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"Die Hafenmeister" am Dresdner Elbufer: "Das ist eigentlich wahnsinnig, was wir hier vorhaben"

An der Dresdner Hafencity haben sich "Die Hafenmeister" in den letzten Jahren erstaunlich entwickelt. Neben Gastronomie, Bootsbetrieb und Sauna haben zwei junge Männer weitere Ideen gesponnen, die immer größer werden. Ein Besuch.

Von Juliane Just
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Das sind "Die Hafenmeister": Kai Roscher (l.) und Tino Fleischer sind Freunde und Geschäftspartner. An der Hafencity haben sie mehrere Standbeine aufgebaut, um den Dresdnern Freude und Genuss zu bringen.
Das sind "Die Hafenmeister": Kai Roscher (l.) und Tino Fleischer sind Freunde und Geschäftspartner. An der Hafencity haben sie mehrere Standbeine aufgebaut, um den Dresdnern Freude und Genuss zu bringen. © René Meinig

Dresden. Es ist fast nicht mehr wiederzuerkennen. Dort, wo einst der Elberadweg schmal an der Uferkante des Neustädter Hafens entlangführte, entsteht gerade eine Flaniermeile. An jeder Ecke wird gebaut, die Hafencity wächst empor. Inmitten dieser Bauarbeiten gibt es ein weißes Haus, das dem Umbau rundherum trotzt. Hier walten auf dem letzten Stück Grün zwischen Citybeach und Hafenbecken "Die Hafenmeister", die kräftig mitwachsen.

Kai Roscher und Tino Fleischer, die beiden Hafenmeister-Geschäftsführer, müssen sich erst noch an ihre neue Umgebung gewöhnen. Herrschte vor einem Jahr noch stetiger Rad- und Fußgängerverkehr vor ihrer Tür, fahren derzeit riesige Baufahrzeuge hin und her. Der Elberadweg wurde nach hinten verlegt, mit Ende der Bauarbeiten wird es ruhig vor ihrer Tür sein. "Es ist toll, was hier entsteht", sagt Kai Roscher.

Als die beiden im Jahr 2018 das Erdgeschoss des Hauses bezogen, war die neu entstehende Hafencity noch in den Kinderschuhen. Und sie auch. Denn was inzwischen zu einem kleinen Multi-Unternehmen mit vielen Standbeinen geworden ist, begann mit einem Grill. "F4" nennt sich das riesige Gerät, das Kai Roscher entwickelt hat, um sich im Grünen ausgiebig der deutschen Grill-Lust zu widmen. Inspiriert vom japanischen Teppan-Grill werden die Speisen über offenem Feuer zubereitet.

"Die Hafenmeister" in Dresden: Alles begann mit einem Grill

So weit, so gut. "Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich den Grill viel besser an den Mann kriege, wenn Essen darauf zubereitet wird", erinnert sich Kai Roscher. Tino Fleischer stieg mit in das Catering ein, die beiden Freunde wurden "Die Hafenmeister". Sie beschreiben sich selbst als "Lebenskünstler und Genießer", die gute Laune schwingt bei den beiden stets mit. Und der Umstand, dass manchmal eben eins zum anderen kommt, scheint ihren gemeinsamen Weg durchgängig zu prägen.

Die beiden bekamen vom Eigentümer des Hauses am Neustädter Elbhafen das Angebot, das geschlossene Restaurant im Erdgeschoss zu übernehmen. "Ich fand es schön hier, wollte aber kein klassisches Restaurant", so Roscher. Das maritime Flair am Hafen ließ sich mit der mediterranen Küche am Grill seiner Meinung nach bestens verbinden. Also boten die beiden am Hafenbecken fortan Live-Cooking-Events für Gruppen an. Und ihre Idee zündete.

"Ab dem ersten Tag war hier die Hölle los", sagt Kai Roscher. Das weiß er deshalb so genau, weil seine Tochter an diesem Tag, dem 11. August 2018, geboren wurde. Er begrillte nachmittags die Gäste einer Schuleinführung, danach fuhr er ins Krankenhaus. Pünktlich zum Dienstschluss um 19 Uhr kam seine Tochter zur Welt.

