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Dresdner Influencerin wehrt sich gegen Vorurteile und kocht für guten Zweck

Du bist krank, weil du zu viel genascht hast - von solchen Vorwürfen ist Lyn Künstner schon lange genervt. Jetzt wagt sie ein Kochduell. Der Gewinn soll an die Diabetes-Forschung fließen.

Von Christoph Pengel
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Schlägt sie den Gerd? Die Influencerin Lyn Künstner und der Gourmetkoch Gerd Kastenmeier treffen im Sachsen-Fernsehen zum Kochduell aufeinander.
Schlägt sie den Gerd? Die Influencerin Lyn Künstner und der Gourmetkoch Gerd Kastenmeier treffen im Sachsen-Fernsehen zum Kochduell aufeinander. © Sachsen-Fernsehen/Michel Deter

Dresden. Buletten, die in der Pfanne gebrutzelt werden. Dazu Fetakäse, Rosmarin-Kartoffelecken und Speckbohnen. Das ist gute Hausmannskost - aber schlechte Kost für Diabetiker. Ein Gericht, von dem Betroffene besser die Finger lassen, weil ihr Zuckerspiegel sonst Achterbahn fährt. Weiß doch jeder.

"Quatsch", sagt Lyn Künstner und lacht. "Es ist nicht mehr so wie früher, dass man bei Diabetes bestimmte Dinge nicht essen darf." Die 30-Jährige muss es wissen. Sie hat selbst Diabetes, und das Gericht mit den Buletten hat sie jüngst erst wieder gekocht.

In der Sachsen-Fernsehen-Show "Schlag den Gerd" ist sie damit gegen den Gourmetkoch Gerd Kastenmeier angetreten. Nicht nur zum Spaß, 500 Euro standen auf dem Spiel. Geht es nach Lyn Künstner, dann fließt das Geld in die Diabetes-Forschung und hilft dabei, Vorurteile aus der Welt zu schaffen.

Bis zu acht Liter Wasser am Tag

Als es Lyn Künstner erwischte, war sie noch in ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation. Über zehn Jahre ist das her. Ständig fühlte sie sich müde und schlapp. Weil sie permanent Durst hatte, trank sie bis zu acht Liter Wasser am Tag. Alle zehn Minuten rannte sie zur Toilette. Schließlich erhielt sie die Diagnose, die ihr den Boden unter den Füßen wegzog: Typ-1-Diabetes.

Lyn Künstner musste üben, mit Insulinspritzen umzugehen. Zu jeder Mahlzeit eine Dosis. Wichtig war auch, stets was Süßes dabei zu haben. Erst hatte sie Traubenzucker in der Tasche, später Gummibärchen. Sie bekam einen Sensor, der an ihren Arm geheftet wurde, sodass sie jederzeit ihren Blutzucker kontrollieren konnte. Nach und nach wurde das alles zur Routine. "Man kann damit gut leben", sagt Lyn Künstner heute. Sie hat ihren Körper ins Gleichgewicht gebracht.

Damit nicht genug: Lyn Künster hat in den vergangenen Jahren auch gelernt, ihren Körper fotogen in Szene zu setzen - und so Geld zu verdienen. Es fing damit an, dass sie ein paar Bilder auf Instagram veröffentlichte. Beflügelt von den ersten Reaktionen, steckte sie immer mehr Energie in ihren Auftritt, es folgten Verträge mit Geschäftspartnern, für die Lyn Künstner Werbung machte. So wurde sie das, was man heute eine Influencerin nennt.

Diabetes kann jeden treffen

Eines Tages stieß Lyn Künstner in Dresden auf ein Plakat, das ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. "Sche1sstyp", stand darauf. Das Plakat war Teil einer Kampagne, mit dem das Münchner Helmholtz-Zentrum auf Typ-1-Diabetes aufmerksam machen wollte. Es ging darum, Patienten für Studien zu gewinnen und mit Vorurteilen aufzuräumen.

Lyn war elektrisiert. Schließlich hatte sie sich schon oft anhören müssen, dass sie unter Diabetes leidet, weil sie zu viele Süßigkeiten genascht habe. Und das, obwohl Typ-1-Diabetes eine Autoimmunerkrankung ist, die nicht durch falsche Ernährung oder Bewegungsmangel ausgelöst wird. Es kann jeden treffen.

Laut Helmholtz-Zentrum ist Typ-1-Diabetes die häufigste Stoffwechselkrankheit im Kindes- und Jugendalter. Dennoch wissen viele Menschen nur wenig darüber. Die Kampagne sollte das ändern. "A World without 1", eine Welt ohne Typ 1, das war das Motto und die Hoffnung der Forscher.

Lyn nahm Kontakt mit den Organisatoren auf, und bald hingen auch Plakate mit ihrem Gesicht in Dresden, unter anderem am Neustädter Bahnhof. "Lyn ist L1n", war dort zu lesen.

"Ihr könnt sein, wie ihr wollt"

Das ist nun drei Jahre her. Damals war Lyn auch dem Sachsen-Fernsehen aufgefallen. Als Sophia Matthes, die Moderatorin der Show "Schlag den Gerd", nach neuen Kandidaten suchte, kam sie schnell auf die Instagram-Influencerin.

In den neuen zehn Folgen kochen mehr oder weniger Prominente gegen den Profikoch Gerd Kastenmeier, der ein Fischrestaurant im Taschenbergpalais betreibt. Zu den Gästen zählen unter anderem der Fußballer Benny Kirsten oder die Country-Sängerin Linda Feller. Die Herausforderer kochen ein Gericht, das sie selbst auswählen und zu Hause üben können.

Gerd Kastenmeier muss in der Show das gleiche Gericht zubereiten. Welches, erfährt er aber erst zwei Stunden vorher. Kastenmeier und der Gast gehen gemeinsam einkaufen. Währen sein Herausforderer in aller Ruhe eine Liste vorbereiten kann, muss der Profikoch improvisieren. Eine Jury vergibt später Punkte. Der Gewinner kann einen Verein bestimmen, der 500 Euro erhält.

Mitte April wurde der neue Teil mit Lyn Künstner gedreht. Der Ausgang des Duells darf noch nicht verraten werden, aber dass es Amateure gegen Kastenmeier schwer haben, ist kein Geheimnis. Immerhin verrät Moderatorin Sophia Matthes: "Lyn hat sich gut geschlagen."

Ganz bewusst hat Lyn mit den Buletten ein Gericht gewählt, das nicht so recht in das typische Influencer-Schema passt. Denn während sich viele ihrer Kolleginnen auf Instagram so präsentieren, als würden sie den ganzen Tag Yoga machen und in den Pausen Grünkohl-Smoothies trinken, hat sich Lyn immer dafür eingesetzt, dass Frauen zu ihrem Körper stehen sollten - auch wenn sie kein Idealgewicht haben. "Ihr könnt sein, wie ihr wollt", sagt sie.

Mal abgesehen von diesem ernsten Hintergrund: Lyn hatte viel Spaß bei den Dreharbeiten. "Es war megacool", sagt sie. Ob sie Gerd Kastenmeister geschlagen hat und die 500 Euro an das Helmholtz-Zentrum gehen, wird sich am Montag, 25. April, 19.30 Uhr zeigen. An diesem Abend wird das Duell zwischen den beiden erstmals ausgestrahlt.