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Landgericht Dresden: Stadtrat Frank Hannig wegen Betruges angeklagt

Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Jahren gegen den Dresdner Stadtrat und ehemaligen Strafverteidiger Frank Hannig. Er soll Anleger um Millionen betrogen haben.

Von Alexander Schneider
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Der ehemalige Rechtsanwalt Frank Hannig soll Anleger betrogen haben. Die Staatsanwaltschaft hat nun gegen den 52-Jährigen, der auch für die Freien Wähler in den Dresdner Stadtrat gewählt wurde, Anklage vor dem Landgericht Dresden erhoben.
Der ehemalige Rechtsanwalt Frank Hannig soll Anleger betrogen haben. Die Staatsanwaltschaft hat nun gegen den 52-Jährigen, der auch für die Freien Wähler in den Dresdner Stadtrat gewählt wurde, Anklage vor dem Landgericht Dresden erhoben. © Archiv: xcitepress/Christian Essler

Dresden. Über drei Jahre soll der Stadtrat (auf der Liste Freie Wähler gewählt) und ehemalige Rechtsanwalt Frank Hannig Geld von Anlegern eingesammelt und nach Abzug seiner Provision ins Ausland überwiesen haben. Es geht um einen Schaden von mehr als fünf Millionen Euro. Am Gründonnerstag bestätigte der Sprecher des Landgerichts Dresden Andreas Feron eine entsprechende Anklage der Staatsanwaltschaft Dresden von Mitte März.

Hannig werde gemeinschaftlicher Betrug in mehr als 100 Fällen vorgeworfen. "Es geht um eine Art Anlagebetrug", so Feron. Die Vorwürfe werden nun von einer Wirtschaftskammer geprüft. Eine Anklage vor dem Landgericht bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft offenbar eine Haftstrafe von mehr als vier Jahren für möglich hält.

Erstmals bekannt wurden die Ermittlungen gegen Hannig im Juni 2021. Damals hatte der schillernde Dresdner Anwalt auf einer Querdenker-Bühne im Bundestagswahlkampf gesagt, er wisse, wie es ist, wenn die Polizei Kanzlei und Wohnung durchsucht. In Medien wurde über Geldwäsche spekuliert. Hannig selbst sprach von einem Verfahren gegen einen Mandanten.

Nach Sächsische.de-Informationen kam der Stein im Herbst 2019 nach der Anzeige eines Anlegers in Nordrhein-Westfalen ins Rollen. Es geht um vorbörslichen Handel von Beteiligungen internationaler Unternehmen. Im Jahr 2020 übernahm die Staatsanwaltschaft Dresden die Ermittlungen. Angeblich soll Anwalt Hannig als Treuhänder für ausländische Täter die Gelder der Anleger nach Asien, etwa nach Hongkong und Singapur, weitergeleitet und Provisionen von fast 200.000 Euro kassiert haben, so der Vorwurf. Die Anklage soll rund 30 Seiten lang sein, mit langen Listen von Zahlungen mutmaßlicher Anleger.

Mutmaßliche Mittäter unbekannt

Hannig ist der einzige Angeklagte in diesem Verfahren. Den ausländischen Mitbeschuldigten konnte man offenbar nicht habhaft werden, wobei unklar ist, ob die überhaupt bekannt sind. Klar sei nur, wie so oft bei solchen Delikten, dass das Geld weg sei.

Hannigs Verteidiger Ronald Mayer bestätigte die Anklage, teilte sie jedoch nicht. Sein Mandant habe treuhänderisch das Geld von Mandanten weitergeleitet, das müsse nicht strafbar sein. "Nur ganz, ganz wenige Anleger haben gesagt, dass sie sich betrogen fühlen", so Mayer, ihm sei kein einziger Geschädigter bekannt, der von Hannig seinen Verlust zurückgefordert hätte. Mayer werde sich mit einer Einwendung ans Gericht gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens wenden.

Der 52-jährige Ex-Anwalt und Kommunalpolitiker Frank Hannig kommt nicht aus den Schlagzeilen. Erst im Oktober vergangenen Jahres hat er seine Rechtsanwaltszulassung zurückgegeben, aus gesundheitlichen Gründen wie er damals sagte. Weil er sich sang- und klanglos als Anwalt verabschiedete, drohten mehrere laufende Strafverfahren zu platzen.

Für unkonventionelle Art bekannt

Im Dezember wurde seine Insolvenz bekannt und dass er keinen Zugriff mehr auf sein Vermögen habe. Zur Jahreswende flog er wegen Differenzen aus der Fraktion der Freien Wähler im Dresdner Stadtrat. Zuletzt hatte er mitgeteilt, aus gesundheitlichen Gründen etwas kürzerzutreten, nahm in diesem Jahr auch nicht an Stadtratssitzungen teil.

Als Anwalt war Hannig für seine unkonventionelle Art bekannt, er berichtete etwa häufig auf Videos in sozialen Medien über seine Prozesse und rechtliche Fragen. Einmal etwa stand er auf der Pegida-Bühne, um über die Einstellung eines Strafverfahrens gegen eine vermeintliche Arnsdorfer Bürgerwehr vom selben Tag zu informieren. Noch im Herbst 2022 war Hannig Redner bei Dresdner Montagsdemos, die sich in der Corona-Pandemie gegründet hatten.

Bundesweit bekannt wurde Hannig als vorübergehender Pflichtverteidiger des rechtsextremen Mörders vom Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Nach einem Jahr wurde er jedoch in diesem Prozess in einem rechtlich umstrittenen Verfahren als Anwalt abgelöst. In Kassel ermittelte die Staatsanwaltschaft danach wegen Anstiftung zur falschen Verdächtigung gegen den Dresdner Verteidiger; das Verfahren wurde eingestellt.