Bootsanleger retten die Hafenmeister aus der Corona-Pandemie

Unzählige Hochzeitsgäste, Familienbanden und Grill-Fans feierten auf dem Areal, für die Hafenmeister lief es bestens. Doch dann kam ein dunkles Jahr. Die Corona-Pandemie zwang die Welt zum Stillstand, vor allem Gastronomen und Kulturschaffende haderten mit den Schließungen und quälenden Umständen. "Wir dachten ans Aufgeben", sagt Tino Fleischer. Keine Gäste, keine Grillabende, keine Einnahmen. Die Hafenmeister standen am Scheideweg.

Dann brachte der Zufall eine neue Chance. Den beiden Männern wurde angeboten, drei Bootsstege am Neustädter Hafen zu verwalten - und damit wirklich Hafenmeister zu werden, wie ihr Name bereits suggeriert. "Es ist ungewöhnlich, neben einer Gastronomie einen Hafen zu verwalten. Wir hatten ein schlechtes Bauchgefühl." Sie entschieden sich trotzdem dafür. Sie kauften die Steganlage, pachteten die Wasserfläche. Seither verwalten sie 60 Anlegerplätze. Kleine und mittelgroße Boote bis zu einer Länge von zwölf Metern können dort festmachen.

Als der Bootstourismus aufgrund der Corona-Pandemie boomte, wussten die beiden, dass ihre Entscheidung richtig war. Im ersten Jahr wurden 30 Anlegerplätze vermietet, 2022 waren sie mit 50 schon fast ausverkauft. Und sogar ein Fernsehteam fragte an, denn ein Teil vom Dresden-Tatort wurde in einem Hausboot bei den Hafenmeistern gedreht.

Gastronomie und Hafenbetrieb werden zum Spagat

Doch mitunter wurde der Spagat zwischen den Grill-Verkäufen, der Gastronomie und dem Hafenbetrieb heftig. "2022 war ein grenzwertiges Jahr. Wir haben alle nur einen Kopf und mussten manchmal improvisieren." Sie holten sich einen Koch ins Team und eine weitere Angestellte. Bis heute unterstützen außerdem zwei weitere Teilzeit-Mitarbeiter das Hafenmeister-Team.

Dieses weiße Haus ist der Sitz von "Die Hafenmeister". Was mit Live-Cooking-Events begann, ist inzwischen ein Unternehmen mit mehreren Standbeinen geworden.
Dieses weiße Haus ist der Sitz von "Die Hafenmeister". Was mit Live-Cooking-Events begann, ist inzwischen ein Unternehmen mit mehreren Standbeinen geworden. © René Meinig
Dieser alte Verladekran gehört seit kurzem den Hafenmeistern und soll saniert werden. Eine neue Mammutaufgabe, der sich die beiden Männer am Dresdner Elbufer stellen.
Dieser alte Verladekran gehört seit kurzem den Hafenmeistern und soll saniert werden. Eine neue Mammutaufgabe, der sich die beiden Männer am Dresdner Elbufer stellen. © René Meinig
So sieht das Industriedenkmal bislang von innen aus. Die Sanierung wird ein Kraftakt für die Hafenmeister. "Wenn hier das ganze Viertel hier hochgezogen wird, ist es schön, wenn man noch ein Hauch von Historie hat", sagt Kai Roscher.
So sieht das Industriedenkmal bislang von innen aus. Die Sanierung wird ein Kraftakt für die Hafenmeister. "Wenn hier das ganze Viertel hier hochgezogen wird, ist es schön, wenn man noch ein Hauch von Historie hat", sagt Kai Roscher. © René Meinig
Auch diese kleine Outdoor-Bar direkt am Hafenbecken haben die beiden Hafenmeister 2023 in Eigenregie gebaut. Auf beiden Ebenen des Lokals können insgesamt 100 Gäste feiern.
Auch diese kleine Outdoor-Bar direkt am Hafenbecken haben die beiden Hafenmeister 2023 in Eigenregie gebaut. Auf beiden Ebenen des Lokals können insgesamt 100 Gäste feiern. © René Meinig
Die Flaniermeile an der Hafencity wächst derzeit nahezu täglich. Die Hafenmeister profitieren davon, dass der Elberadweg nun nicht mehr direkt vor ihrer Tür entlanggeht.
Die Flaniermeile an der Hafencity wächst derzeit nahezu täglich. Die Hafenmeister profitieren davon, dass der Elberadweg nun nicht mehr direkt vor ihrer Tür entlanggeht. © René Meinig

