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"Letzte Generation" mit klebendem Protest am Bahnhof Neustadt

Am Mittwochnachmittag demonstriert die "Letzte Generation" erneut in Dresden auf der Straße – und kündigt für Donnerstag weitere Störungen an.

Von Alexander Schneider & Christoph Springer
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Klimademonstranten von "Letzte Generation" blockierten am Mittwochnachmittag eine Straße am Bahnhof Dresden-Neustadt, wurden aber nach wenigen Minuten von Polizisten weggetragen.
Klimademonstranten von "Letzte Generation" blockierten am Mittwochnachmittag eine Straße am Bahnhof Dresden-Neustadt, wurden aber nach wenigen Minuten von Polizisten weggetragen. © Marion Doering

Dresden. Klimademonstranten der Initiative "Letzte Generation" haben am Mittwochnachmittag erneut für wenige Minuten lang eine Straße in Dresden blockiert. Gegen 16.15 Uhr setzte sich ein Pärchen am Bahnhof Neustadt auf die Hansastraße in Richtung Innenstadt.

Für den heutigen Donnerstag kündigte Aktionssprecher Christian Bläul gleich weitere Verkehrsstörungen an. Wann und wo genau sich Teilnehmer seiner Initiative auf die Straße kleben, könne er jedoch nicht sagen, weil ihm die Planungen der Dresdner Gruppe schlicht auch noch nicht bekannt seien: "Das wird noch koordiniert."

Bläul sagte weiter, man warte noch immer auf eine Reaktion des Oberbürgermeisters auf einen Brief vom 1. Februar. Darin hatten die Protestler der Stadt ein Ultimatum gestellt. Die Verwaltung sollte sich demnach bis zum vorletzten Sonntag für einen "Gesellschaftsrat" zum Klimaschutz einsetzen, andernfalls wolle man in Dresden bis zu "maximalen Störung" der öffentlichen Ordnung gehen: "Wir werden weitermachen, wenn wir nichts hören und dann wird die Intensität zunehmen."

Die Klimademonstranten hatten sich aneinander geklebt, aber nicht an der Fahrbahn fest. Polizisten trugen sie nach wenigen Minuten zur Seite.
Die Klimademonstranten hatten sich aneinander geklebt, aber nicht an der Fahrbahn fest. Polizisten trugen sie nach wenigen Minuten zur Seite. © Marion Doering

Unter "Intensität" seien verschiedene Möglichkeiten vorstellbar. "Wir könnten uns Orte suchen, wo es mehr stört. Mit Sicherheit auch größere Straßen und wir könnten auch mehre Aktionen gleichzeitig durchführen", so der 40-jährige Physiker, der das bekannteste Gesicht der Dresdner Gruppe ist, auch am Mittwochnachmittag vor Ort. Bläul sagte, er sei selbst überrascht, dass "nur zwei Menschen" die Hansastraße blockierten. Er habe mit weiteren Paaren gerechnet, doch einige hätten sich krankgemeldet.

Die beiden Demonstranten saßen in roten Warnwesten kurz vor der Eisenbahnunterführung auf der Straße, die dort wegen der Baustelle derzeit nur eine Fahrspur hat. Auf einem Transparent stand: "Artikel 20a Grundgesetz = Leben schützen".

Polizeibeamte forderten die beiden auf, die Straße innerhalb von zehn Minuten freizugeben, andernfalls werde man gegen sie ein Verfahren wegen Nötigung einleiten. Kurz vor 16.30 Uhr trugen Beamte schließlich das Paar, dass sich an den Händen zusammengeklebt hatte, zur Seite. Die Blockierer erhielten einen Platzverweis. Sollten sie sich in den nächsten 24 Stunden wieder dort blicken lassen, könnten sie in Gewahrsam kommen. Zu der Zeit rollte der Verkehr schon wieder.

Blockade wurde in der Nacht angekündigt

Die kurze Aktion sorgte für eher kleinere Behinderungen. Bis gegen 16.30 Uhr staute sich der Verkehr bis zur Kreuzung Fritz-Reuter-Straße zurück. Die Polizei hatte für Umleitungen gesorgt.

