Dresden. Ist sie gerettet - oder droht der mittlerweile recht bekannten Gründerzeit-Villa am Wilden Mann doch noch der Abriss? Eine Erhaltungssatzung für das Gebiet, die im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht wurde, konnte den Abriss für gut ein Jahr verhindern.
Diese Schonfrist läuft nun ab - und die Erhaltungssatzung ist noch immer nicht beschlossene Sache.
Was sich vor dem inzwischen leerstehenden Haus in der Wilder-Mann-Straße derzeit tut, lässt darauf schließen, dass der Eigentümer an seinen Plänen für das Areal festhält. Rund um das Gebäude wurden Bäume gefällt.
Noch im Mai 2020 hatte der Investor bestätigt, das Haus abreißen und einen Neubau errichten zu wollen. Die Geschäftsführer der Projektgesellschaft WM44, die das Grundstück samt Villa gekauft und 2019 den Abriss bei der Stadt angezeigt hatten, äußerten sich auf SZ-Anfrage dazu nicht.

Dafür hat sich jetzt der Bauausschuss erneut mit der Erhaltungssatzung befasst und den Plänen der Stadtverwaltung zugestimmt, das Gebiet Trachau/Wilder Mann entsprechend zu schützen.
Das letzte Wort hat allerdings der Stadtrat, der die Satzung in seiner nächsten Sitzung beschließen soll. Denn die Zeit drängt, soll der Abriss noch verhindert werden. Allerdings regt sich trotz anfänglicher Einigkeit in der Politik inzwischen Protest - in diesem Falle auf Seiten der CDU.
Schon im vergangenen Jahr, als die Satzung auf den Weg gebracht wurde, gab es in der Stadtratsfraktion Bedenken in Bezug auf die Satzung. Denn jede bauliche Veränderung, etwa den Bau einer Dachterrasse, einer Solaranlage oder eines Carports, muss dann von den Eigentümern der Häuser in dem Gebiet bei der Stadt angezeigt werden.
CDU-Stadtrat Veit Böhm geht das zu weit. "Wir haben gegen diese Satzung gestimmt und werden das auch im Stadtrat tun."
Anders, als bei den 28 anderen Erhaltungssatzungen, die es in Dresden bislang gibt und denen die CDU auch zugestimmt hat, gehe es am Wilden Mann nicht um ein größeres Ensemble, das geschützt werden muss.
Böhm verweist auf Striesen, Blasewitz und die zahlreichen Dorfkerne, die in ihrer Gestaltung erhalten bleiben sollten.
Baumfällungen: "Auge auf Geschehnisse vor Ort haben"
Das sei im Gebiet der Trachauer Erhaltungssatzung anders, so Böhm weiter. "Die meisten Grundstücke sind bebaut, die Häuser alle saniert."
Warum sollten diese Hausbesitzer in ihren Rechten beschnitten werden, nur um ein einzelnes Gebäude zu retten, fragt Böhm. Letztlich würden die höheren Kosten, die diese Eigentümer dann bei einer baulichen Veränderung hätten, auch auf die Mieter umgelegt.
Auch der von Holger Zastrow (FDP) im Bauausschuss eingebrachte Vorschlag, die Erhaltungssatzung nach fünf Jahren prüfen zu lassen, und, falls nicht mehr benötigt, wieder zu kippen, konnte Veit Böhm nicht überzeugen.
"Letztlich ist das keine richtige Begrenzung, sondern die Situation wird dann zunächst neu bewertet." Das sei zu wage. Auch er wolle nicht, dass die Villa abgerissen wird. Das mit einer Erhaltungssatzung verhindern zu wollen, sei allerdings nicht der richtige Weg.
Grünen-Stadtrat Thomas Löser sieht das anders und setzt darauf, dass der Stadtrat der Satzung zustimmt. "Danach muss die Stadtverwaltung sofort mit dem Eigentümer der Villa in Kontakt treten."
Man müsse jetzt angesichts der gefällten Bäume ein genaues Auge auf die Geschehnisse vor Ort haben, sagt Löser und spielt damit auf den illegalen Abriss einer denkmalgeschützen Villa 2014 in Blasewitz an.
Warum ist die Trauchauer Villa nicht denkmalgeschützt?
Zwar hat die Stadt mehrfach versucht, das Gebäude in der Wilder-Mann-Straße von Denkmalpflegern unter Schutz stellen zu lassen - allerdings ohne Erfolg.
Zuständig für eine Überprüfung der "Denkmalschutzeigenschaft" ist das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen. Das hatte den Schutzstatus allerdings abgelehnt.
"Das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen hat das Objekt dreimal geprüft", teilte Sprecherin Sabine Webersinke im März 2020 auf SZ-Anfrage mit. Und zwar Anfang der 1990er-Jahre im Rahmen der Neuerfassung der Kulturdenkmale sowie 2017 und 2018 auf Anfrage der jeweiligen Eigentümer.
Im Januar dieses Jahres hatte die Stadt erneut angefragt, abermals ohne Erfolg. Eine nochmalige Prüfung fand nicht statt.
Aus Sicht des Amtes handele es sich um einen "durchschnittlichen Bau, etwa um 1900 entstanden, der keine Sachverhalte aufweist, die seine Denkmaleigenschaft begründen".
Zudem sei der Bau im Laufe der Zeit in Teilen verändert worden. Die Prüfung habe ergeben, dass die Kriterien eines Kulturdenkmals nicht erfüllt sind.