Dresden
Merken

August der Starke in Dresden: Der König ist tot

August der Starke ist ein Mythos. Er hat das Augustinische Zeitalter begründet, das angeblich goldene Zeitalter Sachsens, das dem Land überregional politisch, kulturell und wirtschaftlich Geltung verschaffte.

Von Ralf Hübner
 5 Min.
Teilen
Folgen
August der Starke hoch zu Pferde abgebildet am Fürstenzug in Dresden.
August der Starke hoch zu Pferde abgebildet am Fürstenzug in Dresden. © Sven Ellger

Dresden. Dresden verdankt August dem Starken viel. Die Stadt zehrt noch immer von den glanzvollen Bauten wie dem Zwinger oder den Kunstsammlungen. Der Nachwelt ist er zudem durch ausschweifende Feste und Mätressenwirtschaft in Erinnerung. Er soll Hufeisen und Geldstücke verbogen haben und inszenierte sich selbst gern als Herkules. August ist Teil der sächsischen Identität. Vor 290 Jahren ist er am 1. Februar 1733 im Alter von 62 Jahren in Warschau gestorben.

Am Morgen des 1. Februar gegen vier Uhr soll er umgeben von seinen engsten Ministern, wie berichtet wird, nach einem Schwächeanfall eingeschlafen sein. Kuriere eilten mit der Nachricht von Augusts Tod nach Dresden, wo dessen Sohn und Nachfolger Friedrich August II. die Stadttore schließen ließ. Er war jetzt der Kurfürst.

August litt unter Diabetis mellitus, der Zuckerkrankheit. Er hatte Bluthochdruck, litt an Fettstoffwechselstörungen und wog mehr als 110 Kilogramm. Schon einige Jahre zuvor wäre eine alte Verletzung August fast zum Verhängnis geworden. 1697 hatte er während des Karnevals an einem der damals beliebten Ringstechen teilgenommen und war während des Turniers vom Pferd gestoßen worden. Dabei hatte er sich eine Zehe am linken Fuß gequetscht.

August fühlte sich immer öfter erschöpft

Dieser Bereich des Fußes entzündete sich mit der Zeit immer öfter. Ganz schlimm wurde es 1726, als der König vom Landtag in Grodon nach Warschau unterwegs war und die Schmerzen unerträglich wurden. Der Fuß musste für einige Tage ruhiggestellt werden und so wurde das Schloss des Fürsten Czatoryski in Bialystok angesteuert, obgleich der Hausherr zu jener Zeit in Warschau weilte.

Der Zustand Augusts verschlechterte sich dramatisch. In ihrer Not entschlossen sich die mitgereisten Leibärzte und der Leibbarbier am Neujahrstag 1727 zur Amputation der Zehe, ohne die Ankunft des eilig herbeigerufenen Spezialisten Jean Louis Petit abzuwarten. Die Leibärzte wagten nicht, den König über ihr Vorhaben zu informieren. Ein Trank mit Opiaten narkotisierte ihn, die Operation gelang. Der Monarch wurde zunächst zornig, als der Verband geöffnet wurde und er sah, was geschehen war. Seine Stimmung besserte sich erst, als ihm Petit bestätigte, dass die Operation ihm das Leben gerettet habe.

Auch in den folgenden Jahren soll sich der König Berichten zufolge offensichtlich wegen der fortschreitenden Zuckerkrankheit immer öfter erschöpft gefühlt haben. Im Januar und Februar 1732 weilte er in Dresden. Ende Februar machte er sich auf den Weg nach Warschau, wo Anfang März der Reichstag eröffnet wurde.

Jämmerlicher Zustand des Königs

Im Sommer besuchte er ein Manöver in Czerniachow. Es wird berichtet, dass er die Gefechtshandlungen nur noch im Sitzen verfolgte. Gegen den Rat seiner Ärzte zwang er sich im Herbst zur Reise in seine Dresdner Residenz. Den Jahreswechsel verlebte er wie oft bei der Neujahrsmesse in Leipzig, dann feierte in Dresden Karneval. Am 10. Januar machte er sich wieder auf den Weg nach Warschau, um den polnischen Reichstag zu eröffnen.

In Krossen an der Oder traf er noch mit dem preußischen Abgesandten General Wilhelm von Grumbkow zusammen. Der 55-Jährige schildert in seinem Bericht den jämmerlichen Zustand Augusts. Dieser sei geradezu auf ihn gestürzt, sodass er sich an ein Möbelstück klammern musste, damit beide nicht zu Fall kamen. Dennoch brachten die Männer längere Zeit bei reichlichem Essen und Wein zu.

Auf der weiteren Kutschfahrt soll der König immer wieder das Bewusstsein verloren haben. Als er am 16. Januar in Warschau eintraf, soll der Hofstaat nicht allein vom äußeren Erscheinungsbild, sondern auch von der Geistesabwesenheit des Monarchen betroffen gewesen sein. Nur noch hin und wieder konnte er in den folgenden Tagen das Krankenbett verlassen.

Augusts Herz kommt in Kapsel nach Dresden

Die Kunst der Ärzte erwies sich als vergeblich. Augusts Leichnam wurde einbalsamiert, aufgebahrt und nach zehn Tagen nach Krakau überführt. Die Vorbereitungen für die Begräbniszeremonie dauerten fast ein Jahr. Am 15. Januar 1934 wurde er prachtvoll in der Königskrypta der Wawel-Kathedrale beigesetzt. Die Eingeweide wurden separat in einer Urne in der Warschauer Kapuzinerkirche zur Verklärung des Herrn bestattet.

Sein Herz kam seinem Wunsch gemäß in einer innen vergoldeten silbernen Kapsel nach Dresden, wo sie in der alten katholischen Kapelle am Schloss beigesetzt wurde. Jetzt steht sie in der Königsgruft der Kathedrale, der ehemaligen Katholischen Hofkirche. Der Legende nach soll es wieder zu schlagen beginnen, wenn eine hübsche Frau vorübergeht.

Schon bald nach Augusts Tod begann die Legendenbildung. Dessen Beiname "der Starke" ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Die Bilanz seiner Regierung fällt gemischt aus. Er verwickelte Polen und Sachsen in den Nordischen Krieg, der mit einer schweren Niederlage endete. Er ließ Dresden auf Kosten des übrigen Landes zur prunkvollen Residenz ausbauen und ruinierte die Staatsfinanzen.

Sein Versuch, absolute Regierungsformen einzuführen, zerrüttete die innere Ordnung. Seine machtpolitischen Ambitionen, die Sachsen als führende Größe im Reich zu etablieren, scheiterten. Als gesichert gilt, dass er mit elf Mätressen acht Kinder gezeugt hat, die er anerkannte und um deren standesgemäßen Lebensweg er sich kümmerte. Zum Skandal geriet die Beziehung zur Anna Constantia von Cosel, deren politische Intrigen ihr lebenslange Haft auf Burg Stolpen einbrachten.