa Enke erhält den Erich-Kästner-Preis von der stellvertretenden Vorsitzenden des Presseclubs Dresden, Sabine Mutschke.
Teresa Enke erhält den Erich-Kästner-Preis von der stellvertretenden Vorsitzenden des Presseclubs Dresden, Sabine Mutschke. © René Meinig
Unter den Gästen der Preisverleihung: Oberbürgermeister Dirk >Hilbert, Regierungssprecher Ralph Schreiber und der frühere Preisträger Prof. Gerhard Ehninger
Unter den Gästen der Preisverleihung: Oberbürgermeister Dirk >Hilbert, Regierungssprecher Ralph Schreiber und der frühere Preisträger Prof. Gerhard Ehninger © René Meinig

Dass sich dies langsam ändere, sei auch der Verdienst der Robert-Enke-Stiftung, aller Mitarbeitenden und der Vorstandsvorsitzenden Teresa Enke. "Ich freue mich, dass Sie aktiv in der Öffentlichkeit stehen. Viele wären daran zerbrochen, Sie machen anderen Mut. Der Presseclub Dresden hätte keine würdigere Preisträgerin küren können."

Dem stimmt auch der Vorsitzende des Presseclubs Dresden, Carsten Dietmann, zu: "Teresa Enke engagiert sich gegen die Stigmatisierung der Krankheit Depression und gibt vielen Betroffenen den Mut, sich zu offenbaren und Hilfe zu suchen." Mit ihrer Arbeit hole sie die Krankheit aus der Tabuzone. Dass es in der Gesellschaft inzwischen ein größeres Verständnis für seelische Krankheiten gibt, sei auch der 45-Jährigen zu verdanken.

Enke hielt ihre Rede kurz. "Es ist mir eine große Ehre, den Preis zu erhalten - insbesondere für die Arbeit der Stiftung. Das zeigt: Das Thema ist in der Gesellschaft angekommen." Der Tod von Robert Enke habe dies angestoßen, er ergebe für sie aber auch weiterhin keinen Sinn.

Das Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro spendet Enke je zur Hälfte an die Arbeitsgruppe "Seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen" am Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Fakultät Psychologie der TU Dresden und an das künftige Schulprojekt "Impression Depression in School" der Robert-Enke-Stiftung.

Ihren späteren Ehemann lernte Enke am Sportgymnasium in Jena kennen. Vier Jahre nach ihrer Heirat kam die erste Tochter des Paares zur Welt, starb jedoch bereits im Alter von zwei Jahren wegen eines schweren Herzfehlers. 2009 adoptierte das Paar ein zwei Monate altes Mädchen.

Der Erich-Kästner-Preis wurde in diesem Jahr zum 25. Mal verliehen. Neben Teresa Enke zählen unter anderem die Politiker Richard von Weizsäcker und Hans-Dietrich Genscher sowie der Seenotretter Claus-Peter Reisch zu den Trägerinnen und Trägern.