Doch die beiden Männer, 37 und 39 Jahre alt, wären nicht die Hafenmeister, wenn die Geschichte hier enden würde. Weil beide regelmäßige Saunagänger sind, stellten sie im Winter 2021 kurzerhand eine Fass-Sauna auf dem Areal auf. "Der Eigennutz stand eigentlich im Vordergrund, dann kamen immer mehr Anfragen rein." Also vermieteten die Hafenmeister die Sauna - und die Gäste liebten es. Für Nutzer des Elberadwegs war der Anblick mitunter verwunderlich, immerhin sieht man selten nackte Körper an dieser Ecke.

Vier bis sechs Stunden konnte man dann der Außenwelt entfliehen. Mit Düften der "Dresdner Essenz" konnten die Gäste verschiedene Aufgüsse zelebrieren. Denn, mit regionalen Anbietern und Produkten zu arbeiten, gehört zu einer der Grundfesten der Hafenmeister. "Wir haben so eine geile Region, wir sollten das schätzen." Deshalb sind auch die Zutaten fürs Catering und die Grillabende immer aus der Region.

Schwimmende Sauna im Neustädter Hafen in Planung

Geht es nach den Hafenmeistern, soll die Sauna am Hafen weiterhin fester Bestandteil sein. Doch nicht im Fass, sondern auf dem Wasser. "Wir würden gern eine schwimmende Sauna errichten." Dafür brauche es zwar noch viel Planung und Genehmigungen, aber für die beiden quirligen Herren ist das wohl nur eine Frage der Zeit.

Als der Sommer 2022 begann, verschwand die Fass-Sauna und es zog ein anderes Gefährt ein. Die Baumstriezel-Manufaktur aus Dresden brachte dort ihre Leckereien an die Gäste. Und dies soll auch so bleiben - nur an anderer Stelle. Denn der nächste Coup der beiden Männer ist schon unterschrieben: Der Industriekran in der direkten Nachbarschaft gehört seit kurzem ihnen.

Nächster Coup: Sanierung des Industriekrans an der Elbe

"Das ist eigentlich wahnsinnig, was wir hier vorhaben", sagt Kai Roscher und winkt ab. Für einen symbolischen Euro haben sie das Industriedenkmal, einen Verladekran als letztes erhaltenes Relikt des ehemaligen Hafens, gekauft und wollen diesen umfassend sanieren. Ein Herzensprojekt und zugleich eine Mammutaufgabe, für die sie bereits nach Fördermitteln und Spenden grasen. Der Kran muss von unten bis oben komplett saniert werden. "Wenn hier das neue Viertel hochgezogen wird, ist es schön, wenn man noch ein Hauch von Historie hat."

Ist alles fertig, soll der Kran nachts angestrahlt werden und der Baumstriezel-Stand einziehen. Der Steg könnte für kleine Konzerte und Lesungen genutzt werden, denn das Areal darunter haben sie bereits mit Sitzflächen und einer Outdoor-Bar ausgestattet. Etwa 100 Personen könnten dann auf allen Ebenen Kunst und Kultur lauschen. An Ideen mangelt es den Hafenmeistern jedenfalls nicht.

Ist die Hafencity fertig, werden auf der Flaniermeile vermutlich weitere Gastro-Angebote hinzukommen. Das sehen Kai Roscher und Tino Fleischer jedoch nicht kritisch - im Gegenteil: "Es wird sicher eine schicke Harmonie für den Kunden, denn sie können vom Citybeach bis zum Bistro Nr. 13 flanieren. Es wird die Gegend aufleben lassen."