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Dresdner Dissidenten-Fraktion nennt Sachsen-Energie "arrogant und unverantwortlich"

Der Dresdner Stadtrat hatte beschlossen, dass es erst einmal keine Energiesperren mehr in Dresden geben soll. Der Versorger Sachsen-Energie hat jedoch große Bedenken. Warum sich der Streit jetzt zuspitzt.

Von Dirk Hein
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Muss Sachsen-Energie bis Ende 2023 Energiesperren aussetzen?
Muss Sachsen-Energie bis Ende 2023 Energiesperren aussetzen? © Archiv/Rene Meinig

Dresden. Im dritten Anlauf gelang Anfang Oktober im Dresdner Stadtrat der Beschluss, dass es bis Ende 2023 keine Energiesperren in Dresden geben soll. Das bedeutet, der Versorger Sachsen-Energie dreht weder Strom noch Heizung ab, wenn Dresdnerinnen und Dresdner ihre Rechnung nicht bezahlen können. Der Antrag stammt von der Dissidenten-Fraktion. Er wurde mit knapper Stimmenmehrheit von Grünen, Linke, SPD und Dissidenten beschlossen, um vor allem einkommensschwache Haushalte in der Energiekrise nicht zusätzlich zu belasten.

Nur wenige Tage später dann die erste Enttäuschung: Mitte Oktober teilte Sachsen-Energie mit, der Stadtratsbeschluss allein könne die rechtlichen Grundlagen zur Durchführung von Strom- und Gassperren nicht außer Kraft setzen. Das Aufschieben möglicher Sperren auf die Zeit nach 2023 werde ohnehin kritisch gesehen, da damit das Problem nicht gelöst werde, sondern es sich nur in die Zukunft verschiebe. Hinzu komme, dass ein solches Moratorium Auswirkungen auf die Liquidität des Energieunternehmens habe.

Versorger wartet auf Initiative des Oberbürgermeisters

Die Dissidenten veranlasste diese Ablehnung zu einem Offenen Brief an Sachsen-Energie. Darin fordert Dissidenten-Stadtrat Johannes Lichdi, der auch im Aufsichtsrat des Versorgers sitzt, das Unternehmen auf, "alsbald den Verzicht auf Energiesperren öffentlich zu erklären". So solle Bürgerinnen und Bürgern die Angst vor drohenden Sperren genommen werden. Sollte Sachsen-Energie nicht umgehend reagieren, wolle Lichdi einen entsprechenden Antrag in der nächsten Aufsichtsratssitzung stellen.

Sachsen-Energie reagierte auf den Brief wortkarg: Der Stadtrat habe beschlossen, dass der Oberbürgermeister mit der Forderung des Rates auf das Unternehmen zugehen werde. Formal kann der Rat seinen Willen gegenüber dem kommunalen Energieversorger gar nicht anders erklären. Der Versorger beruft sich jedoch auf diese Formalie und erklärt: "Insofern sehen Sie es uns nach, dass wir uns an diesen im Beschluss klar hinterlegten Kommunikationskanal halten", erklärt Vorstand Frank Brinkmann in seiner Antwort an Stadtrat Lichdi.

Der ist empört. "Das ist genau die Gutsherrenart der Sachsen-Energie, die uns in die fossile Krise und Klimakatastrophe geführt hat - arrogant und unverantwortlich!"

Lichdi sieht im Verhalten von Sachsen-Energie eine "unverhohlene Respektlosigkeit gegenüber dem Stadtrat als höchstes demokratisches Organ Dresdens". Das Unternehmen fahre eine schamlose Verzögerungstaktik, so Lichdi.

Freie Bürger widersprechen

Die Fraktion der Freien Wähler/Freie Bürger im Stadtrat widerspricht der harschen Kritik der Dissidenten. Claus Lippmann: "Ein Zahlungsaufschub löst das Problem von Zahlungsschwierigkeiten bei den Bürgern nicht, es verschiebt das Problem lediglich in die Zukunft." Stattdessen müssten die Strompreise insgesamt "runter und die Stadt muss Härtefälle mit den bestehenden Auffangsystemen absichern."

Würde die Sachsen-Energie auf das Druckmittel der Stromsperren verzichten, würden Einnahmen fehlen. Laut Lippmann besteht dann die Gefahr, "dass dieses bisher gut geführte kommunale Unternehmen in Schieflage gerät. Dies hätte dramatische Folgen nicht nur für die privaten und gewerblichen Kunden der Sachsen Energie, sondern unmittelbar auch für den städtischen Haushalt."