Dresden
Merken

Bürgermeister-Streit: Dresden verstößt gegen Gemeindeordnung

Die Rechtsaufsicht zählt Oberbürgermeister Dirk Hilbert und den Dresdner Stadtrat wegen der Nicht-Besetzung der Bürgermeisterposten an. Welche Folgen hat das?

Von Andreas Weller
 3 Min.
Teilen
Folgen
Oberbürgermeister Dirk Hilbert liegt seit Monaten wegen der Besetzung der Bürgermeisterposten im Clinch mit dem Dresdner Stadtrat.
Oberbürgermeister Dirk Hilbert liegt seit Monaten wegen der Besetzung der Bürgermeisterposten im Clinch mit dem Dresdner Stadtrat. © Marion Doering

Dresden. Seit Monaten zieht sich der Streit um die Besetzung der wichtigsten Posten im Rathaus - neben dem von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Im Dresdner Bürgermeister-Streit sind die Fronten verhärtet.

Die Rechtsaufsicht der Stadt, die Landesdirektion Sachsen, hat bereits einen Verstoß festgestellt. Worum handelt es sich dabei und genau und welche Konsequenzen drohen?

Gegen welche Regel verstößt Dresden?

"Nach den gesetzlichen Regelungen der Sächsischen Gemeindeordnung hat die Wahl der Beigeordneten wegen Ablaufs der Amtszeit frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Freiwerden der Stelle zu erfolgen", teilt der Sprecher der Landesdirektion, Ingolf Ulrich, auf Anfrage von Sächsische.de mit. "Diese Frist wurde vorliegend nicht eingehalten."

Wie reagiert die Landesdirektion auf den Verstoß?

Sie kann nicht viel tun. "Die Gemeindeordnung sieht für den Fall, dass die Beigeordneten nicht im Rahmen der vorgesehenen Frist gewählt werden, keine konkrete Rechtsfolge und auch keine weiteren Handlungsmöglichkeiten durch die Rechtsaufsicht vor", so Ulrich. Da die Wahl der Bürgermeister auf der Tagesordnung des Stadtrates am 11. August angesetzt war, sei eine fristgerechte Wahl möglich gewesen.

Ist es zulässig, was OB Hilbert tut?

In Bezug auf die Nachbesetzung der Stellen sind sowohl OB Hilbert als auch der Stadtrat in der Pflicht, die geltenden Gesetze und Regelungen einzuhalten, beziehungsweise deren Einhaltung wiederherzustellen.

Stadträte kritisieren zudem, Hilbert würde die Verweigerung seines Einvernehmens als Veto-Recht missbräuchlich einsetzen, um seine Position durchzusetzen. Doch das ist laut Ulrich im Gesetz nicht eindeutig formuliert. "Im Gesetz werden keine möglichen Gründe aufgezählt, aus denen heraus das Einvernehmen durch den Oberbürgermeister versagt werden kann."

Wie lange kann sich der Streit noch hinziehen?

Das ist laut Landesdirektion nicht absehbar. Die Gemeindeordnung gibt vor, dass der Stadtrat die Bürgermeister im Einvernehmen mit dem Oberbürgermeister wählt. Versagt der OB dieses Einvernehmen, wie von Hilbert praktiziert, kann der Stadtrat dies nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der anwesenden Mitglieder überstimmen. Diese ist aktuell nicht absehbar, da Grüne, CDU, Linke und SPD zwar eine Mehrheit der Stimmen im Rat stellen, aber keine Zwei-Drittel-Mehrheit, dafür bräuchten diese die FDP. An den unterschiedlichen Vorstellungen, wer welchen Posten bekommt, scheiterte bislang jedoch eine Einigung.

"Weitere Bestimmungen hat der Gesetzgeber nicht getroffen", so Ulrich. "Deshalb ist die Wahl eines Beigeordneten grundsätzlich so oft durchzuführen, bis diese nach den beschriebenen gesetzlichen Vorgaben erfolgreich war." Zudem ist in der Gemeindeordnung geregelt, dass Kommunen ab 10. 000 Einwohnern mindestens einen Beigeordneten haben müssen. Das ist mit zwei verbleibenden Bürgermeistern gewährleistet. Demnach könnte sich der Streit ewig hinziehen.

Greift die Landesdirektion in den Streit ein?

"Die Landesdirektion Sachsen beobachtet die Situation", erklärt der Sprecher. "Derzeit besteht für die Landesdirektion Sachsen keine Notwendigkeit, rechtsaufsichtlich tätig zu werden. Die Amtsgeschäfte werden im Fall, dass die Stellen der Beigeordneten für eine Übergangszeit unbesetzt bleiben, von den intern bestimmten Vertretern wahrgenommen."

Die Landesdirektion werde die Situation auch nicht kommentieren, weil sie "den Entscheidungsprozess des Stadtrates und des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Dresden nicht beeinflussen" möchte, so Ulrich.

Was könnte die Landesdirektion tun?

Im konkreten Fall offenbar nicht viel. Die Dresdner Bürgermeister seien wie alle kommunalen Beigeordneten "Grenzgänger zwischen Politik und Verwaltung", sagt der Sprecher.

"Der Gesetzgeber hat sich bewusst dafür entschieden, dass die Bestimmung der Beigeordneten durch eine Wahl erfolgt. Deshalb kann weder das Einvernehmen des Bürgermeisters noch der Beschluss des Stadtrates zur Erlangung der Zweidrittelmehrheit rechtsaufsichtlich etwa im Wege von Anordnung und Ersatzvornahme ersetzt werden."