Die schönste und modernste Bibliothek Deutschlands

Dresden. Die Sächsische Staats- und Universitätsbibliothek platzt aus allen Nähten. 20 Jahre nach Eröffnung des neuen Hauses am Zelleschen Weg wird jetzt über eine Sanierung und Erweiterung nachgedacht. Ein wichtiges Datum war der 15. August 1947. Damals wurde die Sächsische Landesbibliothek nach dem Krieg wiedereröffnet. 75 Jahre ist das inzwischen her.
Vor dem Krieg galt die Landesbibliothek als eine der modernsten und schönsten Bibliotheken Deutschlands. Von 1786 bis 1945 war sie im Japanischen Palais zu Hause, das deswegen mehrfach umgebaut wurde, zuletzt von 1927 bis 1935.
Im Erdgeschoss gab es ein Buchmuseum. Nach der Beschädigung im Zweiten Weltkrieg wurde praktisch zwei Jahre nach einer neuen Unterbringung gesucht. In dem jetzigen Kreuzgymnasium war 1945 notdürftig ein Leihbetrieb eingerichtet worden. Im April 1946 kam die Bibliothek schließlich in einer ehemaligen Kaserne in der Marienallee unter – ihrer Bleibe für Jahrzehnte. Ein anderes großes Gebäude war in der zerstörten Stadt damals nicht zu finden.
Residenzschloss war der erste Standort
Die Sächsische Zeitung berichtete anlässlich der Eröffnung von rund 100.000 Bänden Gebrauchsliteratur aller Wissenschaften, die wieder zur Verfügung stünden. Ausländisches Schrifttum sei in reicher Auswahl vorhanden, die ehemalige Lesesaalbibliothek mit allen wichtigen Nachschlagewerken sei vollständig erhalten. Die wissenschaftlichen Abteilungen würden fortlaufend vervollständigt.
Die Landesbibliothek ist eine der ältesten Bibliotheken Deutschlands. Gegründet wurde sie 1556 von Kurfürst August I. Sie hatte zunächst das Residenzschloss und später den Zwinger als Domizil. 1738 hatte Premierminister Heinrich von Brühl selbst deren Leitung übernommen, bis er 1763 nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges abtreten musste.
Im 18. Jahrhundert war der Bestand ständig gewachsen. 1718 kamen fast 1.000 Bücher aus dem Nachlass des Herzogs Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz hinzu, darunter ein achteckiger Koran von 1184 und ein Exemplar der 1462 von Peter Schöffer gedruckten Mainzer Bibel. Nach dem Zukauf weiterer Sammlungen wurde es im Zwinger zu eng, sodass die Bibliothek in das Japanische Palais verlegt wurde. Seit 1788 war sie öffentlich.
Größter Schatz: Maya-Handschrift
Als das wertvollste Stück gilt der "Codex Dresdensis", der 1739 in die Bibliothek gelangt war und der im 19. Jahrhundert als Handschrift der Maya identifiziert wurde. Weltweit existieren derzeit nur noch drei weitere Maya-Codices.
Das Japanische Palais, ursprünglich ein Lustschloss, war 1717 in den Besitz von August dem Starken gelangt, der dort seine Sammlung ostasiatischen Porzellans sowie Teile der Kunstkammer deponierte. Während des Siebenjährigen Krieges wurde das Gebäude teilweise zerstört und durch Christian Friedrich Exner und Gottlob August Hölzer zum Museum umgebaut.
Bei der Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg wurde auch das Palais beschädigt. Als besonders verheerend erwies sich ein Luftangriff am 2. März 1945, als das Haus von Spreng- und Brandbomben getroffen wurde. Doch zum Glück hielt der Keller stand, viele Bücher und Kataloge der Bibliothek konnten so gerettet werden.
Großer Schaden in den letzten Kriegstagen
Ein besonderer Tiefkeller sollte eigentlich Feuer und Wasser widerstehen, einige der Schätze waren dort in Stahlschränken eingelagert worden. Die Schränke galten als stabil und wasserdicht. Doch als nach dem Luftangriff die Mitarbeiter die Tür öffneten, mussten sie durch meterhohes Wasser waten. Der Inhalt der Schränke war durchnässt und konnte erst einen Monat später weggebracht und getrocknet werden.
Weiterer Schaden entstand in den letzten Stunden des Krieges, als die Wehrmacht noch am 7. Mai ein Munitionsdepot im Palaisgarten sprengte. In einem der Keller lagerten zu dem Zeitpunkt etwa 350.000 bis 400.000 Bände sowie alle Kataloge. Diese waren bis dahin verschont geblieben. Bei der Sprengung aber fielen Schutt und Geröll auf die Bücher, Wind und Wetter drangen in den Keller ein. Vier Mitarbeiter kamen bei Rettungsaktionen ums Leben.
In den Jahren 1945/46 verlor die Bibliothek fast die Hälfte ihrer damals rund eine Million Bände. Dazu gehörten auch etwa 258.000 Bücher, Handschriften und Karten, die im Mai 1946 von einer Trophäenkommission der Roten Armee beschlagnahmt und mit einem Zug von Radeberg in die Sowjetunion transportiert wurden.
Viele dieser Bestände waren während des Krieges ausgelagert gewesen. Nur ein kleiner Teil davon ist bisher nach Dresden zurückgekehrt: 1958 erhielt die Landesbibliothek 5.697 Handschriften zurück, weitere 55 Bände übergab 1997 die Republik Georgien. Ein Teil der in Russland lagernden Werke wurde digitalisiert und steht immerhin via Internet zur Verfügung.
1996 wurde die Sächsische Landesbibliothek mit der Bibliothek der Technischen Universität zur Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden zusammengeschlossen.