Die "Letzte Generation" hatte bereits nachts eine Blockade in der Neustadt angekündigt, bei der sich Teilnehmer untereinander verkleben wollten. Wegen des Valentinstags hatten sie von einer "Woche der Liebe – aus Liebe zum Überleben" gesprochen – und sich später aus diesem Grund auch aneinander und nicht auf die Straße geklebt.

Die Klima-Initiative verlangt den "Gesellschaftsrat" unter anderem, für "effektive und mehrheitsfähige Maßnahmen gegen den todbringenden Kurs der Regierung". Mit dem "todbringenden Kurs" meint sie die aus ihrer Sicht zu geringen Bemühungen um den Klimaschutz.

Imke Bludszuweit, Klimaprotestlerin und Mathematikstudentin aus Magdeburg, erklärte dazu: "Unsere Regierung kommt ihrer grundgesetzlichen Verpflichtung, unsere Lebensgrundlagen zu schützen, nicht nach. Wir rasen weiter in Richtung Klimakollaps."

Die 22-Jährige hat ihr Studium unterbrochen, um sich stärker für die Ziele von „Letzte Generation“ einzusetzen. Bludszuweit gehört zu den Unterzeichnern des Schreibens, das die Initiative Anfang Februar an Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und die Fraktionen des Stadtrats geschickt hatte.

"Viele Protestformen denkbar"

Auf Nachfrage sagte Bludszuweit, der Protest werde in diesem Fall "in alle Bereiche des Lebens" getragen, schließlich seien alle von der "Klimakatastrophe" betroffen. Was das heißt, konkretisierte sie nicht. Es seien aber "viele Protestformen denkbar, die sich nicht nur auf Straßenblockaden beschränken werden".

Auf das Schreiben von Anfang Februar haben ihr zufolge nur die Fraktionen der Grünen, der SPD und der Dissidenten direkt geantwortet. "Wir sind erfreut über die Gesprächsbereitschaft", sagte Bludszuweit. Gerade bei Dissidenten und SPD nehme sie "ein reges Interesse für mehr Bürgerbeteiligung und mehr direkte Demokratie wahr".

Klimakämpfer Christian Bläul sagte Sächsische.de, dass die Schreiben der Stadtratsfraktionen gegenüber ihrer Initiative im Ton weit weniger "schwarz-weiß" seien, als in der öffentlichen Kommunikation. Das ließe auf konstruktive Gespräche hoffen. Dass die Grünen in ihrer Antwort auch schrieben, dass sie die Protestform von "Letzte Generation" – also zum Beispiel Straßenblockaden – ablehnen, findet Bludszuweit "nicht überraschend". Das sei vielleicht sogar zu erwarten gewesen. Aber "der Protest muss nicht auf Gefallen stoßen, um seine Wirkung zu entfalten". Bedauernswert erscheint ihr, dass bisher nicht alle Adressaten direkt geantwortet haben.

Weitere Blockaden noch in dieser Woche

Blockaden wie die am Bahnhof Neustadt versteht die "Letzte Generation" als "intensive Einladung zum Gespräch". Wie schon Anfang des Monats kündigte Bludszuweit an, es sei denkbar, mit dem Protest zu pausieren, wenn es "auf Verhandlungsebene konstruktive Fortschritte" gäbe. Gefragt sei dabei vor allem der Dresdner Oberbürgermeister. Er müsse sich zuerst ernsthaft gesprächsbereit zeigen.

OB Dirk Hilbert hatte am 6. Februar auf das Schreiben der Initiative lediglich indirekt geantwortet. Er erklärte damals: "Wir leben in einer Demokratie, deren gewählte Vertreter in der Verantwortung stehen". Sie müssten in einer Abwägung von verschiedensten gesellschaftlichen Thematiken Prioritäten setzen. Er, Hilbert, halte nichts davon, "zusätzliche Beiräte zu installieren oder Ultimaten zu stellen". Bei aller Wichtigkeit der Ziele der Initiative würden damit und mit der Androhung von "maximalen Störungen" der Ordnung "Grenzen überschritten, die nicht tolerierbar sind".

Unterdessen plant die Initiative bereits weitere Blockaden in der Landeshauptstadt. Nicht nur am Donnerstag, sondern auch Freitag soll der Verkehr behindert werden, so Christian Bläul.