Dresden. Weil der 13. Februar im vergangenen Jahr auf einen Donnerstag gefallen war, trafen sich mehrere Hundert Rechtsextreme erst am darauffolgenden Sonnabend zu ihrem sogenannten "Trauermarsch". Alljährlich gedenken sie rund um dieses Datum an die Opfer der Bombardierungen von 1945, bei denen in Dresden nach Expertenschätzungen rund 25.000 Menschen ums Leben kamen. Natürlich ist auch diese Zahl ideologisch umkämpft, und auch ein Anlass, wieder und wieder in Dresden zu demonstrieren. Ewiggestrige behaupten ein Zehnfaches an Todesopfern.
Wie ein 38-jähriger Mediengestalter aus Leipzig darüber denkt, spielt in seinem Prozess am Amtsgericht Dresden keine Rolle. Der Mann war an jenem 15. Februar 2020 mit einer Gruppe Gleichgesinnter auf dem Weg vom Dresdner Hauptbahnhof zum Kundgebungsort an der Halfpipe zwischen St. Petersburger Straße und Lingnerallee und soll bewaffnet gewesen sein. So weit, so schlecht. Natürlich darf man auch am Jahrestag der Zerstörung Dresdens in der Stadt demonstrieren, aber eben unbewaffnet, wie an allen anderen Tagen im Jahr auch.
Polizisten stellten bei dem Leipziger nicht nur sogenannte Schlagschutzhandschuhe sicher, sondern auch ein Einhandmesser mit einer Klinge aus Keramik. Laut Anklage sei er auf dem Weg zum Skaterpark Beamten wegen seiner Handschuhe aufgefallen. Bei einer Durchsuchung wurde auch noch das Messer entdeckt. Dem Mann wird ein Verstoß gegen das sächsische Versammlungsgesetz vorgeworfen.
Der Angeklagte schweigt
Der Angeklagte machte zum Prozessauftakt keinerlei Angaben zu den Vorwürfen und nur sehr wenige zu sich selbst. Verteidiger Mario Thomas, er gilt als Leipziger Szene-Anwalt, erklärte die Zurückhaltung seines Mandanten damit, dass der 38-Jährige bereits mehrfach Opfer von Übergriffen Andersdenkender geworden sei.
Thomas sieht die ganze Sache jedoch völlig anders als die Dresdner Staatsanwaltschaft. Schon vor Ort sei den Polizeibeamten richtigerweise aufgefallen, dass diese Handschuhe, die nicht mit Quarzsand, sondern nur mit Leder-Verstärkungen ausgestattet seien, in Sachsen straflos getragen werden könnten. Daher sei die weitere Durchsuchung seines Mandanten gesetzeswidrig gewesen und das sichergestellte Keramik-Klappmesser unterliege einem sogenannten Beweisverwertungsverbot.
Ein 25-jähriger Beamter der Erfurter Bereitschaftspolizei bestätigte, dass es offenbar unterschiedliche Regelungen der Bewertung von Schutzwaffen in Sachsen und Thüringen gibt. Einem Beamten seines Zuges seien die Handschuhe aufgefallen, die der Angeklagte getragen habe. In Thüringen seien sie verboten. Erst vor Ort in Dresden jedoch habe er gelernt, dass die Handschuhe keinen Verstoß gegen das sächsische Versammlungsgesetz darstellten.
Die Richterin muss nun die Frage entscheiden, ob die Sicherstellung des Messers rechtens war. Zuvor will sie aber klären, ob der Angeklagte, der nichts sagt, die Handschuhe an oder „nur“ in der Tasche hatte. Der Prozess wird fortgesetzt.